weiterer Autor: Wilfried Stichmann
Waldpädagogische Einrichtungen in Westfalen
Wälder sind schon seit geraumer Zeit beliebte "außerschulische Lernorte". Unterrichtgänge mit dem Förster gab es bereits im 19. Jh. Aber erst in der zweiten Hälfte des 20. Jh.s rückte der Wald nachdrücklich in das Interesse des Naturschutzes und der Naturschutzerziehung. Die Diskussion um das "Waldsterben", das - obwohl es kaum an Brisanz verlor - inzwischen zum "immissionsbedingten Baumsterben" herabgestuft wurde, war einer der maßgeblichen Gründe dafür.
Zuvor war schon einmal "Wald in Not", als nach dem Zweiten Weltkrieg bis Anfang der 1950er Jahre in Folge von Reparationsforderungen der Siegermächte großflächig Wälder kahl geschlagen wurden. Damals war schnelles Handeln unter Mitwirkung der Bevölkerung - vor allem der Schulen und Jugendverbände - erforderlich, um Erosion und Deflation sowie weiteren Umweltschäden durch Neuaufforstung vorzubeugen. Aus den Waldeinsätzen der Jugend entwickelten sich die Jugendwaldheime. Diese vermitteln bis auf den heutigen Tag jungen Menschen - insbesondere aus waldfernen Ballungsräumen - Wissen und Walderlebnisse, vor allem die Möglichkeit zur praktischen Arbeit im Walde bei früher zwei-, jetzt einwöchigen Aufenthalten.
Waldbezogene Umweltbildung
Dieser Kreis, der jährlich zwei bis drei Foren und mehrere Arbeitsgruppensitzungen durchführt, spiegelt am besten den Facettenreichtum der Waldpädagogik. Ihm gehören Pädagogen unterschiedlicher Fachrichtungen ebenso an wie Forstleute, Jäger, Waldbesitzer und Mitglieder von Naturschutz- und Heimatvereinen bis hin zu Freizeitexperten und Touristikern. Sie haben sich darauf verständigt, dass sie unter Waldpädagogik "alle pädagogischen Bemühungen im Wald, für den Wald und zum Thema Wald verstehen, die die sinnliche Wahrnehmungs- und die Erlebnisfähigkeit, das Wissen über den Wald sowie praktische Fertigkeiten im Zusammenhang mit dem Wald fördern."
Die Vermittlung von Informationen im Rahmen der forstlichen Öffentlichkeitsarbeit wird als zentraler Bestandteil der waldpädagogischen Aktivitäten betrachtet, zu denen auch die Wissensvermittlung über Lehr- und Lernpfade gehört.
Bei den waldpädagogischen Einrichtungen handelt es sich außer um die bereits erwähnten Jugendwaldheime um "Waldschulen" und Zentren, die unterschiedliche Bezeichnungen tragen (Waldpädagogische Zentren, Informations-, Naturerlebnis- und Naturschutzzentren) bis hin zum Wald- und Forstmuseum Kalletal-Heidelbeck und zur Wald-Akademie in Arnsberg-Voßwinkel.
Weitere - hier nicht berücksichtigte - Aktivitäten gehen von den "Rollenden Waldschulen" der Jäger in den einzelnen Kreisen Westfalens aus.
Die Einrichtungen in Zahlen
Die eingangs erwähnten Anlässe für die Gründung waldpädagogischer Einrichtungen spiegeln sich in deren Gründungszeit. Nur 3 der 24 Einrichtungen in Westfalen sind älter als 25 Jahre; 5 wurden in den 1980er und 13 in den 1990er Jahren gegründet, nur 3 danach.
So unterschiedlich wie die Herkunft der Waldpädagogen ist auch die Trägerschaft der Einrichtungen. Zusammen 13 sind in der Trägerschaft von Vereinen, davon 4 von größeren, die sich auch mit anderen Aufgaben befassen und 9 von eigens zu diesem Zweck gegründeten Fördervereinen. Bei vier handelt es sich um Einrichtungen des Landesbetriebes Wald & Holz NRW und bei drei um solche in der Trägerschaft des Regionalverbandes Ruhr. In zwei Fällen sind das Jugendherbergswerk und je ein Mal eine kirchliche Bildungseinrichtung und eine Biologische Station der Träger.
Nur drei Einrichtungen erheben keine Gebühren von den Besuchern (Benutzern). Ebenso viele finanzieren sich überwiegend aus Teilnehmerbeiträgen. Bei 18 Einrichtungen spielen diese Einnahmen eine untergeordnete Rolle. Neben Honorarkräften und Ehrenamtlichen sind in 15 Einrichtungen Personen hauptamtlich beschäftigt.
Von 24 Einrichtungen in Westfalen verfügen 22 über ein Gebäude, 21 über ein Außengelände. In 10 Fällen ist eine Ausstellung, in 9 Fällen - zum Teil zusätzlich - ein Informationszentrum angeschlossenen. Einzelne waldpädagogische Schulen oder Zentren zählen jährlich zwischen 10.000 und 20.000 Besucher, nur einige wenige unter 1.000.
Hauptziele sind eine allgemeine Sensibilisierung für die Natur, die Vermittlung von Grundkenntnissen sowohl zur Waldökologie als auch zur nachhaltigen Nutzung des Waldes und die Förderung der Bildung zu einer nachhaltigen Entwicklung.
Die Verteilung der Einrichtungen über die Fläche ist ungleichmäßig und eher zufällig, was darauf zurückzuführen ist, dass sie nicht nach einem übergeordneten Plan, sondern durch örtliche Initiativen und oft durch das Engagement einzelner Personen entstanden.
Nicht berücksichtigt sind hier die Wald- und Naturkindergärten, weil sie nicht als durch Gebäude örtlich fixierte Einrichtungen zu betrachten sind. Die Idee der Waldkindergärten kam Mitte der 1950er Jahre in Dänemark auf. Die Kinder halten sich während der Betreuungszeit (täglich drei bis viereinhalb Stunden) ausschließlich im Walde auf. Nur bei Sturm und strengerem Frost ziehen sie sich in ihre Schutzhütte zurück, bei der es sich meistens um einen ehemaligen Bauwagen handelt. Die Zahl der Waldkindergärten nimmt zur Zeit noch ständig zu; in Westfalen dürften es heute zwischen 15 und 20 sein.
Weiterführende Literatur/Quellen
• | Stichmann, W. (2001): Die Vielfalt der Waldpädagogik: Lernen mit Kopf, Herz und Hand. Waldpfade mit Erlebnischarakter, Naturkindergärten und Waldschulen. In: LÖBF-Mitteilungen 4/01. Recklinghausen, S. 41-48 | |
• | Stichmann, W. (2003): Waldpädagogik. In: Schulte, A. (Hg.): Wald in Nordrhein-Westfalen, Band 1. Münster, S. 495-515 | |
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Stichmann, W. (2004): Waldpädagogik in Deutschland: Beispiele und Trends. In: Handbuch Naturschutz und Landschaftspflege, 12. Lieferung. Weinheim, S. 2-8 |
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www.sdw-nrw.de |
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www.wald-und-holz.nrw.de |
Erstveröffentlichung 2007