Pumpspeichernutzung in Südwestfalen

05.10.2016 Stefan Prott

Auch Pumpspeicherkraftwerke gehören zu den bereits seit langem in Südwestfalen etablierten Techniken. Pumpspeicherkraftwerke sind in der Lage, zur Integration der volatilen, erneuerbaren Energien in eine versorgungssichere Stromerzeugung beizutragen. Sie sind CO2-neutral, hochflexibel mit schnellen Reaktionszeiten und sehr hohem Wirkungsgrad (75–80%). Die Pumpspeichertechnologie besticht durch ihre Langlebigkeit im Vergleich zu anderen Speichertechnologien, zumal sie in der Lage ist, fast unbegrenzte Lastzyklen zu absolvieren.

Durch die Veränderungen im Marktgefüge (Rückgang der Stromgroßhandelspreise, Beeinflussung der Preisstruktur durch die Photovoltaik, Erlösrückgang aus dem Regelenergiemarkt) hat sich die Wirtschaftlichkeit von Pumpspeicherkraftwerken bedeutend verschlechtert. Trotz der Tatsache, dass für eine erfolgreiche Energiewende auch der Neubau von Pumpspeichereinheiten erforderlich ist, lassen sich Investitionen in Neubauten aktuell nicht wirtschaftlich darstellen.

Abb. 1: Schema eines Pumpspeicherkraftwerks (Quelle: verändert nach Mark-e AG o. J., S. 3)

Pumpspeicherkraftwerke werden als Kurzzeitspeicher betrieben und dienen bzw. dienten ursprünglich zum Lastausgleich, zur Lastglättung. In Schwachlastzeiten wird aus dem Unterbecken Wasser in das höher gelegene Oberbecken gepumpt (Abb. 1). Im Oberbecken wird das Wasser dann für die Stromerzeugung bereitgehalten. Sobald der Stromverbrauch auf Spitzenwerte steigt, wird der sog. Kugelschieber geöffnet, und das Wasser strömt durch einen Druckstollen direkt auf die Pumpenturbinen und die angekoppelten Generatoren. Sie sind in der Lage, aus dem Stillstand heraus für einen Ausgleich von Prognoseabweichungen, hervorgerufen durch die volatile Stromeinspeisung erneuerbarer Energien, zu sorgen. Die Pumpspeichertechnologie ist derzeit die einzig verfügbare Großtechnologie, die das leisten kann. Als Langzeitspeicher, z.B. für große Mengen an Windstrom, sind die Pumpspeicherkraftwerke allerdings nicht geeignet. Ihre Speicherkapazität reicht nur ansatzweise für ein solches Ansinnen aus.

Pumpspeicherkraftwerke werden am "whole sale energy market" (Energie-Großhandelsmarkt) eingesetzt, um unter Ausnutzung von Strompreisdifferenzen zur Einsatzverbesserung des bestehenden Kraftwerkparks beizutragen. Außerdem werden sie am Regelenergiemarkt eingesetzt, um Sekundär- und Minutenregelleistung und weitere Netzdienstleistungen zu erbringen. Sie dienen auch als Kraftwerksausfallreserve (Dymek 2013; Heiland 2013).

Abb. 2: Geschäftsmodell von Pumpspeicherkraftwerken (Quelle: verändert nach Heiland 2013)

Energie- und Wasserwirtschaft sehen für die absehbare Zukunft den Einsatz von Pumpspeicherkraftwerken als notwendig an. Aus diesem Grund haben sie in den letzten Jahren den Ausbau von Pumpspeicherkapazitäten ins Auge gefasst. Für solche Vorhaben ist mit einer Planungs- und Projektierungsdauer von acht bis zehn Jahren zu rechnen, bis die Betriebsaufnahme erfolgen kann. Allerdings können aufgrund des aktuellen Energiemarktdesigns derzeit keine positiven Investitionsentscheidungen zur Realisierung solcher Vorhaben getroffen werden. Die jüngste Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) in 2014 brachte nicht die erhoffte Einbindung der Pumpspeicher in die Vergütungsstrukturen des Strommarktdesigns. Die deutliche Zunahme volatilen Stroms aus Wind und Photovoltaik sorgt dafür, dass die Mittagsspitzen an geeigneten Tagen ausschließlich aus erneuerbaren Energien gedeckt werden können und den Pumpspeicherbetrieb nicht erfordern (Abb. 2). Wurde in der Vergangenheit das Geld mit der zielgerichteten Zurverfügungstellung der Mittagsspitzen durch den Pumpspeicherbetrieb verdient, so ist heute der sog. Spread so gering, dass das Geschäftsmodell deutlich an Lukrativität eingebüßt hat (Heiland 2013).

