weitere Autorin: Ursula Stichmann-Marny
50 Jahre Wasservogelforschung an der Möhnetalsperre
Schon vor 50 Jahren wurde die Möhnetalsperre für ein Langzeitprojekt zum Studium der Wasservogelwelt und ihrer Veränderungen ausgewählt. Seitdem werden die Wasservogelbestände regelmäßig mindestens einmal monatlich - in der Regel aber häufiger - erfasst. Inzwischen begann die Auswertung des umfangreichen Datenmaterials, das die Auswirkungen der Wasserspiegelschwankungen, der Veränderung der Wasserqualität (Oligotrophierung) und des sich abzeichnenden Klimawandels (s. Beitrag Böwer/Klemm) belegt.
Es gibt mehrere Gründe für die besondere Attraktivität dieser Talsperre im Vergleich zu den innersauerländischen Talsperren. Die Möhnetalsperre liegt am Nordrand der Mittelgebirge auf einer markanten Landschaftsgrenze zwischen dem überwiegend agrar genutzten Offenland der Westfälischen Bucht und dem bewaldeten Südwestfälischen Bergland (Abb. 1). Hier markiert die Möhne-Ruhr-Linie eine wichtige Leitlinie vor allem für den herbstlichen Vogelzug. Dieser wird bei den Wasservögeln aus der vorherrschenden Südwestrichtung stärker nach Westen gelenkt. Damit im Zusammenhang steht die starke Frequentierung der sich hier aneinander reihenden Gewässer: Möhnetalsperre - Enser See - Geiseckesee - Hengsteysee - Harkortsee - Kemnader Stausee - Baldeneysee.
Im Laufe der letzten 50 Jahre hat sich die Zusammensetzung der Vogelbestände deutlich verändert. Mit der Oligotrophierung der Möhnetalsperre durch verbesserte Abwasserbehandlung im Einzugsbereich der Möhne nahm die Diversität der Vogelwelt zu. Während in den 1960er Jahren einige wenige Vogelarten stark dominierten (bis zu 12.000 Stockenten und bis zu 11.600 Blessrallen), entfallen seit den 1980er Jahren die extremen Bestandsspitzen (Tab.1). Stattdessen sind in den Vogelscharen mehr Arten gleichmäßiger vertreten (z. B. gleichzeitig mehrere hundert Reiher-, Tafel- und Schellenten, Kormorane und Haubentaucher). Außer dem Kormoran kamen ab 1987/88 die Graugans, ab 1990/91 die Kanadagans und in den letzten Jahren die Nilgans, der Silberreiher und der inzwischen wieder im Arnsberger Wald heimisch gewordene Schwarzstorch hinzu (s. Beitrag Stichmann).
Der Rückgang der nordischen Gänsesäger (Abb. 4) und das fast vollständige Ausbleiben der Singschwäne (Abb.5) dürften auf die milde Witterung der letzten Winter zurückzuführen sein. Auch andere aus Nord- und Nordosteuropa stammende Wintergäste aus den Reihen der Seetaucher und der Meeresenten werden offenbar seltener beobachtet als in früheren Jahren.
Die Möhnetalsperre wurde inzwischen der EU als Vogelschutzgebiet gemeldet. Die monatlich ermittelten Daten fließen in ein überregionales Biomonitoring ein. Regelmäßig besuchen Experten- und Studentengruppen die Möhnetalsperre zu Studienzwecken. Für auswärtige Gäste besonders interessant ist die Organisation des Nebeneinanders von Naturschutz und Tourismus an ein und demselben Gewässer. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Ausweisung großflächiger Naturschutzgebiete und die intensive Aufklärung der Menschen über die Schutzziele sowie einige unerlässliche Verhaltensregeln.
Weiterführende Literatur/Quellen
• | Stichmann, W. und U. Stichmann-Marny (2008): Der Möhnesee – Ein Wasservogelparadies im Wandel der Zeit. Möhnesee (Eigenverlag, beziehbar beim Autor Wilfried Stichmann, Engerweg 2, 59159 Möhnesee) | |
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www.lwl.org/LWL/Kultur/Westfalen_Regional/Naturraum/Neubuerger_Voegel |
Erstveröffentlichung 2008