CLAAS – ein innovatives Unternehmen aus Westfalen

01.01.2007 Carola Bischoff

Inhalt

Die CLAAS-Gruppe ist ein sehr erfolgreiches Unternehmen mit rund 8.130 Mitarbeitern weltweit und Hauptsitz in Harsewinkel (Kreis Gütersloh). Der Betrieb arbeitet in drei Bereichen der Maschinenbautechnik, wobei das Segment der Landtechnik mit 92% des Gesamtumsatzes von 2,1753 Mrd. Euro (2005) dominiert. Im Segment der Fertigungstechnik (ca. 7%) werden vor allem Fertigungsanlagen für die Automobil- sowie Luft- und Raumfahrtindustrie hergestellt. Das Segment der Industrietechnik mit Antriebselementen und Gelenken für Nutzfahrzeuge nimmt zwar 2005 erst ein Prozent des Umsatzes ein, weist aber erhebliche Wachstumsraten (21,7%) im osteuropäischen Zukunftsmarkt auf.

Abb. 1: Umsatz nach Regionen in Mio. EUR 2005 (Quelle: CLAAS Geschäftsbericht 2005)

Unternehmensstrategien mit dem Ziel, Erfolg zu ernten

► Marktsicherung:
Die den Weltmarkt prägenden Kernprodukte der CLAAS-Gruppe sind Mähdrescher und selbstfahrende Feldhäcksler aus dem Bereich der Landtechnik. 50% aller Feldhäcksler weltweit wurden im Jahr 2005 von CLAAS hergestellt. "In Europa stammt deutlich mehr als jeder dritte verkaufte Mähdrescher von CLAAS, in Deutschland jeder zweite. In Frankreich sind wir zum ersten Mal im Bereich Landtechnik zum Marktführer avanciert" (CLAAS 2005, S 15). Die Absatzkerngebiete liegen in Westeuropa, wobei Deutschland und Frankreich die mit Abstand wichtigsten Teilmärkte darstellen (Abbn. 1 u. 2).

Mit der Entwicklung des Mähdreschers 1936 begann die Arbeit der Firma CLAAS. Als besonders erfolgreich erwies sich das Mähdrescher-Modell LEXION, das erstmalig 1995 vom Band ging: Nur 10 Jahre später ist das 20.000ste Fahrzeug mit modernster Technik und großem Bord-Komfort geliefert worden.

1973 erfand CLAAS den selbstfahrenden Feldhäcksler, der in allen Regionen der Welt eingesetzt wird, in denen Grünfutter und Mais zerkleinert, gelagert und als Silage zur Tierfütterung verwendet werden.

► Markterschließung:
Globalisierung wird hier nicht allein als Ausweitung des Vertriebs- und Servicenetzwerks verstanden, sondern auch als Nutzung lukrativer Produktionsstätten. "Wir verdichten schrittweise unser Netz von Produktionsstandorten, die nicht nur komplette Maschinen ausliefern, sondern auch Komponenten und Baugruppen fertigen, die in lokalen Fertigungsstätten rund um die Welt zu vollständigen Produkten montiert werden können" (CLAAS 2005, S. 23).
Abb. 2: Standorte der CLAAS-Gruppe 2005 (Quelle: CLAAS Geschäftsbericht 2005)
Im Mai 2005 hat CLAAS sein erstes Mähdrescher-Werk in Krasnodar in der Kornkammer Südrusslands eröffnet (Abb. 2). Krasnodar hat nicht nur 800.000 Einwohner in einer Region mit über fünf Mio. Menschen, sondern ist Standort der größten Agraruniversitätsstadt mit 20.000 Studierenden - potenziellen künftigen Facharbeitern des Unternehmens. CLAAS sieht hier große Expansionschancen, da eine großmaßstäbige Agrarbetriebsstruktur (5.000-20.000 ha große Flächen) vorherrscht und in den GUS-Staaten nach Schätzungen der Welternährungsorganisation (FAO) das größte Wachstum der Getreideproduktion zu erwarten ist. Es wird angenommen, dass in Russland derzeit nur etwa die Hälfte der tatsächlich benötigten Maschinenkapazität für Aussaat und Ernte vorhanden ist.

Der nordamerikanische Markt stellt eine interessante Herausforderung dar. Der Mittlere Westen der USA, der vor allem durch weite Mais- und Sojafelder gekennzeichnet ist, fragt professionelle, anspruchsvolle Produkte nach. Während bei den selbstfahrenden Häckslern die Marktführung bereits erreicht ist, stellt die Verdopplung des Mähdrescherabsatzes immerhin einen bedeutenden Meilenstein dar. Nach dem Markteinbruch in Südamerika (-35%) aufgrund anhaltender Dürrefolgen ist kaum eine Erholung in Sicht. Hinzu kommen Währungsprobleme, steigende Energie- und sinkende Getreidepreise (CLAAS 2005, S.56).

Zuerst als deutsch-indische Joint-Venture-Gesellschaft gegründet, ist in Faridabad unweit der Hauptstadt Dehli seit 2002 eine 100%ige Tochter der CLAAS-Gruppe entstanden und damit die Platzierung am asiatischen Markt gelungen. Kompakte Reismähdrescher für den ganzen asiatischen Raum bieten Lösungen für schwierige Erntegebiete, die nicht für den Einsatz von Großmaschinen geeignet sind. "Das hohe Bevölkerungswachstum und die starke Position als Agrarland machen Indien zu einem wichtigen und schnell expandierenden Markt für Landmaschinen" (CLAAS 2005, S. 25).

