"Klei" und "Sand" im Regionalplan Münsterland

24.08.2016 Peter Wittkampf

Inhalt

Im Jahr 2014 verabschiedete die Bezirksregierung Münster einen neuen "Regionalplan Münsterland". In ihm werden verschiedene Kulturlandschaften unterschieden, für die jeweils bestimmte Planungsziele vorgegeben werden. Zu diesen Kulturlandschaften zählen einerseits das Tecklenburger Land sowie die zum Münsterland gehörenden Teile des Hellweges und des Ruhrgebietes, an dererseits das Westmünsterland, das Kern- und das Ostmünsterland. Speziell um die letztgenannten drei Landschaften soll es im Folgenden gehen. Der Regionalplan unterscheidet und charakterisiert sie ausdrücklich aufgrund ihrer Böden, wobei für das Westmünsterland "arme Sandböden", für das Kernmünsterland "fruchtbare Klei- (Lehm-Böden)" und für das Ostmünsterland "große, wenig fruchtbare Sandablagerungen" als Charakteristika genannt werden. Dabei verwendet der Regionalplan auch die landläufig gebräuchlichen Bezeichnungen "Kleimünsterland" für das Kernmünsterland und "Sandmünsterland" für das West- und das Ostmünsterland.

Letzteres reicht eigentlich bis zum Osning und bis zur Lippe und schließt die Senne mit ein. Hier soll jedoch nur das zum Regierungsbezirk Münster gehörende Gebiet betrachtet werden, das vom Regionalplan Münsterland abgedeckt und dort entsprechend der Abbildung 1 abgegrenzt wird.

Abb. 1: Die Kulturlandschaften des Münsterlandes (Quelle: Bezirksregierung Münster 2014)

Naturräumliche Grundlagen

Wilhelm Müller-Wille hat in seiner Arbeit "Bodenplastik und Naturräume Westfalens" (1966) die charakteristischen Böden dieser drei Landschaften beschrieben. Danach besteht der Boden des Kern- oder "Klei-Münsterlandes" vorwiegend entweder aus tonigem Grundmoränen-Geschiebelehm, z.B. im Stever-Werse-Plateau, oder aus einem mergeligen Verwitterungsprodukt der anstehenden Mergelkreide. Letzteres ist vor allem in den kernmünsterländischen Erhebungen der Baumberge und der Beckumer Berge der Fall.

Das "Sand-Münsterland" wird dagegen sowohl im West- als auch im Ostteil durch Sandablagerungen geprägt. Diese sind entweder – als Talsande – eiszeitlichen Ursprungs oder durch Schmelzwasser abgelagert worden. Teilweise sind sie auch – als Decksande – äolisch entstanden, vor allem im Westmünsterland. Die Halterner Kreidesande haben vor allem die Borkenberge, die Haard und die Hohe Mark mit aufgebaut.

Speziell im Ostmünsterland finden sich, außer den Sandplatten z.B. bei Sassenberg, Greven-Bevern, Ladbergen, Saerbeck, Elte, Emsdetten und Münster-Handorf, entlang der Ems noch zusätzlich Dünen.

Im Westmünsterland werden die Sandflächen, z.B. die Ahauser oder die Metelener Sandfläche, die Weseker Geest, ergänzt durch Moore, die sich in einigen flachen Grundmoränenmulden gebildet hatten, z.B. in der Merfelder Niederung und in den verschiedenen "Venn"-Gebieten. Viele Moore, wie z.B. das "Amtsvenn", liegen im heutigen Kreis Borken.

Im Ostmünsterland gehörte vor allem die Kattenvenner Mulde zu den moorigen Arealen.

Abb. 2: Sandboden (hier mit Aufforstung) im Nordwesten der Stadt Telgte (Kr. Warendorf), Ostmünsterland, Bauerschaft Verth (Foto: P. Wittkampf)

Kulturräumliche Entwicklung

Das Ertragspotenzial der Böden des "Klei"-Münsterlandes ist deutlich höher als das der Sandböden. Korngrößenstruktur und Ionenaustauschkapazität, Dreischicht-Tonminerale, Huminkolloide und Kalkgehalt – letzterer vor allem in den mergeligen Bereichen – führen in den "Klei"-Gebieten zu Bodenwertzahlen von ca. 60 bis 70, während diese im "Sand"-Gebiet oft nur bei 20 bis 30 liegen.

Die bäuerliche Inwertsetzung der "Sand"-Gebiete war allerdings technisch leichter als die der "Klei"-Gebiete, wo die siedelnden Bauern beispielsweise zum Pflügen eine größere Anzahl starker Arbeitspferde brauchten.

