Die Entwicklung der Gemeinde Saerbeck seit der kommunalen Gebietsreform von 1975
Verbesserung der dörflichen Infrastruktur durch Maßnahmen der Flurbereinigung
Sicherung und Ausweitung des Bildungsangebotes durch die Errichtung einer neuen Schulform
Doch bereits bei der Übergabe des neuen Schulgebäudes zeichnete sich ein dramatischer Rückgang der Schülerzahlen ab, so dass mittelfristig eine Schließung aus schulorganisatorischen Gründen zu befürchten war.
Gespräche mit der Landesregierung sollten deshalb die Chancen für den Erhalt einer weiterführenden Schule vor Ort ausloten. Die Sondierungen ergaben, dass nur über die Gründung einer neuen Schulform der Erhalt des Schulstandortes zu erreichen war.
So beschloss der Rat der Gemeinde Saerbeck am 10.12.1987 die Gründung einer Gesamtschule. Diese Absicht stieß beim Regierungspräsidenten Münster auf erheblichen Widerstand. Er sah in der Errichtung einer vierzügigen Schule der Sekundarstufe I mit einer zwei- bis dreizügigen Gymnasialen Oberstufe in einem Grundzentrum einen Verstoß gegen das Zentralitätsprinzip, da diese Schule auf Schülereinpendler aus den umliegenden Mittelzentren angewiesen war. Durch ein überwältigendes Votum im Anmeldeverfahren kam diese Schule schließlich gegen den Widerstand der Bezirksregierung zustande. Die Existenz einer Schule, die alle Schulabschlüsse bis zum Abitur vorhalten konnte, erwies sich in der Folgezeit als bedeutsamer Standortvorteil.
Von der Flugabwehrstellung zum Gewerbegebiet
In den Jahren von 1996 bis zum Jahr 2005 entstanden hier über 600 sozialpflichtige Arbeitsplätze. Der mit 260 Beschäftigten größte Arbeitgeber vor Ort ist derzeit die weltweit expandierende Firma SAERTEX. Sie ist aus der Textilindustrie hervorgegangen und fertigt "Verstärkungstextilien", die unter anderem im Flugzeugbau, Schiffsbau und bei Windkraftanlagen Verwendung finden. Als weiteres bedeutendes Unternehmen ließ sich hier eines der führenden europäischen Systemhäuser nieder, das sich insbesondere auf Software für den Maschinenbau spezialisiert hat.
Der Gemeinde gelang es auch, eine größere behördliche Einrichtung für eine Ansiedlung in Saerbeck zu gewinnen. Sie beherbergt als "Grünes Zentrum" die Landwirtschaftliche Buchstelle Münster, den Landwirtschaftlichen Betriebsdienst, den Landwirtschaftlichen Kreisverband sowie die Kreisstelle Steinfurt der Landwirtschaftskammer Steinfurt.
Ortsmitte Saerbeck – Ein Projekt der Regionale 2004
Im Jahre 2000 erwarb die Gemeinde in unmittelbarer Nachbarschaft zum Bürgerhaus die Hofstelle des vermutlich ältesten Hofes Saerbecks und baute das unter Denkmalschutz stehende Hofgebäude zu einem modernen Verwaltungsgebäude um. Auf dem ehemaligen Hofgelände entstanden zusätzlich ein Sparkassengebäude sowie ein Ärztezentrum mit Apotheke und physiotherapeutischer Praxis. Fast gleichzeitig siedelten sich in unmittelbarer Nachbarschaft zum Bürgerhaus drei Discounter an. Innerhalb weniger Jahre war so außerhalb des Ortskernes ein Dienstleistungsbereich entstanden, der von der alten Ortsmitte durch die ungenutzte und unbebaute Bachaue des Mühlenbaches getrennt wurde.
Diese Zweiteilung des Ortszentrums sollte durch eine umfassende städtebauliche Sanierungsmaßnahme überwunden werden. Dazu ließ die Gemeinde zunächst einen Rahmenplan erstellen, um dann im Jahre 2002 einen städtebaulichen Wettbewerb zur Realisierung dieses Vorhabens durchzuführen. Den preisgekrönten Entwurf "Ortsmitte Saerbeck" legte die Gemeinde als ihren Beitrag zur Regionale 2004 vor, einer Initiative der Landesregierung, die dem östlichen Münsterland mit den Kreisen Warendorf, Steinfurt und der Stadt Münster wichtige Strukturimpulse geben sollte (s. Beitrag Wolters). Die Maßnahme "Ortsmitte Saerbeck" wurde in die Projektliste "Stadterneuerungsprogramm 2003" als Förderprojekt aufgenommen. Die Kosten von 1,5 Mio. Euro wurden aus diesem Fond mit 70% gefördert.
Der Saerbecker Mühlenbach mit seinen begleitenden Freiräumen ist nun ein prägendes Element im Zentrum Saerbecks, das den relativ dichten Kern um die Kirche mit dem neuen Dienstleistungszentrum rund um das neue Rathaus zu einem neuen Ortszentrum Saerbeck verbindet. Mit der Verdichtung des Ortskerns verlief gleichzeitig eine Qualitätssteigerung insbesondere auf dem Dienstleistungssektor, dessen Ausmaß anhand einer Gegenüberstellung ausgewählter Dienstleistungsbereiche deutlich wird (Tab. 1).
Ein Vergleich der Abbn. 1 und 2 und die Auswertung der Gegenüberstellung belegen eindrucksvoll die Entwicklung der Gemeinde Saerbeck seit der Gebietsreform von 1975. Die einst kleinste selbstständige Gemeinde in Nordrhein-Westfalen hat sich in drei Jahrzehnten zu einem Grundzentrum entwickelt, das nicht nur uneingeschränkt die Grundversorgung und den kurzfristigen sowie einen Teil des periodischen Bedarfs der Einwohner deckt, sondern darüber hinaus im Dienstleistungsbereich auch Angebote des gehobenen Bedarfs vorhält. Aufgrund europa- und weltweit agierender Unternehmen und der weltumspannenden Bedeutung der technischen Textilien aus Saerbeck darf man insgesamt resümieren: Von der kleinsten selbstständigen Gemeinde in Nordrhein-Westfalen zum vollwertigen Grundzentrum mit überregionaler Bedeutung.
Weiterführende Literatur/Quellen
• | Gemeinde Saerbeck (2005): Ortsmitte Saerbeck - Leben mit und am Wasser - Ein Projekt der Regionale 2004. Steinfurt | |
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Welpmann, F. (1989): Flurbereinigung im Wandel - Das Projekt Saerbeck. In: Landschaftsschutz und Landschaftspflege in Westfalen, Heft 5. Münster, S. 8 |
Erstveröffentlichung 2007