Marina Rünthe – das maritime Zentrum Westfalens

01.01.2010 Rudolf Grothues

Inhalt

Im Tal der Lippe, im Übergang vom Münsterland zum Ruhrgebiet, liegt die Marina Rünthe, benannt nach dem Ortsteil Rünthe der Stadt Bergkamen. Die am Kilometer 23 des Datteln-Hamm-Kanals gelegene Marina hat sich innerhalb weniger Jahre zu einem der größten Yachthäfen Nordrhein-Westfalens entwickelt.
Abb. 1: Marina Rünthe am Datteln-Hamm-Kanal (Foto: R. Grothues)

Der Wandel des ehemaligen Kohlehafens zum Westfälischen Sportbootzentrum Marina Rünthe ist ein positives Beispiel für den Strukturwandel in der Region. Die Marina zieht nicht nur Bootseigner und Freizeitkapitäne an, sondern auch zahlreiche Besucher, die das mediterrane Flair der Anlage genießen. Damit gewinnt neben der Ansiedlung bootsbezogener Servicebetriebe auch der Tourismus als neuer Wirtschaftszweig für die Stadt an Bedeutung.

So locken die alljährlichen Hafenfeste Anfang Juni jeweils mehr als 60.000 Besucherinnen und Besucher in die Marina. Neben den sportlichen Wettbewerben, zahlreichen maritimen Ausstellern und einem ansprechenden Bühnenprogramm bieten die Hafenfeste auch viele Attraktionen wie Tauchsportvorführungen, Wasser-Ski-Show, Feuerwerk und Schiffsrundfahrten für Gäste jeglichen Alters.

Die optimale Erreichbarkeit über die nahen Autobahnen A1 und A2, die ruhige Lage am Rande des Naturschutzgebietes Beversee, die nahen Versorgungsmöglichkeiten und die besondere Hafenatmosphäre mit einem kompletten Marinaservice locken immer mehr Ganzjahreslieger und Gastlieger an. Günstiger Nebeneffekt der unmittelbarer Nähe zum industriellen Kern des Ruhrgebietes: Eine Vereisung der Wasserfläche ist so gut wie ausgeschlossen, da Elektrizitätskraftwerke unter- und oberhalb der Marina warmes Wasser in den Datteln-Hamm-Kanal leiten.

Neuinwertsetzung des Wasserstraßennetzes im Ruhrgebiet

Im Zuge der Industrialisierung des Ruhrgebietes reichten die natürlichen Schifffahrtsverbindungen nicht mehr aus, um den enormen Bedarf an schiffbaren Gütern zu transportieren bzw. sie flächendeckend zu verteilen. Dazu mussten Querverbindungen geschaffen werden, die das Revier durchziehen und ein Netz aus Transportwegen gewährleisteten. So entstanden zwischen 1899 und 1931 gleich vier Kanäle, die zu wichtigen Wasseradern des Ruhrgebiets wurden: Der Dortmund-Ems-Kanal, der Rhein-Herne-Kanal, der Datteln-Hamm-Kanal  und der Wesel-Datteln-Kanal.

Der 1914 fertiggestellte und 42,7 km lange Datteln-Hamm-Kanal verbindet die Stadt Hamm mit dem Dortmund-Ems-Kanal. Eigentlich sollte er in den 1930er Jahren noch bis nach Lippstadt ausgebaut werden, doch wurden diese Planungen nie realisiert.

Bis in die heutige Zeit stehen im gesamten Ruhrgebiet damit mehr als 250 km Wasserstraßen im "SportbootRevierRuhrgebiet" - liebevoll auch "Kumpelriviera" genannt - zur Verfügung, die auch den Anwohnern und der Sportschifffahrt Erholungs- und Freizeiträume bieten.

In fachübergreifender Zusammenarbeit des Deutschen Motoryachtverbandes e.V. mit der Ruhrgebiet Touristik, der Wasser- und Schifffahrtsdirektion sowie den Marinas Innenhafen Duisburg und Rünthe unter Federführung des Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit des Landes Nordrhein-Westfalen entstand in den letzten Jahren das SportbootRevierRuhrgebiet mit einer umfassenden Service- und Angebotspalette. Ergänzt wird diese durch attraktive Wege- und Fahrradwegeverbindungen, beispielhaft die 400 km lange Route der Industriekultur (s. Beitrag Wehling) oder die Römerradroute, die beide auch Rünthe "anfahren".

Seit 1995 wurde die Hafenanlage von der Stadt Bergkamen in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsförderungsgesellschaft für den Kreis Unna und mit dem privaten Betreiber Thorsten Nustede konsequent zu einer modernen Marina mit besonderem Ambiente umgebaut. Die alte Funktion des Hafens als trister Kohle-Umschlagplatz ist nicht mehr erkennbar.
 

Hafenanlage

Heute verfügt die Marina Rünthe über 270 Liegeplätze für Boote aller Größen, entweder in Form von Doppelboxen mit begehbaren Seitenauslegern oder als Liegeplätze zwischen Achterdalben. Sie ist ein ganzjährig geöffneter Full-Service-Betrieb, hat eine Wasserfläche von rund 35.000 m2 und eine Landfläche von ca. 13.000 m2. Die Wassertiefe beträgt 3m mit Schwankungen von +\-15cm, so dass selbst Segelschiffe mit großem Tiefgang problemlos die Marina anfahren können.

