Wochenmärkte in den Mittelstädten Westfalens: Strukturelle Untersuchungen

01.01.2009 Ann-Kathrin Kusch

Kategorie: Wirtschaft

Schlagworte: Westfalen · Mittelzentrum · Einzelhandel · Wochenmarkt

Inhalt

Abb. 1: Marktstandorte in ausgewählten Mittelstädten Westfalens (Entwurf: A.-K. Kusch, Quelle: Eigene Erhebungen, Juni 2008)
Wochenmärkte haben in den meisten Städten eine lange Tradition und reichen als Wurzeln des innerstädtischen Handels häufig bis in das Mittelalter oder sogar bis in die vorchristlichen Jahrhunderte zurück. Wochenmärkten kam insbesondere mit dem sprunghaften Anstieg der Entstehung von Städten im 12. und 13. Jh. eine wichtige Versorgungsfunktion zu.

Das Marktrecht war für die wirtschaftliche Entwicklung eines Ortes und einer Region von großer Bedeutung. Sicherlich haben sich Strukturen und Bedeutungsgrad von Wochenmärkten mit der Zeit stark gewandelt, dennoch bildet der Wochenmarkt immer noch einen beliebten Einkaufsstandort bei der Bevölkerung. Man bezeichnet Wochenmärkte traditionell als "[...] diejenigen Märkte, die mindestens einmal wö­chentlich stattfinden und auf denen vorwiegend Waren des täglichen Bedarfs wie Obst und Gemüse, Eier, Milchprodukte und Blumen angeboten werden" (Büttner 1986, S. 2).

Die Ausführungen dieses Beitrages basieren auf einer schriftlichen Befragung (Juni 2008) in allen 98 westfälischen Mittelstädten, von denen 50 geantwortet haben. Gerade in Mittelstädten können Wochenmärkte eine ganz entscheidende Bedeutung haben: Sie dienen als Einkaufsstandort, als Anziehungspunkt und als Marketinginstrument für die Innenstadt (s. Beitrag Kusch).

Marktstandorte

Insgesamt wurden bei der Untersuchung 72 Marktstandorte erfasst (Abb. 1), wovon 57 Hauptmärkte und 15 Stadtteilmärkte sind. Die absolute Anzahl der Marktstandorte in einer Stadt ist sehr unterschiedlich. Insgesamt 34 Städte (68%) verfügen über nur einen Marktstandort; hiervon haben rund zwei Drittel (20 Städte) 20.000 bis 29.999 Einwohner. In 13 Städten (26%) gibt es einen zweiten Marktstandort; hier sind relativ gleichmäßig Städte mit einer Einwohnerzahl von 20.000 bis 59.999 vertreten. Über drei, vier oder gar fünf Marktstandorte verfügen nur jeweils eine Stadt. Gütersloh, mit 96.202 Einwohnern die größte der befragten Städte, verfügt über fünf Marktstandorte und die Stadt Dorsten als zweitgrößte (79.403 Einwohner) über vier. In Warendorf, als nur elftgrößter Stadt mit 38.745 Einwohnern, werden drei Wochenmärkte veranstaltet. Dass größere Städte mehrere Marktstandorte haben, ist nicht weiter überraschend, da sie zumeist auch mehrere Stadtteile besitzen, die häufig eingemeindet wurden und ihre traditionellen Wochenmärkte beibehielten.

Entstehung von Wochenmärkten

Insgesamt geht die Gründung der Wochenmärkte bei 16 der 72 erfassten Marktstandorte auf die Zeit vor 1900 zurück. Acht Wochenmärkte wurden vor dem Jahr 1700 gegründet, drei im 18. und fünf im 19. Jh. In den 1950er Jahren kommt es mit der Entstehung von zehn Wochenmärkten dann zu einem regelrechten Aufschwung, der sich nach einem kurzen Einbruch in den 1960er Jahren bis Ende der 1980er Jahre fortsetzt. Fünf Wochenmärkte bestehen erst seit den 1990er Jahren und mit vier zwischen den Jahren 2000 und 2008 neu entstandenen Wochenmärkten ist der Trend insgesamt positiv. Der Vergleich der Regierungsbezirke untereinander zeigt, dass hier Arnsberg und Münster besonders stark bei den frühen Marktgründungen vertreten sind. In der Gegenwart besteht in den Regierungsbezirken Detmold und Arnsberg eine höhere Gründungsaktivität als im Re­gierungsbezirk Müns­ter. Hier waren in den letzten Jahren keine Neugründungen mehr zu verzeichnen, was darauf zurückzuführen sein könnte, dass der Bedarf weitgehend gesättigt ist.

Wochenmarkttage und -zeiten

Die Wochenmärkte in den einzelnen Städten finden an unterschiedlichen Wochentagen und zu verschiedenen Zeiten statt. 40% der Wochenmärkte haben einen Markttag, 49% zwei und 10% drei Markttage (1% k. A.). Bei der Betrachtung der einzelnen Wochentage, an denen die Wochenmärkte stattfinden, ist eine klare Steigerung zum Ende der Woche hin erkennbar: Die beliebtesten Wochenmarkttage sind der Freitag (26 Märkte) und der Samstag (34 Märkte). In den meisten Fällen treten diese beiden Tage in Verbindung mit Dienstag, Mittwoch oder Donnerstag auf, wenn ein Markt zwei oder mehr Markttage hat.