► Innovation:
Ein dritter Strategiezweig verfolgt die Einführung neuer Produkte in den Kernmärkten. So übernahm 2003 CLAAS die mehrheitlichen Anteile am französischen Traktoren-Hersteller RENAULT Agriculture und verband das Know-How beider Unternehmen. Die Kunden honorierten diese Transaktion mit einer Verdopplung des Umsatzes in Frankreich und einem deutschen Marktanteil im Traktorengeschäft von über 7% (2005). Die Markenallianz von RENAULT Agriculture und CLAAS wandelte sich erfolgreich zur Monomarke CLAAS.

Mit vier Traktortypen entwickelt das Unternehmen Innovationen vor allem im Bereich der High-End-Produkte. Der XERION verbindet die Eigenschaften eines Traktors mit denen eines Trägerfahrzeugs für landwirtschaftliche Arbeitsmaschinen auf höchstem technischem Niveau.

Weitere Innovationen stellen ein Spezialfahrzeug mit nur einem Meter Außenbreite für den Wein-, Obst- und Sonderkulturanbau sowie die technische Neuerung des "eDrive" dar. Das Tochterunternehmen AGROCOM mit Sitz in Bielefeld entwickelte die Hard- und Software für eine automatische Traktorlenkung ("eDrive"), die mittels Satelliten gestützter Datenübertragung vollautomatische Anschlussfahrten bei der Saat oder Düngung ermöglichen, so dass sowohl Auslassungen als auch Spurüberlappungen minimiert werden. AGROCOM bietet ebenfalls EDV-Programme zur lückenlosen Dokumentation von der Einsatzplanung bis zur Leistungskontrolle inkl. des Energieeinsatzes an.

► Diversifikation:
Nicht allein für die Agrarwirtschaft, sondern für verschiedene industrielle Branchen bietet die Fertigungstechnik, die 2005 einen Umsatzanteil von 7% erreicht, strategische Zukunftschancen. Entstanden aus dem Werkzeugbau werden heute komplexe Fertigungsanlagen zu zwei Dritteln für die Automobilindustrie und zu einem Drittel für die Luftfahrtindustrie konzipiert. Einen wesentlichen Beitrag hat hierzu die Übernahme der Brötje Automation GmbH (Wiefelstede) geleistet, so dass CLAAS zum Weltmarktführer für Verbindungstechnik in der Luftfahrtindustrie (Montagezellen für Flugzeugrümpfe und Tragflächenteile) avancierte. Die jeweiligen Kernkompetenzen wurden über eine Technologiebrücke ausgetauscht, so dass heute die im Karosserie-Leichtbau dominierenden Werkstoffe Stahl und Aluminium hoch effizient bearbeitet werden können. Für die Autoindustrie wurde u. a. eine Fertigungsanlage für Kurbelwellen konstruiert, gefertigt und in China installiert.

Weitere Bereiche der Diversifikationsstrategie liegen in der Zusammenarbeit mit Drittfirmen, um den Bereich der Industrietechnik, die erst ein Prozent des Jahresumsatzes 2005 ausmacht, zu entwickeln. Als Systemlieferant für Antriebstechnik und Hydraulik wurden Lastschaltgetriebe in Sonderfahrzeugen mit extremer Geländegängigkeit oder auch Hydraulikventile zur Regelung ultrastarker Motoren auf Bohrinseln hergestellt.

Schließlich hat CLAAS früh die Bedeutung der Finanzdienstleistung erkannt, denn die Kaufentscheidung wird unterstützt, wenn das Finanzierungsrisiko der Kunden kalkulierbar bleibt. So bietet CLAAS neben der klassischen Kreditfinanzierung auch Leasing und Mietprogramme an, um die Anschaffungskosten zu minimieren. Mit dem Unternehmensbereich CLAAS Financial Services ist 1999 neben den Produktions- und Vertriebsgesellschaften ein drittes Standbein des Kernsegments Landtechnik entwickelt worden, das inzwischen in elf Ländern vertreten ist.

Der Blick in die Zukunft

Gute Chancen rechnet sich das Unternehmen außerhalb der westeuropäischen Kernmärkte in den zehn neuen Mitgliedstaaten der Europäischen Union aus, denn die "Unsicherheit über die künftigen Einnahmen der Landwirte weicht und löst in Verbindung mit guten Ernteerwartungen den Investitionsstau langsam auf" (CLAAS 2005, S. 15). Auch das übrige Osteuropa (insb. Russland) und Asien (insb. Indien) werden im Fokus geschäftlicher Aktivitäten liegen.

Neue Wachstumsimpulse werden sich aufgrund des integrierten Traktorengeschäfts in das Vertriebsnetz ergeben.

Innerbetrieblich ist es in den letzten Jahren gelungen, die Produktionseffizienz zu steigern und die Kostenstrukturen zu verbessern. Die entsprechenden Programme sollen weitergeführt werden. Als Risiken werden die instabilen Preise auf dem Energie- und Stahlmarkt eingeschätzt, die als wesentliche Rohstoffe die Kosten mitbestimmen.

Beitrag als PDF-Datei ansehen/speichern (Größe: < 1 MB)

↑ Zum Seitenanfang


Weiterführende Literatur/Quellen

Erstveröffentlichung 2007