Der Teutoburger Wald

17.12.2019 Richard Pott

Kategorie: Naturraum

Schlagworte: Weserbergland · Geologie · Wald · Teutoburger Wald

Abb. 1: Rippelmarken auf einer Schichtfläche des Osning-Sandsteins am Dreikaiserstuhl bei Brochterbeck (Foto: R. Pott 2015)

Die Geschichte des Teutoburger Waldes beginnt in der unteren Kreidezeit vor ungefähr 140 Mio. Jahren. Große Teile des heutigen Deutschlands waren damals vom Meer überflutet (Keiter 2013, 2014). Das Gebiet des späteren Teutoburger Waldes lag äquatorwärts im warmen Flachwasser nahe der Küste einer großen Insel, der Rheinischen Masse. Sie bildet heute die Grundlage des Sauerlands, der Eifel und der Ardennen (Pott 2014).

In den damaligen flachen Küstengewässern wurden große Mengen Sand abgelagert, die heute zu Sandsteinen verfestigt sind – dem Osning-Sandstein. Dass dieser Sand küstennah abgelagert und dabei immer wieder durch wechselnde Strömungen wie Ebbe und Flut hin und her bewegt wurde, sieht man ihm noch heute an.

Wenn man genau hinschaut, erkennt man seltsame Strukturen innerhalb der Gesteinsbänke – vor allem Rippelmarken und Schrägschichtung (Abb. 1).

Abb. 2: Die durch die Osning-Überschiebung verbogenen Gesteinsschichten im Bereich der Dörenther Klippen sind um etwa 45 Grad nach Südwesten geneigt (Foto: R. Pott 2015)

Dieser Osning-Sandstein bildet heute das herzynisch streichende, morphologische Rückgrat des Teutoburger Waldes, auch Osning genannt, eines von Nordwest nach Südost verlaufenden Höhenzuges am Nordrand der Westfälischen Bucht mit einer Länge von annähernd 100 km. Im Nordwesten, im Ibbenbürener Raum, dem sog. Riesenbecker Osning, trennt sich der Sandstein in drei 65 bis 180 m ü. NN reichende Höhenzüge auf, die jeweils durch tonige Schichten voneinander getrennt sind: der Bocketaler-, der Gravenhorster- und der Dörenther Sandstein (Hendricks & Speetzen 1983). Der Dörenther Sandstein verkörpert dabei mit 110 Mio. Jahren die "jüngste" Formation (Abb. 2). Ihm folgen nach Osten der Bocketaler Sandstein mit etwa 140 Mio. Jahren, repräsentiert im sog. Dreikaiserstuhl weiter in Richtung Tecklenburg. Diese verschiedenen Sandsteinlagen bilden den nördlichen Kamm des Teutoburger Waldes.

Abb. 3: Cenoman-Plänerkalke aus der untersten Stufe der Oberkreide von vor 100–93 Mio. Jahren wurden bei Brochterbeck am östlichen Kleeberg industriell genutzt (Foto: R. Pott 2007)

Im Verlauf der Kreidezeit stieg der Meeresspiegel seinerzeit global stark an, so dass die Küstenlinie damals landeinwärts vordrang. Dort, wo vorher noch die verschiedenen Sandschichten abgelagert wurden, lag jetzt ein tropisches Schelfmeer, in dessen tieferen Schichten ruhige Wasserbedingungen herrschten. Ähnlich wie heute in tropischen Gewässern wurde seit der Kreidezeit feinkörniger Kalkschlamm aus Korallen abgelagert. Zu Kalkstein verfestigt, bildet dieser heute den südlichen Kamm des Teutoburger Waldes – unübersehbar aufgeschlossen in den großen Cenoman-Pläner-Kalk-Steinbrüchen bei Brochterbeck (Abb. 3). Durch Diagenese entstanden Wechselfolgen von Sand- und Kalksteinen (Grabert 1998).

Als Fernwirkung der alpidischen Orogenese kam es im Übergang von der Oberkreide zum Tertiär vor 70 bis 60 Mio. Jahren zu Störungen und Schollenverschiebungen im Bereich des heutigen Teutoburger Waldes: Insbesondere an der Osning-Störungszone wurde die sog. Niedersächsische Scholle über die südwestlich gelegene Münsterland-Scholle geschoben, randlich gefaltet und stellenweise steil aufgestellt bis überkippt.

Abb. 4: Die Felsgruppe der Externsteine entstand während der Gebirgsfaltung vor etwa 70 Mio. Jahren (Foto: R. Pott 2015)

Das wichtigste Ereignis für die Orogenese dieses Mittelgebirges war am Ende der Kreidezeit vor knapp 70 Mio. Jahren das unter Geologen als Osning-Überschiebung bekannte Ereignis, als alle Gesteinsschichten verbogen und um etwa 45 Grad nach Südwesten geneigt wurden. So entstand der markant schmale Schichtkamm des Teutoburger Waldes.

Sehr viel stärker noch als am westlichen Ende des Teuto-Kammes prägt im Raum von Bielefeld und Detmold diese Osning-Überschiebung den geologischen Bau dieses Mittelgebirges: Während in den Dörenther Klippen die Schichten gerade einmal etwas nach oben gebogen wurden, wurden sie hier regelrecht durchgewalkt. Die Sandsteinlagen der Externsteine sind nahezu senkrecht aufgestellt worden (Abb. 4), und im Raum Bielefeld liegen die Gesteinsschichten sogar stark überkippt – das bedeutet, sie wurden so stark verformt, dass heute ehemalige ältere Schichtunterseiten oben liegen.

Abb. 5: Geologischer Querschnitt durch das Stadtgebiet von Bielefeld (Quelle: Keiter 2013, 2014)

Die Osning-Überschiebung, die in Bielefeld genau entlang des Teuto-
Kammes verläuft, hat triaszeitliche Gesteine – mehr als 100 Mio. Jahre älter als der Osning-Sandstein – über die Kreide-Gesteine geschoben und die Schichten in ein komplexes Muster aus kleinen Blöcken zerlegt. Einige der triaszeitlichen Gesteine sind sehr hart und verwitterungsbeständig. Sie sorgen dafür, dass sich im Bielefelder Raum ein dritter Geländekamm zu den Sandstein- und Kalksteinrücken hinzugesellt (Abb. 5). Die Sparrenburg – Wahrzeichen der Stadt – steht auf solchen harten Trias-Gesteinen (Kockel & Baldschuhn 2002).

Die heutigen drei Kämme des zentralen Teutoburger Waldes bestehen zusammenfassend aus Ablagerungen, die unterschiedlichen geologischen Zeiten entstammen: Der südliche Kamm besteht aus Kalkstein der Oberkreide, der in der Mitte gelegene Hauptkamm aus Osning-Sandstein der Unterkreide und der älteste nördliche Kamm wird aus Keuperschichten und Muschelkalken der Trias gebildet. An einigen Stellen wurden später während der Saale- und Weichsel-Kaltzeiten Flugsande und Löss abgelagert (Thiermann 1984, Skupin & Staude 1995).

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Weiterführende Literatur/Quellen

Erstveröffentlichung 2016, Aktualisierung 2019