Münster 2020: Auch eine Studentenstadt altert

03.02.2017 Kreft-Kettermann

Inhalt

Münster, die wachsende Stadt

Münster hat im Jahr 2014 die Schwelle von 300.000 Einwohnern überschritten und ist und bleibt eine wachsende Stadt. Diese Aussage belegt nicht nur die Kleinräumige Bevölkerungsprognose (KBP), die für das Jahr 2020 eine Bevölkerungszahl von rund 311.000 vorausberechnet, was einem Wachstum von 4,2% entspricht, sondern ist auch Kernaussage aller aktuellen Bevölkerungsvorausberechnungen. Der Wachstumstreiber ist dabei eindeutig der Zuzug und hier insbesondere die Altersgruppe der 18–24-Jährigen, die 45% der Zuziehenden ausmachen und die Attraktivität Münsters als Hochschul- und Bildungsstandort widerspiegeln. Dennoch wird auch in Münster der demografische Wandel spürbar, denn zu den markantesten demografischen Veränderungen gehört die starke Zunahme der älteren Münsteranerinnen und Münsteraner. Eine Tatsache, die neue Herausforderungen an die Entwicklung der Stadt stellt und einen detaillierten Blick auf die einzelnen Altersgruppen erfordert.

Abb. 1: Wohnberechtigte Bevölkerung nach Altersgruppen in Münster 1995, 2013 und 2020 (Quelle: Stadt Münster 2015, S. 6)

Älter werden in Münster

Von 2013 bis 2020 wird die Altersgruppe der 65-Jährigen und älteren Personen um rund 6.600 Personen anwachsen; das ist ein Plus von 13%. Ein Rückblick auf den Zeitraum 1995–2020 zeigt gar einen Zuwachs von 17.007 Personen, was einem Anstieg von 42% entspricht. Es sind insbesondere die 80-Jährigen und Älteren, die von 1995 bis 2013 bereits um 33% oder 3.690 Personen zugenommen haben und im Prognosezeitraum 2013 bis 2020 nochmals um 38% und damit um 5.719 Menschen anwachsen. Abbildung 1 zeigt sehr deutlich die Entwicklung der Alterung in Münster, was sich auch in den Anteilen der einzelnen Altersgruppen an der Gesamtbevölkerung in den Jahren 1995, 2013 und 2020 widerspiegelt. So hat der Anteil der über 65-Jährigen von 14% im Jahr 1995 auf 17% im Jahr 2013 zugenommen und wird auf 19% für das Prognosejahr 2020 anwachsen.

Deutlich wird die Alterung auch in der Zunahme des Durchschnittsalters. So ist dieses von 38,7 Jahre (1995) auf 41,2 Jahre (2013) gestiegen. Der Wert ist allerdings aufgrund des hohen Bevölkerungsanteils in der Ausbildungsphase nach wie vor niedriger als das Durchschnittsalter in Deutschland, das 1995 bei 40 und 2013 bei 43,9 Jahren lag. Die Hochschulen wirken hier als "Jungbrunnen".

Die Tatsache des "Älterwerdens" zeigt sich auch an der Entwicklung der Hochbetagten, d.h. die "Generation 80 plus". So lag ihr Anteil 2013 mit 14.818 Personen bei 5% und wird im Jahr 2020 voraussichtlich mit 20.537 Personen 6,6% der Bevölkerung ausmachen. Auch der Blick auf 99-Jährige und Ältere ist interessant. Diese Altersgruppe ist im Zeitraum von 2000 bis 2013 von 40 Personen auf 112 Personen angewachsen, wobei 90% Frauen waren. Bis 2020 wird sich die Zahl nochmals fast verdoppeln und auf 200 Personen ansteigen.

Insgesamt ist das Alter weiblich; eine Aussage, die statistisch eindeutig belegbar ist. So betrug der Anteil der Frauen an den über 65-jährigen Personen 2013 rund 59% und der 80-Jährigen und Älteren sogar 67%; Werte, die bis zum Jahr 2020 mit 58,4% und 65% etwas sinken, da der Zuwachs bei den Männern höher ausfällt.

Dabei ist die älter werdende Bevölkerung (65 Jahre plus) nicht gleichmäßig im Stadtgebiet verteilt. So gibt es Stadtteile mit weniger als 10% der Bevölkerung in diesem Alter und Stadtteile, wo der Wert bei einem Viertel der Bevölkerung im Alter von 65 Jahren und älter liegt. Interessant ist hier insbesondere ein kleinräumiger Blick auf den Anteil der 80-Jährigen und Älteren an der Bevölkerung für das Jahr 2020. So wird es voraussichtlich nur noch vier Stadtteile mit einem Anteilswert dieser Altersgruppe von weniger 4% geben. Die niedrigsten Werte weisen dabei Bahnhof (2,7%) und Neutor (3,1%) auf. Hohe Anteilswerte erreichen Buddenturm (13,7%) sowie Aegidii und Herz-Jesu (je 10,7%), wobei zur Interpretation der Werte immer auch die Strukturen vor Ort, wie z.B. das Vorhandensein von Senioreneinrichtungen, zu berücksichtigen ist.

