Ein Fluss. Fünf Städte. Ein Radweg. Das LEADER-Projekt „Radweg Bocholter Aa“

01.01.2014 Meinolf Rohleder

Inhalt

Abb. 1: Illumination des Stadtturms in Isselburg (Quelle: Tourist-Info Isselburg, Foto: Sascha Hübers)

Illumination als Höhepunkt

Es war ein beeindruckendes Ereignis, als pünktlich zum Maianfang 2013 das "Beleuchtungskonzept Bocholter Aa" in Isselburg feierlich eröffnet wurde. Durch die Illuminierung markanter ortsprägender Stellen und Landschaftsteile entlang des Radweges wurde ein wichtiger Baustein zur touristischen Aufwertung der Region hinzugefügt.

Grundlage des Konzeptes war das EU-Programm LEADER, das u.a. den Ausbau und die Vermarktung von Radwegen in ländlichen Regionen vorsah, um hier die touristischen Potenziale zu unterstützen (s. Beitrag Rohleder).

In den insgesamt zehn ausgewiesenen LEADER-Regionen in Westfalen wurde eine Vielzahl an – ebenso unterschiedlichen – Fördermaßnahmen umgesetzt. Im Folgenden soll der Radweg entlang der Bocholter Aa als eine dieser Maßnahmen näher vorgestellt werden.

Fahrradfreundliche Region mit Tradition im Grenzgebiet

Die fünf Städte Velen (12.987 Einw.), Borken (41.455 Einw.), Rhede (19.052 Einw.), Bocholt (71.080 Einw.) und Isselburg (10.819 Einw.) (IT NRW, 31.12.2012) bilden die LEADER-Region "Bocholter Aa". Diese wurde im Jahr 2008 als mit 1,6 Mio. Euro zu fördernde LEADER-Region von der Landesregierung NRW anerkannt.

Die fünf Kommunen im westfälisch-niederländischen Grenzgebiet sind traditionell eng mit dem Radtourismus verbunden. Zahlreiche Routenvorschläge wurden in den letzten Jahrzehnten entwickelt und ausgewiesen. Die bekannteste ist sicherlich die "100 Schlösser Route" (s. Beitrag Dropmann). Zudem hat jede der beteiligten Kommunen mehrere attraktive Radrouten für Kurzurlauber (insbesondere an den Wochenenden) beiderseits der Grenze im Angebot.

Darüber hinaus wurde in Kooperation mit den die Region bedienenden ÖPNV-Unternehmen ein Netz der sog. Fietsenbusse eingerichtet. Fietsenbusse haben einen Fahrradanhänger und fahren im gesamten Borkener Kreisgebiet von April bis Oktober an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen "auf Linie". Sie verbinden so die touristischen Sehenswürdigkeiten der Region mit der Mitte des Münsterlandes (Coesfeld), dem Norden des Ruhrgebietes (Dorsten), dem Niederrhein (Rees, Wesel, Kleve) und dem niederländischen Grenzgebiet. Auch haben die Busse an wichtigen Bahnhöfen Anschluss an das Regionalnetz der Bahn.

Wie der Kreis Borken insgesamt engagieren sich die Städte Bocholt, Rhede und Velen ferner in der inzwischen über 20 Jahre alten "Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in NRW e.V.". Bei dem deutschlandweiten Städteranking "Fahrradklimatest 2012" des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) erreichten Bocholt und Rhede den ersten bzw. dritten Platz in der Kategorie der Städte unter 100.000 Einwohner – in einem Teilnehmerfeld von 252 Bewerbern (ADFC 2013).

Potenziale, Entwicklungsziele und Schwerpunkte

Zu den regionalen Stärken und Potenzialen gehören laut der Bewerbung der LEADER-Region u.a.:

  • die Bocholter Aa als Verbindungselement zwischen Landschaft und Siedlung, Tradition und Kultur,
  • die umfassenden Möglichkeiten für Freizeit und Erholung, Sport, Landschafts-, Natur- und Kulturerlebnisse – und zwar grenzüberschreitend von der Bocholter Aa bis in die niederländischen Nachbarregionen,
  • die wettbewerbsfähige Landwirtschaft mit großen Potenzialen im Landtourismus sowie in der Erzeugung und Vermarktung regenerativer Energien.


Wie in anderen LEADER-Regionen wurde die Entwicklungsstrategie der Region "Bocholter Aa" durch eine sog. Lokale Aktionsgruppe (LAG) gesteuert. In verschiedenen Handlungsfeldern verfolgte die LAG folgende fünf Entwicklungsziele:

  1. Sicherung und Neuschaffung von Arbeitsplätzen,
  2. Intensivierung vorhandener Akteursnetzwerke sowie gebietsübergreifende und transnationale Zusammenarbeit,
  3. Erhalt einer wettbewerbsfähigen Land- und Forstwirtschaft sowie gleichzeitig Unterstützung alternativer Einkommensmöglichkeiten, vor allem für die Landwirtschaft,
  4. Neuartige regionale Zusammenarbeitsstrategien, um eine hohe Lebensqualität in Dörfern und Ortsteilen zu sichern,
  5. Erhalt, Aufwertung und authentische touristische Vermarktung von Landschafts- und Kulturschätzen.