Das Wohlstandgefälle zwischen den "Klei"- und den "Sand"-Bauern bestand also von Anfang an, und es vergrößerte sich bis zum Ende des 19. Jh.s noch. Erst dann konnten es die Bauern des West- und des Ostmünsterlandes deutlich verringern, z.B. durch den Kartoffelanbau und die Verwendung von Mineraldünger.

Abb. 3: Kleiboden (hier: mergeliger Lehm) im Südosten der Stadt Telgte (Kreis Warendorf), Kernmünsterland, Bauerschaft Besterfeld (Foto: P. Wittkampf)

Die Höfe des Kernmünsterlandes waren im Vergleich zu denen des West- und Ostmünsterlandes öfter als Einzelhöfe angelegt und im Durchschnitt größer. Ihre Ackerflächen bestanden in vielen Fällen aus großen Kämpen und Blockfluren. Ihren relativen Reichtum zeigten manche Bauern, indem sie ihre Höfe – analog zu vielen Adelssitzen des Münsterlandes – mit einer Gräfte umgaben (s. Beitrag Bockholt/Weber). Wo es möglich war, wurde, wie etwa in den Baumbergen, gerne der heimische Sandstein für die Hausbauten verwendet.

Im "Sand"-Münsterland dagegen versuchte man in der Regel, die Fruchtbarkeit des Bodens durch Plaggendüngung zu verbessern, und zwar vor allem auf den Esch-Arealen (s. Beitrag Kasielke). Diese – in Langstreifenflur und von mehreren Bauern z.B. eines Drubbels genutzten – Esche ragen durch die Plaggenauflagen noch heute über das Oberflächenniveau der Umgebung erkennbar hinaus. Plaggen gewann man vor allem in den Wäldern und auf den Allmenden bzw. "Marken", also den gemeinschaftlich genutzten Weideflächen. Je mehr Holz und Humus dort entnommen wurde, desto stärker verheideten diese Flächen. Erst nach der Markenteilung im 19. Jh. verbesserte sich die Situation langsam.

Die mehr oder weniger deutlichen wirtschaftlichen und sozialen Unterschiede zwischen dem "Sand"- und dem "Klei"-Münsterland führten zur Herausbildung nicht nur der oben beschriebenen Kulturlandschaftsmerkmale, sondern auch weiterer, jeweils eigener kultureller Besonderheiten. Diese reichen von den unterschiedlichen niederdeutschen Dialektarten des "Sandplatt" und "Kleiplatt" über die verschiedenen Haus- und Baumerkmale bis hin zu unterschiedlichen Aspekten der regionalen Volkskultur.

Abb. 4: Sandboden bei Lienen (Kreis Steinfurt, Ostmünsterland); links das erhöhte Esch-Areal, rechts Teile der Drubbelsiedlung (Foto: P. Wittkampf)

Regionalplanerische Leitbilder

Der Regionalplan Münsterland von 2014 formuliert u.a. folgendes Ziel: "Bei raumbezogenen Planungen und Maßnahmen sind der Charakter der Kulturlandschaften mit ihren bedeutsamen Kulturlandschaftsbereichen und -elementen, Bau- und Bodendenkmälern sowie die historisch wertvollen Orts- und Landschaftsbilder zu bewahren und weiterzuentwickeln" (S. 22). Dieses Ziel wird in einer Reihe von "Leitbildern" näher entfaltet, wobei der Regionalplan im Wesentlichen dem im Jahr 2007 vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe verabschiedeten "Kulturlandschaftlichen Fachbeitrag zum Regionalplan Münsterland" folgt.

Durch die "Leitbilder" sind z.B. die Kommunen bei ihren Planungen gehalten, u.a. folgende Kulturlandschaftselemente zu bewahren, zu pflegen und angemessen zu berücksichtigen:

  • typische Wegestruktur bei Einzelhöfen und Drubbeln in Eschlagen,
  • typisches Wege- und Grabennetz in ehemaligen Mooren und Heiden ("Nachzeichnen" durch Gehölze!),
  • Offenheit und Gehölzarmut als typische Merkmale alter Eschbereiche; Schutz von Plaggeneschen,
  • Reste historischer Landschaftsbilder: Feuchtwiesen, Hochmoore, Heiden,
  • regionaltypische Bauweise von Hofgebäuden sowie traditionelle Siedlungsmuster, vorhandene Bausubstanz und regionale Baumaterialien (Berücksichtigung bei neuen Siedlungen und Bauten!),
  • Befestigungsanlagen und Gräften,
  • typische baukulturelle Gestaltwerte, z.B. Verwendung des roten Ziegels im Westmünsterland und des Baumberger Sandsteins im Kernmünsterland.

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Weiterführende Literatur/Quellen

Erstveröffentlichung 2016