Der Banken-IT-Dienstleister Finanz Informatik in Münster

01.01.2010 Heinz Heineberg

Inhalt

Banken-IT-Branche in Münster – zwei herausragende Unternehmen

Die Stadt Münster ist nicht nur traditioneller oberzentraler Standort zahlreicher öffentlicher Einrichtungen, Banken, Versicherungen etc., sondern etwa auch Sitz von Unternehmen der modernen, wachstumsstarken Banken-IT-Dienstleistungsbranche, von denen zwei von herausragender Bedeutung sind. Dies ist zum einen die hier mit ihrem Hauptsitz angesiedelte GAD eG (1963 gegründet als Gesellschaft für automatische Datenverarbeitung), die heute als IT-Kompetenzcenter einschließlich des bedeutendsten genossenschaftlichen Rechenzentrums im nordwestdeutschen Raum rund 450 Volksbanken und Raiffeisenbanken, deren Zentralinstitute und andere Unternehmen im genossenschaftlichen Finanz-Verbund etc. betreut (s. Beitrag Heineberg).

Zum anderen besteht im nördlichen Stadtgebiet von Münster, im sog. Zentrum Nord, ein bedeutender Standort der Finanz Informatik (inklusive eines großen Rechenzentrums, Abb. 1), des IT-Dienstleisters der Sparkassen-Finanzgruppe, der größten Kreditinstitutsgruppe in Deutschland und Europa. Zwar befindet sich der Hauptsitz der Finanz Informatik in Frankfurt/Main, allerdings bildet der Standort Münster durchaus eine Keimzelle der Finanz Informatik, denn in der Stadt entstand bereits 1967/68 die "Buchungszentrale westfälisch-lippischer Sparkassen" (BWS); zudem nahmen in der Folgezeit wichtige Säulen der heutigen Sparkassen-IT ihren Anfang, wie die erfolgreiche Gesamtbanklösung OSPlus (s. u.). Das heutige münstersche Rechenzentrum ist zugleich das größte der Finanz Informatik; weitere Standorte bestehen in Fellbach (Baden-Würtemberg) und Hannover sowie in Nürnberg (Tochterunternehmen FI Technologie Service).

Abb. 1: Finanz Informatik-Gebäude im Zentrum Nord der Stadt Münster (Foto: H. Heineberg 2010)

Zur Historie der Finanz Informatik

Die Entstehungsgeschichte des Unternehmens Finanz Informatik ist relativ jung, zugleich aber – insbesondere in Bezug auf Fusionen – recht komplex (vgl. www.f-i.de/Unternehmen/Historie). So wurde erst am 01.01.2008 die Finanz Informatik mit dem Zusammenschluss der Sparkassen Informatik (Frankfurt/Main) und der FinanzIT (Hannover) gegründet. Allerdings waren diese beiden ehemaligen Unternehmen wiederum seit 1998 durch mehrere Fusionen von ursprünglich elf eigenständigen, in mehreren Bundesländern angesiedelten Rechenzentren der Sparkassenorganisation entstanden. So ging etwa die Sparkassen Informatik am 01.01.2001 durch Fusion aus drei IT-Dienstleistern der Sparkassen-Finanzgruppe hervor, und zwar aus der SIS West mit Sitz in Duisburg (gegründet 1998), der SI-BW in Karlsruhe (gegr. 2000) und der Informatik Kooperation in Münster (gegr. 1999). Die Informatik Kooperation wiederum war durch Fusion aus der ehemaligen Buchungszentrale der westfälisch-lippischen Sparkassen (BWS) in Münster und dem RHSO-Rechenzentrum der hessischen Sparkassenorganisation (1977 in Frankfurt/Main gegr., 1995 nach Offenbach-Kaiserlei verlegt) entstanden.

Aus den genannten und weiteren Unternehmensfusionen (insbesondere bei der Entstehung der ehem. FinanzIT) resultierte eine Reihe von Standortaufgaben bzw. -konzentrationen mit entsprechenden Beschäftigungsveränderungen, von denen u. a. der Standort Münster im Zentrum Nord profitierte (s. u.). So wurden 2008 mehrere Unternehmensstandorte in Deutschland aufgelöst; die Aufgaben wurden an den Standorten Frankfurt (Hauptsitz), Fellbach (Baden-Württ.), München und Münster gebündelt. Aus den Fusionen ging mit der Gründung der Finanz Informatik ein leistungsstarker IT-Dienstleister der Sparkassen-Finanzgruppe hervor, zu dessen Kunden in Deutschland 431 Sparkassen (mit häufig jeweils zahlreichen Geschäfts- oder Zweigstellen), 9 Landesbanken, 10 Landesbausparkassen sowie eine Anzahl weiterer Unternehmen der Sparkassen-Finanzgruppe und der Finanzdienstleistungsbranche gehören (vgl. www.f-i.de). Das Angebot der Finanz Informatik umfasst das gesamte IT-Spektrum – von der Entwicklung und Bereitstellung von IT-Anwendungen, Netzwerken und technischer Infrastruktur über den Rechenzentrumsbetrieb bis hin zu Beratung, Schulung und Support. Mit der leistungsfähigen Gesamtbanklösung OSPlus stellt das Unternehmen heute eines der führenden IT-Systeme für den deutschen Bankenmarkt. Tochterunternehmen und Beteiligungen ergänzen das IT-Portfolio.

