Ausländeranteile in Westfalen 2015

06.12.2016 Peter Wittkampf

Inhalt

Abb. 1: Ausländische Bevölkerung und deren Anteile an der Gesamtbevölkerung 2015 sowie Steigerungsraten gegenüber 2014 (Quelle: www.it.nrw.de)

Anteile, räumliche Verteilung und Entwicklung

Im Landesteil Westfalen-Lippe lebten am 31.12.2015 insgesamt 885.058 Ausländer. Das bedeutet eine Steigerung der Ausländerzahl gegenüber dem Vorjahr (2014) um 11,1%. Gleichzeitig markiert dies einen "Rekord" bei den Steigerungsraten gegenüber den jeweiligen Vorjahren, denn 2012–2013 hatte diese Rate noch ca. 4% betragen, 2013–2014 ca. 6%.

In Westfalen-Lippe betrug der Anteil der Ausländer an der Gesamtbevölkerung im Jahr 2015 10,8%. Hiervon zu unterscheiden ist die Quote der Menschen mit Migrationshintergrund (s. Beitrag Wittkampf), die im Jahr 2014 in Westfalen-Lippe 22,4% betrug. In diesem Beitrag soll es jedoch speziell um die Ausländeranteile gehen.

Die räumliche Verteilung der Ausländer in Westfalen-Lippe ist sehr unterschiedlich (Abb. 1). Die entsprechenden Zahlen bewegen sich zwischen etwas mehr als 6.000 im Kreis Höxter und fast 98.000 in Dortmund. Ausschlaggebend für die Entwicklung dieser Disparitäten waren einerseits die wirtschaftlichen Strukturen, die insbesondere dort, wo es reichlich Arbeitsmöglichkeiten gab und gibt, zu einem verstärkten Zuzug zunächst von Arbeitskräften oder Arbeitsuchenden führten, während z.B. der strukturschwache Kreis Höxter in dieser Hinsicht deutlich weniger Möglichkeiten bot. Andererseits entwickelte der Zuzug von Ausländern eine besondere Dynamik in den größeren Städten und dort, wo bereits in früheren Jahren relativ viele Menschen ansässig geworden waren, auf deren "Wegbereiterfunktion" neu Zuziehende nun ihre Hoffnung setzten konnten. So weisen Bielefeld sowie die Ruhrgebietsstädte Gelsenkirchen, Bochum, Dortmund, Hagen, Hamm und Herne ausgesprochen hohe Anteile an ausländischer Bevölkerung auf. Dies zeigt sich nicht nur an den absoluten Zahlen, sondern auch an den Ausländeranteilen im Verhältnis zur jeweiligen Gesamtbevölkerung, wobei die Quoten bei etwa 15% liegen, in Gelsenkirchen sogar bei 19%. Ähnliches gilt im Prinzip, wenn auch mit weniger hohen Quoten, beispielsweise für die Kreise Recklinghausen und Gütersloh sowie für den Märkischen Kreis. Dort haben Arbeitsmöglichkeiten im verarbeitenden Gewerbe relativ viele Zuwanderer aus dem Ausland angelockt. Ausländeranteile von über 10% sind hier die Regel. Dagegen bleiben die Ausländeranteile im Münsterland sowie in weiten Teilen Ost- und Südwestfalens z.T. deutlich unter der 10%-Marke.

Interessant ist auch die Entwicklung, die in Bezug auf die ausländische Bevölkerung in jüngster Zeit zu beobachten ist. Vor allem durch den Zuzug von Flüchtlingen wuchs von 2014 bis 2015 die Anzahl der Ausländer z.T. deutlich an. Die räumlich unterschiedlichen Steigerungsraten sind hierbei teilweise auf die Standorte der Erstaufnahmeeinrichtungen zurückzuführen.

