Säkularisation – das Ende der westfälischen Klöster?
Die Säkularisation von 1803
Der RDHS war ein 89 Paragraphen umfassendes Gesetz, welches die Entschädigungen für die seit 1795 an Frankreich verlorenen linksrheinischen Gebiete regelte. Im vorhergegangenen Frieden von Luneville (9. Februar 1801) zwischen Frankreich und Österreich einigte man sich darauf, die rechtsrheinischen von Fürstbischöfen regierten Territorien, Klöster und Stifte zu säkularisieren und als Entschädigung an die Fürsten zu verteilen, die ihren linksrheinischen Besitz an Frankreich verloren hatten. Für die westfälischen Klöster und Stifte bedeutete das der Anfang vom Ende, denn in §35 des RDHS heißt es: "alle Güter der fundierten Stifter, Abteyen und Klöster [...] der freien und vollen Disposition der respectiven Landesherrn, sowohl zum Behuf des Aufwandes für Gottesdienst, Unterrichts und andere gemeinnützige Anstalten, als zur Erleichterung ihrer Finanzen" zu überlassen. Hinter dieser umständlichen Formulierung verbarg sich die gesetzliche Legitimierung der Vermögenssäkularisation. Jeder Landesherr konnte sich das Vermögen der in seinen Territorien befindlichen Klöster aneignen.
Der Aufhebungsprozess
Preußen, welches die Bistümer Paderborn und Hildesheim, den östlichen Teil des Oberstifts Münster sowie die Stifte Essen, Werden und Elten erhielt, ging unverzüglich daran, die fundierten (vermögenden) Männerklöster zu säkularisieren. Dazu gehörten in Westfalen die Klöster Dalheim (Abb. 1), Marienfeld, Hardehausen, Grafschaft, Liesborn und Cappenberg. So genannte Spezialorganisationskommissionen sollten Vermögen und Besitz dieser Klöster erfassen, wodurch die Preußen nach Abzug der für die Mönche bestimmten Pensionen ihren Gewinn ermittelten. Das Klosterinventar wurde verkauft, und in Verkennung des Wertes von liturgischem Gerät und Klosterinventar gingen oft wertvolle Objekte der Nachwelt für immer verloren. Mönche und Äbte mussten ihre Klöster verlassen. Ebenso verloren die Klosterbediensteten, das Gesinde, ihre Arbeitsstelle und Unterkunft.
Vom Kloster zur Domäne
Alte Mauern eröffnen neue Möglichkeiten
Eine ganz andere Form der neuen Nutzung erfuhr das Kapuzinerkloster in Marsberg. Im Jahre 1812 aufgehoben, öffnete bereits ein Jahr später eine "Irrenheil- und Pflegeanstalt" in den ehemaligen Klostergebäuden ihre Pforten. Dabei waren anfangs nur wenige bauliche Veränderungen zur Unterbringung der Kranken nötig.
Aber auch eine industrielle Nutzung von Klosteranlagen war nichts Ungewöhnliches. Nachdem das Zisterzienserkloster Bredelar 1804 als Domäne für 12 Jahre verpachtet wurde, kaufte der aus Brilon stammende Theodor Ulrich das Gut und machte daraus eine Eisenhütte. In der ehemaligen Klosterkirche wurden Hochöfen aufgestellt, die Roheisen produzierten. In der Theodorshütte wurden aber auch Eisengusswaren gefertigt (s. Beitrag Walter). Weitere Beispiele für die industrielle Nutzung ehemaliger Klöster sind das Zisterzienserinnenkloster Gravenhorst und das adelige Damenstift Herford, wo eine Baumwollspinnerei eingerichtet wurde.
Das Prämonstratenserkloster Cappenberg wurde zu einem privaten Wohnsitz umgestaltet. 1816 kaufte die gesamte Anlage kein geringerer als Karl Reichsfreiherr vom und zum Stein, der als Präsident der Kriegs- und Domänenkammer direkt für die Säkularisation des preußisch gewordenen Westfalen zuständig war. Vom Stein genoss seinen Ruhestand in dem nunmehr als Schloss Cappenberg bekannten Besitz und verstarb dort 1831.
Andere Klöster dienten als Kasernen, Krankenhäuser, Strafanstalten, Landarmen- und Arbeitshäuser, Verwaltungssitze oder wurden einfach abgerissen. Erstaunlich ist, dass in den meisten Fällen, trotz Jahrzehnte der Umnutzung, der klosterbauliche Charakter dieser Anlagen noch erkennbar ist und damit als stummer Zeuge auf die klösterlichen Wurzeln verweist. So leisteten die Klöster indirekt und auf ihre baulichen Anlagen reduziert einen Beitrag zum Fortschritt in die moderne Zeit.
Weiterführende Literatur/Quellen
• | Hengst, K. (Hg.) (1992, 1994, 2003): Westfälisches Klosterbuch, Lexikon der vor 1815 errichteten Stifte und Klöster von ihrer Gründung bis zur Aufhebung, Band 1–3. Münster | |
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Klueting, H. (1980): Die Säkularisation im Herzogtum Westfalen 1802–1834. Köln/Wien |
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Wemhoff, M. (Hg.) (2007): Säkularisation und Neubeginn. Die Kultur der Klöster in Westfalen. Regensburg |
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www.lwl.org/LWL/Kultur/kloster-dalheim |
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www.lwl.org/LWL/Kultur/Westfalen_Regional/Gesellschaft_Politik/Kloester |
Erstveröffentlichung 2008