Nichtwohngebäude in Westfalen: Fertigstellung im Zeitraum 2013–2015

10.03.2017 Peter Wittkampf

Die Errichtung von Nichtwohngebäuden zählt zu den Indikatoren sowohl für die Wirtschaftskraft einer Region als auch für die Konjunkturentwicklung allgemein. Nichtwohngebäude sind laut Definition Gebäude, die zu mehr als der Hälfte der Nutzfläche nicht Wohnzwecken dienen. Hierzu zählen:

  • Anstaltsgebäude (Krankenhäuser, Pflegeheime, Justizvollzugsanstalten usw.),
  • Büro- und Verwaltungsgebäude,
  • landwirtschaftliche Betriebsgebäude,
  • nichtlandwirtschaftliche Betriebsgebäude (Fabrik- und Werkstattgebäude, Gebäude der Energie-, Abfall- und Wasserwirtschaft, Handelsgebäude, Parkhäuser, Hotels, Gaststätten, Kinos usw.),
  • "sonstige" Nichtwohngebäude (Schul- und Hochschulbauten, Museen, Theater, Sporthallen usw.).

Wenn man die entsprechende Bauentwicklung in Deutschland insgesamt betrachtet, spiegelt sich darin in der Tat die allgemeine Konjunktur- und Wirtschaftsentwicklung wider. Einem deutlichen Anstieg der Baugenehmigungen bis zur Wirtschafts- und Finanzkrise 2008 folgt ein bis 2010 dauernder Rückgang. Bis 2012 hatte sich die Zahl der Bauvorhaben dann zumindest teilweise wieder erholt. Im Jahr 2015 allerdings ging die Zahl der Neubauten erneut zurück. Letzteres wird vor allem mit zwei Aspekten in Verbindung gebracht: Unsicherheiten auf den Weltmärkten ließen die Unternehmen in Bezug auf Investitionen etwas vorsichtiger werden, und viele Kommunen sind finanziell stark belastet, sodass Investitionen in öffentliche Neubauten evtl. aufgeschoben werden.

Abb. 1: Fertiggestellte Nichtwohngebäude 2013–2015 (Quelle: www.it.nrw.de, eigene Berechnungen)

Im Jahr 2015 wurden in Westfalen-Lippe insgesamt 3.024 Nichtwohngebäude fertiggestellt, das waren 13,4% weniger als 2014. Dieser Rückgang war allerdings geringer als der im Rheinland, wo er 16,9% betrug.

Innerhalb von Westfalen-Lippe waren die Einbußen im Regierungsbezirk Detmold mit 25,8% am höchsten, wobei die Stadt Bielefeld (-50,0% gegenüber 2014) und der Kreis Minden-Lübbecke (-51,5%) die deutlichsten Negativentwicklungen aufweisen. Im Regierungsbezirk Münster betrug der Rückgang dagegen nur 1,4%.

In Bielefeld wurde 2015 beispielsweise nur noch ein Büro- und Verwaltungsgebäude fertiggestellt, ein Jahr zuvor waren es noch 13. Aber auch bei den landwirtschaftlichen Betriebsgebäuden und bei den "sonstigen" Nichtwohngebäuden gab es in Bielefeld drastische Rückgänge. Im Kreis Minden-Lübbecke verlief die Entwicklung im Prinzip ähnlich wie in Bielefeld. Auch hier ging die Anzahl der neuen Büro- und Verwaltungsgebäude drastisch von 12 (2014) auf 1 (2015) zurück, und die der "sonstigen" Nichtwohngebäude von 10 auf 2. Hierbei fällt u.a. auf, dass sich nicht nur die privaten Bauherren zurückhielten, sondern dass ganz besonders die öffentlichen Bauherren und "Organisationen ohne Erwerbszweck" praktisch nicht mehr mit Neubauten hervortraten. Sie stellten im Kreis Minden-Lübbecke nur noch zwei Gebäude fertig, während es 2014 noch 10 waren. Nirgendwo sonst in Westfalen-Lippe gab es vergleichbar deutliche Rückgänge.

Man muss allerdings hierbei berücksichtigen, dass speziell das vorausgehende Jahr 2014 durch einen besonderen Bauboom bei Nichtwohngebäuden geprägt war, bei dem die entsprechenden Zahlen von 2013 z.T. deutlich übertroffen wurden. Dies betraf vor allem auch Ostwestfalen-Lippe, wobei – außer Bielefeld und dem Kreis Minden-Lübbecke – besonders die Kreise Gütersloh und Paderborn hervorzuheben sind. Ausschlaggebend dafür waren gute wirtschaftliche Rahmenbedingungen und Perspektiven. Diese wurden allerdings später – laut Konjunkturumfrage der IHK Ostwestfalen zu Bielefeld vom Herbst 2016 – wieder schlechter beurteilt. Dabei bereitet wohl vor allem die Gewerbeflächenentwicklung vor dem Hintergrund des neuen Landesentwicklungsplanes der Wirtschaft in OWL und speziell der IHK besondere Sorgen, wobei sogar gesagt wird, dieser Plan berge für die Region und die dortigen Unternehmen "erhebliche Gefahren".

