Trotz massiver Kriegszerstörung blieben von der mittelalterlichen Stadt auf dem Siegberg-Sporn die wichtigsten Zeugnisse erhalten bzw. sind originalgetreu wiederhergestellt worden. So ist in Stadtbild und Stadtstruktur noch vieles von dem wiederzufinden, was durch alte Stadtansichten und Pläne überliefert ist. Entsprechend ist das historische Erbe der alten Stadt, die 1999 das 775-jährige Jubiläum ihrer Neugründung im Jahr 1224 feiern konnte, auch heute noch Vorgabe für städtebauliche Veränderungen. Was neben dem verbliebenen Altbestand in der Oberstadt/Altstadt (OS/AS) und in der Unterstadt (US) im Zweiten Weltkrieg völlig zerstört oder schwer wiegend beschädigt war, wurde bis zum Ende der 1950er Jahre wieder aufgebaut. Danach begann Anfang der 1960er Jahre ein lang anhaltender Umbauprozess, der bis Ende des 20. Jh.s andauerte. Hierbei wurden vorrangig ökonomische Anforderungen beim Innenstadtumbau berücksichtigt, um der wachsenden Zahl neuer Betriebe und dem steigenden Nachfragepotenzial des Umlandes gerecht zu werden. Zwei dieser Projekte haben die Innenstadt auf ganz besondere Weise verändert: Die Sieg wurde zwischen Sieg-Brücke (Abb. 1, Ziffer 1) und Hindenburg-Brücke (2) mit einem Parkdeck und unterhalb der Sieg-Brücke mit einem Geschäftshaus überbaut. So wurde der Fluss den Blicken entzogen und seiner ästhetischen und emotionalen Bedeutung als Fließgewässer beraubt. Der größte Umbau erfolgte jedoch am Rand der Unterstadt in Bahnhofsnähe. Seit Ende der 1990er Jahre wurde dieser periphere Standort um die "City-Galerie" (3), ein groß dimensioniertes Einkaufszentrum, und um das multifunktionale "Sieg-Carré" (4) erweitert. Dezentral, ca. 1 km vom historischen Stadtzentrum in der Oberstadt entfernt, wurde er nun werbewirksam als "Siegens neue Mitte" bezeichnet (Eichenauer 2000, S. 77ff.). Unter ihrem Konkurrenzdruck wurden zahlreiche alte Geschäftsstandorte aufgegeben. Dadurch kam es vor allem in der Oberstadt, dem früher wichtigsten Einzelhandelsstandort für die ganze Stadt, zu Leerständen. Doch auch in der "neuen Mitte" selbst – und hier vor allem in der "City-Galerie" – gab es in den 15 Jahren ihres Bestehens eine hohe Fluktuation von Betrieben. Doch nicht nur die kurzen und instabilen Nutzungsverhältnisse schlugen sich raumwirksam nieder. Neben der Anbieterseite erzeugte auch die Nachfrageseite durch die stark autoorientierte Mobilität bis Ende der 1990er Jahre ein prägnantes raumrelevantes Pendant von Schnelllebigkeit.