Abb. 2: Herkunftsstaaten der Ausländer und Anteil der größten Ausländergruppe an allen Ausländern 2015 (Quelle: www.it.nrw.de)

Herkunftsländer

Nachdem in den 1960er Jahren "Gastarbeiter" zunächst aus Südeuropa nach Deutschland gekommen waren, folgten bald auch aus der Türkei weitere "Arbeitsmigranten". Ab ca. 1970 erhöhte sich die Zahl der hier lebenden Türken deutlich durch den Familiennachzug, ab ca. 1980 folgte eine weitere Zuwanderungswelle wegen der politischen Verhältnisse in der Türkei. Die Folge dieser Entwicklungen war, dass die Migranten aus der Türkei auch gegenwärtig noch in den meisten Kreisen und kreisfreien Städten Westfalens die größte Ausländergruppe bilden, und das, obwohl inzwischen sehr viele Menschen, die ihre familiären Wurzeln in der Türkei haben, die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen und nicht als Ausländer zählen. In Gelsenkirchen, Bottrop, Hamm und Herne sowie in den Kreisen Recklinghausen und Unna waren 2015 jeweils rund 40% der dort lebenden Ausländer Türken.

Insbesondere dort, wo weder im Bergbau noch im verarbeitenden Gewerbe sehr viele türkische Zuwanderer Arbeit fanden, wirkte sich die Erweiterung der Europäischen Union der letzten Jahre entscheidend auf die Ausländeranteile aus. So galt ab 2011 für Polen und vom 01.01.2014 an für Rumänen und Bulgaren die volle EU-Freizügigkeit. Aber schon vorher waren viele Zuwanderer aus diesen Ländern wegen der besseren Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten nach Deutschland – und eben auch nach Westfalen – gekommen. In vielen Kreisen und Städten bilden die Polen inzwischen die zweitstärkste Ausländergruppe, in Münster und in den Kreisen Coesfeld und Gütersloh sogar die größte. Eine Sprecherin der Kreisverwaltung Gütersloh führt die hohe Zahl von Polen auf deren Beschäftigung in der Fleischindustrie im Kreis Gütersloh zurück.

Tab. 1: Zu- und fortgezogene Ausländer in Westfalen-Lippe 2014 (Quelle: www.it.nrw.de)

Auch aus Rumänien kamen relativ viele Menschen. In einer Untersuchung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge wird darauf hingewiesen, dass bis vor wenigen Jahren Italien und Spanien die Hauptzielländer z.B. für geringqualifizierte Rumänen waren. Durch die Wirtschaftskrise in Südeuropa gehört jetzt Deutschland zu den bevorzugten Zielländern für Migranten aus Rumänien.

Das Gelingen der Integration mancher Gruppen kann für die Verantwortlichen mancherorts, z.B. in der Dortmunder Nordstadt, durchaus eine Herausforderung darstellen.

Die gerade erwähnte Wirtschaftskrise in Südeuropa hat dazu geführt, dass auch Italiener, Spanier usw. wieder verstärkt nach Deutschland bzw. auch nach Westfalen zuwandern.

Speziell im Kreis Borken bilden die Niederländer die größte Ausländergruppe. Viele Niederländer haben sich wegen der auf deutscher Seite für sie günstigen Immobilien u.a. dort niedergelassen (s. Beitrag Thiesing).

Die Flüchtlinge aus Syrien und anderen Krisenregionen haben seit 2014 entscheidend dazu beigetragen, dass die entsprechende Gruppe in vielen Kreisen und Städten Westfalens zur dritt- oder sogar zur zweitstärksten Ausländergruppe wurde.

Bei den Türken ist eine Tendenz zu einer – auch zahlenmäßig durchaus nennenswerten – Rückwanderung zu beobachten, vor allem nach Erreichen des Rentenalters. Die Zahl der entsprechenden Fortzüge war 2014 sogar höher als die Zahl der Zuzüge aus der Türkei.

Einen Überblick über die Zu- und Fortzüge der zahlenmäßig wichtigsten Ausländergruppen im Jahr 2014 gibt Tabelle 1.

Einbürgerungen

Unter bestimmten Voraussetzungen (in der Regel acht Jahre Aufenthalt in Deutschland, Sprach- und Einbürgerungstest u.a.) können Ausländer auf Antrag eingebürgert werden. Diese Möglichkeit wurde 2015 in Westfalen-Lippe noch von 10.276 Personen genutzt, die entsprechenden Zahlen sind rückläufig. Statistisch gesehen waren es 2015 noch 11,6 Personen pro 1.000 Ausländer (s. Beitrag Wittkampf).

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Weiterführende Literatur/Quellen

Erstveröffentlichung 2016