Kurparks in Ostwestfalen-Lippe – der Heilgarten Deutschlands

01.01.2009 Horst Gerbaulet

Inhalt

Die Region Ostwestfalen-Lippe, kurz OWL, besitzt eine bemerkenswerte Vielfalt und Dichte an historischen Garten- und Parkanlagen. Die Bedeutung dieses kulturellen Erbes unterstreicht das LWL-Amt für Landschafts- und Baukultur in Westfalen seit rund zehn Jahren durch diverse Veröffentlichungen. In 2008 hat es sich einer besonderen Facette der Parks in OWL gewidmet, nämlich den Kurparks.

Abb. 1: Badeleben am Gesundbrunnen in Bielefeld um 1666 (Quelle: F. Kaspar 1993)

Von der Quelle zum Kurpark

Im Grunde waren es die Heilquellen, die OWL mit ihrer geologisch bedingten Fülle zum "Heilgarten Deutschlands" gemacht haben. Darüber hinaus hatten Quellen aber immer schon eine besondere Bedeutung für das Leben und Überleben der Menschen und waren seit alters her ein entscheidendes Kriterium für ihre Ansiedlung.

Die Nutzung einzelner Quellen als Gesundbrunnen lässt sich in Westfalen seit dem späten Mittelalter nachweisen.

Erst zu Beginn des 18. Jh.s intensivierte sich jedoch der dafür betriebene Aufwand wie z. B. der Schutz der Quellen vor Verunreinigungen durch Brunnenhäuser. Meist folgte danach die Bereitstellung von Badegelegenheiten. Erst als letztes wurden Beköstigungs- und Unterbringungsmöglichkeiten an­geboten.

Mit den wachsenden Ansprüchen der Gäste, zunächst vornehmlich des Adels, stieg auch der finanzielle Aufwand. So entwickelten sich die einfach eingerichteten Gesundbrunnen und die auflebenden Kurorte zunehmend auseinander.

Noch Anfang des 20. Jh.s mussten die Gewinne in einer relativ kurzen Badesaison erzielt werden. So dauerte der Badebetrieb in Bad Driburg um 1914 nur vom 15. Mai bis 15. Oktober. Die eigentliche Saison war noch deutlich kürzer, nämlich von Juli bis September. Zu dieser Zeit finanzierten weniger als 400 Gäste jährlich den kompletten Kurbetrieb.

Da die Brunnen fast ausnahmslos außerhalb der Orte lagen, war es notwendig, zunächst die vorhandenen Zu­fahrtswege auszubauen. Erst danach kam es zur Gestaltung der die Gebäude umgebenden Flächen. Bis ins 19. Jh. geschah dies in der Regel durch Anlage einzelner Alleen.

Abb. 2: Brunnenallee von Bad Driburg im 17. Jh. mit dem in Eichenholz gefassten Quellbecken (Quelle: Monumenta Paderbornensia 1672)

So ließ z. B. der Paderborner Fürstbischof Ferdinand von Fürstenberg "damit man bequemer, aus dem, durch Gesundheit und Körperheilung berühmten Driburger Sauerbrunnen schöpfen könne, auf dem feuchten Boden einen Weg anlegen und ließ ihn, des Spazierens wegen, mit Bäumen bepflanzen, förderte so den Ruhm der Quelle und den allgemeinen Nutzen" (aus: Monumenta Paderbornensia 1669).

Bis ins späte 18. Jh. hinein be­schränkte sich die Gestaltung meist auf sogenannte "Kreuzalleen", also von Alleen, die sich in der Regel im Bereich des Brunnenhauses kreuzten. Einen ersten barocken Kurgarten gab es 1767 in Bad Meinberg. Bei diesem Brunnenplatz dominierten zwar noch baumbestandene Promenaden, dazwischen entstanden aber auch schon offen gestaltete Flächen. Bereits 1785 wurden der Platz nach Plänen von Christian Cay Lorenz Hirschfeld, einem der pro­filiertes­ten Gartentheoretiker seiner Zeit, im Stile eines "Englischen Landschaftsgartens" umgestaltet und die umgebende Landschaft dabei in die Gestaltung einbezogen.

In Bad Oeynhausen wurde 1847 ein Plan von Peter Joseph Lenné, einem der bedeutendsten Gartenbaumeister seiner Zeit, zur städtebaulichen Grundlage. Sein Konzept sah eine große Straßenschlaufe (West- und Ostkorso) südlich der damaligen Chaussee von Minden nach Herford vor. Entlang dieser Schlaufe wurden die Logierhäuser (= Gasthäuser) gebaut, während der Innenraum als Landschaftspark gestaltet und hierin die Kur- und Badehäuser errichtet wurden.

Dennoch blieben umfangreiche über Alleen hinausreichende Garten- und Parkanlagen bis ins 20. Jh. selten und meist auf die großen Kurorte be­schränkt.

