Die Textilketten Takko, KiK und Ernsting‘s family

01.01.2013 Peter Wittkampf

In Westfalen sind die Hauptverwaltungen dreier Textilketten beheimatet, die deutschland- und europaweit zu den führenden Anbietern preisgünstiger Bekleidung und Wäsche zählen: Takko, KiK und Ernsting's family. Diese Unternehmen gehören mit ihren Filialen zum prägenden Bild der Einzelhandelsstruktur vieler Städte, Stadtteile und Gemeinden.
Abb. 1: KiK-Filiale in Telgte (Foto: P. Wittkampf)

Dabei gelten die Unternehmen Takko, deren Zentrale sich in Telgte befindet, und KiK aus Bönen (Kreis Unna) als Textil-Discounter, nicht jedoch Ernsting's family aus Coesfeld-Lette, obwohl auch dieses Unternehmen sich eher im Segment der preiswerten Textilien bewegt. Auch Takko möchte sich inzwischen vom Image eines reinen Discounters lösen.

Gemeinsam ist allen drei Unternehmen die Philosophie, speziell für Familien und für "den schmalen Geldbeutel" Wäsche und Textilien anzubieten. Vor allem bei KiK sind zusätzlich noch z. B. Geschenkartikel, Accessoires, Spiel- und Schreibwaren etc. zu bekommen.

Im Gegensatz zu Ernsting's family, das sich seit dem Gründungsjahr 1967 als Familienunternehmen entwickelte, sind Takko und KiK spätere Gründungen großer Handelsunternehmen, deren Mehrheitseigner heute Gesellschaften bzw. Fonds sind.

Abb. 2: Filiale von Ernsting's family in Telgte (Foto: P. Wittkampf)

Außer dem Ziel, preiswerte Textilien anzubieten, haben die drei Unternehmen u.a. noch folgende Gemeinsamkeiten:

1. Alle drei Unternehmen suchen für ihre Filialen jeweils nicht unbedingt nur die zentralsten Lagen städtischer Zentren, sondern gerne auch die Nebenzentren, die Kernrandlagen, die Nähe zu Verbrauchermärkten oder Viertel mit einem höheren Prozentsatz an Wohnbevölkerung. Auch kleinere Orte, nicht nur die Großstädte, sind willkommene Filialstandorte. Einerseits können so, durch weniger hohe Ladenlokalmieten, die Preise niedrig gehalten werden, andererseits lässt sich so auch das Prinzip einer bewussten Kundennähe besser verwirklichen.

2. Alle drei Unternehmen legen jeweils Wert auf ein bestimmtes, individuelles Ladendesign bzw. Store-Konzept

3. Es werden permanent neue Filialimmobilien gesucht. Alle drei Unternehmen expandieren weiter, auch im Ausland. Dabei haben sich KiK und Takko in den letzten Jahren insbesondere auch in Osteuropa engagiert. Die dortigen Marktchancen erscheinen wegen der niedrigen Preise der Produkte gut.

Kasten 1: Ernsting – gemeinnütziges Engagement

4. Die Lagerhaltung – insbesondere die in den jeweiligen Zentrallagern – entspricht modernsten Standards. KiK und Ernsting's family führen ihr Zentrallager jeweils an ihren Stammsitzen in Bönen bzw. Coesfeld-Lette. Takko dagegen nahm 2011 das neue Zentrallager in Winsen (Luhe) in Betrieb, also an einem Standort, der z. B. vom Containerhafen Hamburg aus gut erreichbar ist. In Telgte, der Unternehmenszentrale von Takko, ist somit die Anzahl der Mitarbeiter/-innen niedriger als die an den Standorten Bönen bzw. Coesfeld-Lette, da die Zahl der in Vertrieb und Logistik Beschäftigten eine erhebliche Rolle spielt.

5. Alle drei Unternehmen engagieren sich – im Rahmen ihres Sponsoring – für soziale bzw. kulturelle Ziele, Aufgaben oder Organisationen. Insbesondere der Familie Ernsting verdanken viele Institutionen – gerade auch in Westfalen – entscheidende Hilfen (Kasten 1). Der 2011 verstorbene Kurt Ernsting, Ehrenbürger der Stadt Coesfeld, war für sein Engagement u. a. mit dem Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland geehrt worden.

6. Die Ideale der Nachhaltigkeit und fairer Arbeitsbedingungen, gerade auch in den Produktionsländern, werden als wichtige Ziele definiert.

Abb. 3: Takko-Filiale in Telgte (Foto: P. Wittkampf)

Speziell die Produktionsbedingungen der Discount-Waren sorgen allerdings immer wieder für kritische Presseberichte. So wurde beispielsweise im November 2012 bekannt, dass Textilien für Takko u. a. auch in chinesischen Gefängnissen hergestellt wurden. Aber auch sonst wird oftmals von menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen bei der Warenproduktion berichtet.

Dass Jeans-Waren für weniger als 10 Euro oder Shirts für unter 5 Euro verkauft werden können, wie dies etwa bei KiK der Fall ist, ist nur möglich bei äußerst niedrigen Lohn- und Produktionskosten. Um diese zu realisieren, ist man auf die entsprechenden Produktionsländer angewiesen. Bei KiK etwa kommen ca. 60% der Waren aus China, ca. 20% aus Bangladesh. Die – vor allem in einigen asiatischen Ländern herrschenden – Bedingungen machen es in der Tat nicht immer leicht, die in Deutschland gesetzten Standards dort in jedem Falle zu verwirklichen. Wenn ein kompliziertes System von Vermittlungsagenturen und Subunternehmern die westlichen Auftraggeber überfordert, wenn, wie z. B. im Falle Chinas, der Staat selbst Produktionsaufträge vergibt oder lenkt, oder wenn sowohl die Sozial- als auch die Infrastruktursysteme mangelhaft entwickelt sind, bedarf es schon besonderer Anstrengungen, um die – hier im Westen als selbstverständlich anerkannten – sozialen und ökologischen Prinzipien so gut wie eben möglich zu verwirklichen.

Die europäischen Kunden müssen sich klar darüber sein, dass andere Produktionsstandorte auch andere Verkaufspreise zur Folge hätten.

Tab. 1: Takko, KiK und Ernsting's family im Vergleich (Geschäftsjahr 2011/12) (Quelle: eigene Zusammenstellung nach Unternehmensinformationen)

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Weiterführende Literatur/Quellen

Erstveröffentlichung 2013