Von der Promenade gehen insgesamt elf Stege ab, sechs im westlichen und vier im östlichen Hafenteil. In der Mitte befindet sich der Gästesteg. Die Länge der Stege variiert zwischen 40 und 200m, bei einer einheitlichen Breite von 2,40m und einer Höhe über dem Wasserspiegel von ca. 50cm. Die Tragfähigkeit beträgt 160kg/m2. Die Marina selbst ist durch ein Leitwerk mit Wellenschlagschutz und durch eine begehbare Mole vom Fahrwasser des Datteln-Hamm-Kanals getrennt. Alle Stege sind mit Stromanschlusskästen - z. T. mit Fernsehanschlüssen - Lampen, Wasserzapfstellen und Rettungsmitteln ausgestattet. Die Marina verfügt natürlich über moderne Sanitärgebäude.
Abb. 2: Hafenrestaurant mit Fitness-Studio an der Marina Rünthe (Foto: R. Grothues)

Landseitig ist zwischenzeitig eine südländisch anmutende Promenade entstanden, die zum Spaziergang und zum Verweilen einlädt und von der an einem schönen Sommertag das Ein- und Auslaufen von bis zu 200 Motorbooten beobachtet werden kann. Von der Promenade führen breite Gangways auf die abschließbaren Stege. Die Stege sind von A bis K gekennzeichnet. Der Steg G ist der Gästesteg. Dieser liegt in unmittelbarer Nähe zum Marinabüro und zur zentralen Servicefläche, wo sich Krananlage, Tankstelle (einzige Bootstankstelle für Diesel und Super im weiten Umkreis), Waschplatz und Reparaturwerkstatt befinden. Die Marina Rünthe verfügt über eine moderne Bootsslipanlage für Trailergespanne bis 3,5t. Es existieren zwei Winterlagerplätze für rund 120 Motor- und Segelboote sowie eine 1.000 m2 große Winterlagerhalle.

Ein dichter Grünstreifen schirmt die Marina von der Hafenstraße und den ausreichend zur Verfügung gestellten Parkplätzen ab.

Abb. 3: Hotel "Neumann's Nautilus" an der Marina Rünthe (Foto: R. Grothues)

Gastronomie

An der Marina Rünthe liegt ein ganzjährig geöffnetes Hafenrestaurant mit Sonnenterrasse und angeschlossenem Fitness-Studio (Abb. 2). Neu ist das schiffförmige Yachtcafé/Bistro "Achterdeck" am Ende der Hafenmole. Durch diese einmalige Lage hat man das Gefühl, mitten im Hafen zu sitzen und direkt am Geschehen teilzunehmen.

Das 2004 eröffnete Hotel "Neumann's Nautilus" mit Restaurant, Terrasse und Tagungsräumen liegt direkt im Yachthafen (Abb. 3). Das ganzjährig geöffnete Nautilus verfügt über 13 Doppel- bzw. Einzelzimmer - fast alle mit Blick auf die Marina - sowie über eine (Hochzeits)Suite im Turm.

Neu hinzugekommen ist das Restaurant "Gate to Asia", in dem man sich auf eine kulinarische Erlebnisreise auf den Spuren der Seidenstraße begeben kann.

Abb. 4: Wohn- und Bürogebäude an der Marina Rünthe (Foto: R. Grothues)

Mit dem Westfälischen Sportbootzentrum ist es der Stadt Bergkamen in Kooperation mit der Wirtschaftsförderungsgesellschaft für den Kreis Unna gelungen, eine ehemalige Industriebrache in nur wenigen Jahren einer völlig veränderten Nutzung zuzuführen. Hier sind auf einer vergleichsweise kleinen Fläche von knapp 11ha durch die Ansiedlung von 28 Firmen der unterschiedlichsten Größenordnung über 350 neue Arbeitsplätze entstanden. Mit knapp 32 Arbeitsplätzen/ha erreicht damit das Westfälische Sportbootzentrum/Marina Rünthe auch unter dem Aspekt der Schaffung von Arbeitsplätzen einen Spitzenplatz. Der Branchenbesatz reicht dabei von hafentypischen Betrieben, wie Bootsfahrschulen und Bootsvercharterern, über Produktionsfirmen und Softwareentwickler bis hin zu Weiterbildungs- und Qualifizierungseinrichtungen sowie gastronomischen Betrieben. So hat beispielsweise die Firma Opel ihr überregionales technisches Fortbildungszentrum an diesem Standort errichtet. Aber auch die Firma Aura Bauelemente GmbH und der Verband der Physiotherapeuten haben hier mittlerweile ihre Standorte errichtet und passten sich mit ihrer Architektur der maritimen Umgebung an.

Oft wird das Westfälische Sportbootzentrum auch als sog. Best-Practice-Beispiel angeführt, wenn von nachhaltigem Strukturwandel in der Industrieregion gesprochen wird. Hier ist es gelungen, durch öffentliche Infrastrukturfördermittel in Höhe von ca. 8,8 Mio. Euro private betriebliche Investitionen in Höhe von mind. 20 Mio. Euro zu generieren.

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Weiterführende Literatur/Quellen

Erstveröffentlichung 2007, Aktualisierung 2010