Aktuelle Situation der Kurorte

Betrachtet man die Verbreitung aktueller und ehemaliger Kurorte in NRW, so stellt man eine deutliche Häufung in Ostwestfalen-Lippe fest. Dies hat seine Ursache in der besonderen geologischen Situation des Raumes: Entlang be­stimmter Achsen dringen die häufig kohlensäurehaltigen Mineralwässer teils bis direkt an die Oberfläche (s. Beitrag Müller). So weist allein Bad Meinberg 15 staatlich anerkannte Heilquellen auf.

Die Region Ostwestfalen-Lippe verfügt damit aus ihrer Geschichte heraus über wichtige Kompetenzen im Kur- und Bäderwesen. Durch die Einsparungen im Gesundheitswesen sind viele Kurorte in der Vergangenheit jedoch teilweise massiv unter Druck geraten, was gelegentlich auch zu Lasten des Pflegestandards der Kurparks ging.

Parallel dazu hat sich das Kurverhalten deutlich verändert: Während früher die von der Krankenkasse bezahlte Kur aus medizinischen Gründen die Regel war und das Gros der Kurparkbesucher ausmachte, sind heute fast die Hälfte der Besucher Urlauber, die Erholung und ein besonderes Gesundheitserlebnis suchen.

Angesichts dieses steigenden Inte­resses an gesundheitsbezogenen Freizeitaktivitäten und naturnahen Genusserlebnissen haben die großen und auch viele der kleineren Kurorte mittlerweile Marktlücken kreativ besetzt und sich mit spezialisierten Angeboten positioniert.

Abb. 3: Der hufeisenförmige Kurpark in Bad Oeynhausen (Foto: LWL-Amt für Landschafts- und Baukultur in Westfalen)

Heutige Gestaltung der Kurparks

In Ostwestfalen-Lippe existieren fünf große Heilbäder: Bad Oeynhausen, Bad Salzuflen, Bad Meinberg, Bad Lippspringe und Bad Driburg.

Die mehr als 150-jährige Geschichte des Kurparks von Bad Oeynhausen spiegelt sich sowohl in der Gartengestaltung als auch im Ensemble historischer Bauten der klassischen Bäderarchitektur wider. Der Kurpark wurde Mitte des 19. Jh.s nach Plänen von Peter Joseph Lenné, dem Generaldirektor der kö­niglichen Gärten in Preußen, angelegt (Abb. 3).

Das Ensemble aus Kurpark und Landschaftsgarten des ab 1895 stark expandierenden Staatsbades Bad Salzuflen ist mit einer Ausdehnung von insgesamt 120 ha eines der größten seiner Art. Der Rosengarten lässt einen Besuch in Kombination mit der salzig-frischen Luft entlang des Gradierwerks zu ei­nem Erlebnis wer­den. Ein be­son­deres Highlight ist das neue "Er­lebnis Gradierwerk".

Abb. 4: Kurparks in Ostwestfalen-Lippe (Quelle: Ostwestfalen-Lippe Marketing GmbH, verändert)

Die heilkräftigen Quellen in Bad Meinberg sind spätestens seit dem 17. Jh. bekannt. Um die Quelle wurde ab 1767 der Brunnenplatz, ein ba­rocker Kurgarten, angelegt. Bis heute wurde er immer wieder den Erfordernissen eines modernen Kurbetriebs angepasst. Der terrassierte Bergkurpark wird durch seine geometrische Gestaltung geprägt. Eine Besonderheit stellt das "Silvaticum" dar, ein Park, in dem Waldlandschaften aus 14 Regionen der Erde vorgestellt werden.

Das Heilbad Bad Lippspringe ist durch seine vielen Fluss- und Heilquellen sowie durch seine schönen Parkanlagen bekannt. Der 1841 nach romantischen Vorstellungen angelegte Arminiuspark wurde 2000 zum "Allergologischen Kommunikationspark" umgestaltet. Den Mittelpunkt des Kaiser-Karls-Parks bildet die bei Dunkelheit illuminierte Fontäne der Martinusquelle, die mit 27,8°C die wärmste der Bad Lippspringer Heilquellen ist und mit einer Schüttung von 3.000 L pro Minute zu den bundesweit am stärksten sprudelnden Mineralquellen zählt.

Der Gräfliche Park Bad Driburg ist einer der schönsten Landschaftsgärten Deutschlands. Er verbindet historische Bestandspflege, zeitgenössische Gartenkunst und moderne Nutzungserfordernisse. Daher wurde er auch als Ankergarten des Europäischen Gartennetzwerks EGHN (www.eghn.eu) ausgewählt (s. Beitrag Woltering). Caspar Heinrich von Siers­torpff (1750-1842) schuf einen ersten kleinen Landschaftspark. Durch die nachfolgenden Generationen wurde der Park nach und nach auf die heutige Größe von über 60 ha erweitert.

Wie die Übersichtskarte (Abb. 4) verdeutlicht, befinden sich die übrigen acht Kurparks vornehmlich im Vorland des Wiehengebirges oder des Teutoburger Waldes/Eggegebirges.

Weitergehende Informationen zu den Kurparks und den historischen Garten- und Parkanlagen finden sich auch im Internet unter www.gaerten-in-westfalen.de (s. auch Beitrag Woltering).

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Weiterführende Literatur/Quellen

Erstveröffentlichung 2009