Die Öffnungszeiten der Wochenmärkte sind unter der Woche relativ ähnlich, weichen jedoch samstags etwas ab: Unter der Woche beginnen die meis­ten Wochenmärkte um 07:00 Uhr (43%) und enden um 13:00 Uhr (54%). Außerdem finden unter der Woche noch 6% der Märkte am Nachmittag statt, etwa in der Zeit von 14:00 - 18:00 Uhr. Am Samstag beginnt der Großteil der Märkte (35%) jedoch erst um 08:00 Uhr, die meisten schließen dann um 13:00 Uhr (71%). Vereinzelte Märkte schließen aber auch erst um 14:30 bzw. 15:00 Uhr. Am Wochenende ist also eine Ausweitung der Öffnungszeiten von Wochenmärkten zu erkennen.

Abb. 2: Anzahl der Stände und Branchenverteilungen bei Wochenmärkten in Westfalen (Entwurf: A.-K. Kusch, Quelle: Eigene Erhebungen, Juni 2008)

Stände, Verkaufsflächen und Branchen

Insgesamt 82% der Wochenmärkte haben weniger als 40 Stände. 7% der Märkte verfügen über 50 bis 59 Stände und nur 3% über mehr als 60. Die Gesamtverkaufsflächen der Wo­chenmärkte sind relativ gleichmäßig verteilt; je mehr Stände es gibt, desto größer ist die Gesamtverkaufsfläche.

Bei Wochenmärkten spricht man von "Grünen Märkten", wenn der Anteil an Lebensmittelbranchen (Obst/Gemüse, Brot/Backwaren, Fleisch, Fisch) sowie Blumen und Pflanzen den deutlichen Schwerpunkt des Wochenmarktes ausmacht. Insgesamt sind in den untersuchten Märkten sehr hohe Anteile eines "Grünen Marktes" zu finden (Abb. 2). Bei 21 Märkten machen diese Branchen 90 - 100% aus und bei 32 Märkten liegen sie bei 60 - 89%. Die geringsten Anteile sind bei einem Markt mit 30 - 39% zu verzeichnen. Generell kann man feststellen, dass mit zunehmender Größe der Wochenmärkte ein geringerer Anteil des "Grünen Marktes" vorhanden ist. So nimmt bei Marktgrößen von unter 20 Ständen der Anteil des "Grünen Marktes" noch über 85% ein, bei Märkten mit mehr als 60 Ständen sind es hingegen nur noch zwischen 55 und 60%.

Die Wochenmärkte in Bergkamen, Gronau, Kreuztal, Sundern, Soest, Bünde, Dorsten, Greven und Warstein weisen alle einen relativ hohen Anteil von über 20% der Branche Textilien auf. Ein hoher Anteil an Non-Food-Waren sorgt dafür, dass ein Wochenmarkt kein ausschließlich "Grüner Markt" mehr ist und immer mehr mit dem örtlich ansässigen Einzelhandel in Konkurrenz tritt. Einen besonders hohen Anteil an Kunsthandwerk lassen die Wochenmärkte in Bergkamen (15%) und Ennigerloh (9%) erkennen.

Bei "regionstypischen Produkten oder Marken" fallen die Städte Stadtlohn (33%), Herford (16%) und Versmold (10%) mit sehr hohen Anteilen heraus. Daher kann man zu dem Schluss kommen, dass hier eine intensive regionale Vermarktung stattfindet.

Standgebühren

Die Standgebühr für die Marktbeschi­cker errechnet sich pro Quadratmeter oder laufenden Meter pro Markttag. Die Gebühren schwanken stark, sind aber überall relativ gering (ca. 0,20 - 2,70 Euro), wobei bei vielen Märkten eine Mindestgebühr (ca. 2,00 - 7,00 Euro) bezahlt werden muss. Zusätzlich zu den eigentlichen Standgebühren kommen Kosten für Strom und Wasser (ca. 2,00 Euro) hinzu. Die Standgebühren sind letztlich nur zur Deckung der anfallenden Kosten für die Kommunen gedacht. Weiterhin besteht die Möglichkeit, Werbungskosten für den Wochenmarkt auf die Marktbeschicker umzulegen. Eine solche Werbungskos­tenumlage wird allerdings lediglich in der Stadt Ahaus verlangt (0,05 - 0,10 Euro/m2).

Fazit

Insgesamt ist festzustellen, dass in den Mittelstädten Westfalens eine relativ rege Markttätigkeit herrscht. Alle der 50 antwortenden Städte veranstalten einen Wochenmarkt, und bei vielen ist eine langjährige Wochenmarkttradition zu erkennen. Bei den unterschiedlichen Wochenmärkten konnten eine strukturelle Vielfalt, aber auch viele Gemeinsamkeiten herausgestellt werden. Die Wochenmärkte in Westfalen präsentieren sich als lebendige, traditionsreiche und gern besuchte Einkaufsstandorte.

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Weiterführende Literatur/Quellen

Erstveröffentlichung 2009