Abb. 2: Mitgliedssparkasssen im Sparkassenverband Westfalen-Lippe (SVWL), Stand 01.09.2009 (Quelle: www.svwl.eu)

Bedeutung der Unternehmensentwicklung für den Standort Münster

Durch die o. g. Unternehmenskonzentration auf wenige Standorte (noch unter der Sparkassen Informatik im Jahre 2006 mit Wirkung bis Ende 2008 beschlossen) wurden 2007/2008 im Zentrum Nord in Münster 23,3 Mio. Euro in einen Erweiterungsbau (u. a. 8.000 m2 Bürofläche in fünf Etagen, 116 Pkw-Stellplätze) investiert. Die Zahl der Mitarbeiter von damals 620 (Mitte Dez. 2007) sollte sich in Münster aufgrund der Unternehmensexpansion nahezu verdoppeln; die ca. 600 neuen Mitarbeiter sollten überwiegend aus den auslaufenden Standorten Duisburg, Köln, Karlsruhe und Mainz nach Münster umsiedeln (Westfälische Nachrichten WN, 15.12.2007).

Am 18.10.2008 berichteten die WN, dass am Tag zuvor das stark erweiterten Rechenzentrum des neuen Unternehmens Finanz Informatik (s. o.) im Zentrum Nord in Münster ("Nevinghoff") offiziell eröffnet wurde. Rund 400 der ehemaligen Mitarbeiter der am 01.10.2008 geschlossenen Standorte in Duisburg und Köln hatten dort bereits einen neuen Arbeitsplatz gefunden.

Durch die genannte Unternehmensumstrukturierung bzw. -konzentration und speziell den Erweiterungsbau der Finanz Informatik im Zentrum Nord hat sich Münster zu einem Top-Standort der Banken-IT-Dienstleistungsbranche in Deutschland entwickelt. Nach Meinung des Aufsichtsratsvorsitzenden der Finanz Informatik, Dr. Rolf Gerlach, zugleich Präsident des Sparkassenverbandes Westfalen-Lippe, wurde damit "Münster als Bankenstandort" gestärkt (WN, 18.10.2008). Heute werden vom Rechenzentrum in Münster aus 200 der 431 deutschen Sparkassen technisch betreut. Die regionale Vernetzung betrifft zum einen Westfalen-Lippe mit seinen 74 Sparkassen des Sparkassenverbandes Westfalen-Lippe (SVWL, Abb. 2), geht allerdings räumlich weit darüber hinaus. Die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Finanz Informatik am Standort Münster beträgt heute rund 1.000.

Anteilseigner der Finanz Informatik

An der Finanz Informatik sind insgesamt 12 Sparkassen- und Giroverbände sowie regionale Beteilungsgesellschaften der Sparkassen mit Standorten in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt/Main, Hamburg, Hannover, Karlsruhe, Kiel, Mainz, München, Münster und Saarbrücken beteiligt.

Die Sparkassen als Auftraggeber

Einer der 12 Gesellschafter, der SVWL (bis 31.12.2009 Westfälisch-Lippischer Sparkassen- und Giroverband (WLSGV) genannt) ist mit seinem Sitz an der Regina-Protmann-Straße ebenfalls Teil des Bankenstandortes Münster. Zu ihm gehört als unselbständige Einrichtung die Westfälisch-Lippische Sparkassenakademie am Bröderichweg. Die Sparkassen im SVWL (Abb. 2) bilden mit ihrem dichten Netz von rund 1.500 Geschäftsstellen und mehr als 2.400 Bargeldautomaten, mit über 28.000 Beschäftigten und mit einer Bilanzsumme von 114 Mrd. Euro (Ende 2009) die bedeutendste Finanzorganisation der Region. Zu ihren Beteiligungen gehören leistungsstarke Verbundunternehmen wie die WestLB AG, die Landesbausparkasse LBS West (Sitz der Zentrale in Münster), die Versicherung Provinzial NordWest (Hauptsitz in Münster), die DekaBank, die Deutsche Leasing und die Finanz Informatik. Die westfälisch-lippischen Sparkassen geben bei ihren Verbundunternehmen Dienstleistungen in Auftrag. Bei der von Ihnen gegründeten Finanz Informatik sichern sie sich ihr IT-Know how sowie leistungsstarke IT-Unterstützung.

Die 74 westfälisch-lippischen Sparkassen versorgen Unternehmen und Bürger seit rund 200 Jahren mit modernen Finanzdienstleistungen. Im Jahr 2009 haben sie 73,6 Mrd. Euro an Krediten vergeben und Gelder ihrer sechs Mio. Kunden in Höhe vom 78,5 Mrd. Euro verwaltet. Die Sparkassen bezeichnen sich als der wichtigste Förderer der Region: 108,7 Mio. Euro stellten sie im Jahr 2009 über Stiftungen, Spenden und Ausschüttungen bereit (Angaben lt. SVWL, Geschäftsbericht 2009).

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Weiterführende Literatur/Quellen

Erstveröffentlichung 2010