Aber nicht nur wirtschaftsräumliche Entwicklungstrends, sondern auch räumliche Disparitäten lassen sich zumindest teilweise mit Hilfe des Indikators "Fertigstellung von Nichtwohngebäuden" erkennen. Um die Gefahr möglicher Verfälschungen des Gesamtbildes durch zeitliche Singularitäten zu reduzieren, bietet es sich an, die Zahlenwerte mehrerer Jahre zusammenzufassen. Dabei wird deutlich, dass vor allem das Münsterland, in zweiter Linie aber auch andere wirtschaftsstarke bzw. aufstrebende Teilregionen, z.B. die Kreise Gütersloh und Paderborn, bei der Anzahl der fertiggestellten Nichtwohngebäude deutlich vorn liegen. Im Gesamtzeitraum von 2013 bis 2015 wurden in den Münsterlandkreisen Borken, Coesfeld, Steinfurt und Warendorf zusammen knapp 36% aller Nichtwohngebäude von Westfalen-Lippe fertiggestellt. Insbesondere die Kreise Steinfurt und Borken ragen hierbei heraus (Abb. 1). Allein im Kreis Steinfurt wurden mehr als doppelt so viele Nichtwohngebäude errichtet wie in den Städten Bochum, Dortmund, Hagen, Hamm und Herne zusammen. Umgerechnet pro 10.000 Einwohner waren es in den Münsterlandkreisen jeweils 16 bis knapp 19, in Gelsenkirchen, Bochum, Hagen oder Herne und dagegen nur maximal 2,5.

Abb. 2: Fertiggestellte Nichtwohngebäude 2015 (Quelle: www.it.nrw.de, eigene Berechnungen)

Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass ein nicht unerheblicher Teil der Neubauten im Münsterland landwirtschaftliche Betriebsgebäude waren. Aber selbst wenn man diese Sparte der landwirtschaftlichen Nichtwohngebäude außer Acht ließe, wären erhebliche Disparitäten feststellbar. Auch bei dieser Rechnung nähme im Gesamtzeitraum 2013 – 2015 der Kreis Borken mit 10,4 Gebäuden pro 10.000 Einwohner eine Spitzenstellung ein. Auf den nächsten Plätzen folgten die Kreise Steinfurt, Gütersloh und Paderborn. "Schlusslichter" wären hier Hagen, Bochum und Gelsenkirchen. Die absoluten Zahlen bei den nichtlandwirtschaftlichen Gebäudefertigstellungen betrugen im Kreis Steinfurt 395, im Kreis Borken 381, dagegen in Bottrop, Gelsenkirchen, Hagen und Herne jeweils weniger als 40.

Wenn man speziell die Büro- und Verwaltungsgebäude betrachtet, so ist festzustellen, dass von 2013 bis 2015 die meisten Fertigstellungen insgesamt in den Kreisen Gütersloh, Steinfurt und Borken zu verzeichnen waren.

Die prozentuale Verteilung der Gebäudearten, die im Jahr 2015 im Gesamtspektrum der Nichtwohngebäude fertiggestellt wurden, zeigt charakteristische Werte (Abb. 2). Die besonders bedeutenden Oberzentren Dortmund und Münster weisen die höchsten Anteile an solchen Gebäuden auf, die weder den landwirtschaftlichen noch den nichtlandwirtschaftlichen Betriebsgebäuden zuzurechnen sind. Gemeint sind hier z.B. Büro- und Verwaltungsgebäude, aber auch Bauten der öffentlichen Einrichtungen.

Nichtlandwirtschaftliche Betriebsgebäude wie z.B. Fabrikgebäude, Geschäfte, Lagergebäude usw. dominieren dagegen in jenen Zentren und Teilregionen, die stärker durch Industrie, Handel und Gewerbe geprägt sind, z.B. in Bielefeld, Hagen, Herne und im Kreis Herford.

Wenn Unternehmen oder private Investoren bzw. Bauherren aus wirtschaftlichen Erwägungen kaum neue Nichtwohngebäude in Angriff nehmen, fühlen sich teilweise aber die Kommunen und öffentlichen Institutionen gefordert, um mit entsprechenden Neubauten z.B. Strukturverbesserungen auf den Weg zu bringen, das Spektrum an Angeboten aufzuwerten oder die dortigen Standortbedingungen attraktiver zu gestalten. Im Jahr 2015 waren die prozentualen Anteile der öffentlichen Bauherren bzw. der "Organisationen ohne Erwerbszweck" bei den fertiggestellten Nichtwohngebäuden in Gelsenkirchen (27,3%) und Dortmund (23,1%) am höchsten.

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Weiterführende Literatur/Quellen

Erstveröffentlichung 2017