Abb. 2: Anteil der 80-Jährigen und Älteren an der wohnberechtigten Bevölkerung nach Stadtteilen zum 31.12.2020 (Quelle: Stadt Münster 2015, S. 26)

Die Ausdifferenzierung des Alters

Aber auch vor dem Hintergrund des Verständnisses von Alter, dem Umgang mit dem Älterwerden und den unterschiedlichen Ansprüchen und Bedarfen ist eine Ausdifferenzierung des Alters nach unterschiedlichen Altersgruppen wichtig. Denn, ab wann ist man oder fühlt man sich alt? Zu unterscheiden ist sicherlich zwischen den "jungen Alten" (55–70 Jahre), den "Senioren/innen" (70–80 Jahre) und den "Hochbetagten" (80 Jahre plus). Doch diese Differenzierung gilt sicherlich nicht als gesetzt und wird von den Betroffenen vielleicht noch einmal ganz anders gesehen. Für viele Menschen beginnt das Älterwerden mit der Zunahme gesundheitlicher Probleme und wachsender Hilfsbedürftigkeit, dennoch ist eine differenzierte Betrachtung für die Entwicklung einzelner Lebensbereiche und Infrastrukturangebote wichtig. Auch ist davon auszugehen, dass sich die zukünftige Generation der Älteren von der heutigen deutlich unterscheiden wird: in Bezug auf Lebensstile und Lebenslagen, die sozialen und kulturellen Bedarfe, die sozialen Lagen. Die Gruppe der Älteren ist damit sehr heterogen. Mit ihren unterschiedlichen individuellen Ressourcen und Kompetenzen haben die älteren Menschen sehr vielfältige Ansprüche an ihre bauliche und soziale Umwelt.

Die Bürgerumfragen der Stadt Münster liefern hier zentrale Hinweise zu den Vorstellungen und Bedarfen, aber auch Potenzialen der älteren Menschen, denn die Ergebnisse zu den unterschiedlichen inhaltlichen Fragestellungen werden altersgruppenspezifisch ausgewertet. Aus dem breiten inhaltlichen Portfolio der Umfragen sollen einige Themen beispielhaft herausgegriffen werden: So können sich gemäß der Demografieumfrage 2009 zum Thema "gemeinschaftliches Wohnen" 61% der 45–59-Jährigen vorstellen, mit Personen aus verschiedenen Generationen in einem Haus zusammenzuleben und sich zu helfen; bei den 60–74-Jährigen sind es noch 52% und bei den 75-Jährigen und Älteren noch 46%. Ein weiteres wichtiges Themenfeld ist das bürgerschaftliche Engagement, das bei einer Umfrage 2014 erhoben wurde. So weist bei dem Blick auf die Altersgruppen die Gruppe der 60–69-Jährigen mit 59% die höchste Engagementquote auf. Bei den 70-Jährigen und Älteren liegt diese noch bei 50%. Im Vordergrund steht dabei das Motiv, anderen Menschen zu helfen, wofür im Mittel 6,8 Std./Woche aufgewandt werden. Die aktuelle Umfrage, u.a. zu den Themen "Leben in Münster" und "Lebensbedingungen", zeigt bei der Beurteilung hohe Zufriedenheitswerte in den höheren Altersgruppen. Allgemein zu Münster liegen die Werte bei rund 50%, bzgl. der Wohnung bei 58% bei der Altersgruppe 60–69 Jahre und bei 56% bei den 70-Jährigen und Älteren. Wird die Betrachtung auf den Stadtteil bzw. das Stadtviertel gelenkt, so liegen die Werte für "sehr zufrieden" bei 34% bei den 60-Jährigen und Älteren. Bei der Wertungskategorie "zufrieden" stimmen 42% der 60–69-Jährigen zu und 48% der 70-Jährigen und Älteren.

Schließlich ist es das Wissen um Entwicklungen und Trends, Strukturen und Veränderungen, ergänzt um die Abfrage der Bürgermeinung, die das Fundament einer vorausschauenden und bürgerorientierten Stadtentwicklung bilden. Sie liefern auch zentrale Informationen für die Stadtentwicklung, um so frühzeitig Strategien zur Gestaltung des Wandels abzuleiten und den Herausforderung einer älter werdenden Stadtgesellschaft zu begegnen.

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Weiterführende Literatur/Quellen

Erstveröffentlichung 2016