Abb. 3: Pumpspeicheraktivitäten in Südwestfalen (Quelle: verändert nach Bezirksregierung Arnsberg 2014)

Derzeit werden in Deutschland 29 Pumpspeicherkraftwerke mit einer installierten Gesamtleistung von 6,4 GW betrieben. In Nordrhein-Westfalen sind die Pumpspeichereinheiten Koepchenwerk in Witten (153 MW, RWE), Finnentrop-Rönkhausen (140 MW, Enervie) und an der Sorpetalsperre (7,7 MW, Lister-Lenne-Kraftwerke) in Betrieb. Die zunehmende Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien verlangt den Ausbau neuer Speicherkapazitäten. Als Energiespeicher und zugleich als Standorte für Pumpspeicherkraftwerke eignen sich Talsperren. Auch der Neubau von Pumpspeicherkraftwerken wurde in den vergangenen drei Jahren untersucht. In Südwestfalen entfalteten sich einige Untersuchungs- und Planungsaktivitäten in diese Richtung. Dazu zählen Vorhaben wie das Pumpspeicherprojekt in der Nähe von Brilon sowie ein weiteres Projekt an dem bereits existierenden Standort in Finnentrop-Rönkhausen (Abb. 3). Für beide Projekte haben sich die Stadtwerke Düsseldorf und die Enervie AG zu einem gemeinsamen Vorgehen verabredet. Weiterhin wurden Machbarkeitsuntersuchungen für fünf ausgesuchte Talsperren in Nordrhein-Westfalen zur Ertüchtigung für den Pumpspeicherbetrieb erarbeitet. Neben der Bigge- und der Hennetalsperre wurden außerhalb von Südwestfalen noch die Aggertalsperre, die Wuppertalsperre und die Rurtalsperre in der Eifel untersucht. Die jeweilig angenommenen installierten Leistungen liegen zwischen 55 MW an der Wuppertalsperre, 406 MW an der Biggetalsperre bis zu 740 MW an der Rurtalsperre. Die Investitionskosten wurden mit bis zu 616 Mio. Euro für das größte Vorhaben veranschlagt. Die spezifischen Kosten liegen zwischen 832 Euro/kW als Minimal- und 2.545 Euro/kW als Maximalwert. Derzeit werden diese Vorhaben jedoch nicht stringent umgesetzt, da die derzeitigen Marktbedingungen keine positive Investitionsentscheidung zulassen (Heiland 2013).

Auch der Einsatz von kleinen Pumpspeichern an Bergehalden (10–15 MW am Standort Hamm-Sundern; RWE Innogy GmbH et. al. 2011) wurde im Rahmen einer Machbarkeitsuntersuchung betrachtet. Als technisch machbar eingestuft, lassen sie sich allerdings unter den gegebenen Marktbedingungen nicht wirtschaftlich darstellen und sind vorerst ruhend gestellt.

Außerhalb von Südwestfalen wurden weitere Pumpspeichervorhaben geprüft, so z.B. in Lügde (Kreis Lippe, 320 MW) und Beverungen (Kreis Höxter, 390 MW). In Lügde hat sich der Projektierer in 2015 aufgrund fehlender perspektivischer Wirtschaftlichkeit aus diesem Projekt zurückgezogen. Für das Ruhrgebiet untersucht ein Konsortium von Hochschulinstituten die Machbarkeit von Pumpspeichern unter Tage unter Ausnutzung der noch vorhandenen Infrastruktur des bis 2018 weichenden Bergbaus.

Im Auftrag des nordrhein-westfälischen Klimaschutzministeriums (MKULNV NRW) erarbeitet derzeit (2015) das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV NRW) im Rahmen der "Potenzialstudie Erneuerbare Energien NRW" einen Teilbereich zum Thema "Potenziale für Pumpspeicherkraftwerke in NRW". Es sollen die Potenziale für Pumpspeichervorhaben aufgezeigt und anhand bestehender Schutz- und Einschränkungserfordernisse die diversen Planungen kanalisiert werden. Auch hier gilt es, einen Weg der Transparenz einzuschlagen, um die gesellschaftliche Akzeptanz für solch große, aber auch wichtige Infrastrukturprojekte der Energiewende zu erlangen und zu bewahren.

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Weiterführende Literatur/Quellen

Erstveröffentlichung 2016