Diese Entwicklungsziele wurden durch drei Querschnittsziele ergänzt:

  • Chancengleichheit zwischen allen Gesellschaftsgruppen erhöhen,
  • Nachhaltigkeit bei Projekten gewährleisten,
  • Demographischen Wandel als Herausforderung annehmen (LAG Region Bocholter Aa o. J., S. 3 f.).


Die LAG setzte zur Erreichung der Entwicklungsziele auf vier ineinander greifende Schwerpunktthemen, jeweils mit einem Motto:

  • Nachhaltigkeit: "Mit eigener Energie",
  • Dorf-/Stadtdtentwicklung: "Landkultur pur – plus Architektur",
  • Tourismus: "Vielfalt sichern",
  • Gewässeroffensive: "Alles Gute fließt…".


Auf Basis dieser Vorüberlegungen bedurfte es wenig Überzeugungsarbeit in den beteiligten Kommunen der LEADER-Region, ein regional ausgerichtetes Vermarktungskonzept "Bocholter Aa" im Handlungsfeld "Tourismus und Vermarktung" zu entwerfen und in der Förderperiode 2007–2013 umzusetzen. Leitprojekt war dabei der Radweg.

Abb. 2: Radweg Bocholter Aa bei Ramsdorf (Foto: Tourist-Info Velen/ Stefan Wiemann)

Der Radweg ''Bocholter Aa''

Der Radweg hat eine Länge von 58 km und folgt der Aa nach ihrer Entstehung durch den Zusammenfluss von Thesingbach, Weißer Vennbach und Schwarzer Bach in Velen bis in den äußersten Westzipfel Westfalens nach Isselburg. Hier, im Umfeld des Wasserschlosses Anholt, bildet der Fluss für etwa zwei Kilometer die deutsch-niederländische Grenze, ehe er wenig später im Achterhoek in die Oude Ijssel mündet.

Die Mühle am Thesingbach ist der Ausgangspunkt für den Radweg in Richtung Westen; der Weg berührt dabei die Stadtgebiete der anderen vier LEADER-Kommunen.

Als erster Schritt einer Aufwertung wurde für die Orientierung der Radwanderer eine attraktive Info-Beschilderung an insgesamt 20 Knotenpunkten zwischen Velen und Isselburg errichtet. Mit der offiziellen Vorstellung der Hinweisschilder wurde der Radweg am ersten "Aa-Tag" im Mai 2009 in Bocholt feierlich eröffnet. Gleichzeitig wurde ein Faltblatt zum Radweg inklusive Karte der Öffentlichkeit vorgestellt.

Die zweiflügeligen Hinweisschilder (Abb. 2) bieten auf Vorder- und Rückseite Informationen in zwei Sprachen (dt./nl.). Auf der linken Tafel gibt es allgemeine Hinweise zum Radweg, aber auch zur Vegetation und Tierwelt beiderseits der Aa. Auf der rechten Tafel finden die Radfahrer, Walker und Wanderer Vorschläge für Abstecher zu Sehenswürdigkeiten wie Schlösser, Herrenhäuser oder historische Ortskerne, die den Charme des Westmünsterlandes bestimmen. Beschrieben werden besondere landschaftliche oder naturräumliche Besonderheiten, aber auch andere touristische Standorte wie Bauernhof-Cafés und Hofläden.

Abb. 3: Info-Dach an der Wassermühle in Velen (Foto: Tourist-Info Velen / Stefan Wiemann)

Anfang Mai 2010, am zweiten "Aa-Tag", wurden sieben neue Info-Dächer am Radweg der Öffentlichkeit präsentiert – je zwei in Borken und Velen, je eins in Bocholt, Isselburg und Rhede. In der Konstruktion der modern gestalteten Schutzstände (u.a. das wellenförmige Dach) spiegelt sich die Nähe zur Aa wider (Abb. 3). Neben dem Schutz vor plötzlichen Regenschauern bieten Unterstände Informationen zum jeweiligen Standort und zu interessanten Sehenswürdigkeiten in der näheren Umgebung.

Die Hinweisschilder und Info-Dächer sollen die Radler dazu bewegen, einen kleinen "Abstecher" vom eigentlichen Weg zu machen – eine Maßnahme, um das touristische Potenzial der Region weiter zu erschließen. Im Durchführungszeitraum des Projektes von 2009 in zwei Phasen bis 2013 wurden weitere flankierende Aktionen durchgeführt, u.a.:

  • Pflanzaktion an den Ortseinfahrtsstraßen und markanten Stellen (Kreisverkehre),
  • Revitalisierungsarbeiten am Aasee in Bocholt,
  • Erstellung eines sog. Tiefseilgartens für Familien mit Kindern am Aasee in Bocholt und, wie eingangs kurz dargestellt,
  • das Beleuchtungskonzept an der Bocholter Aa. Dabei wurden Bauwerke in vier der beteiligten Städte einbezogen: die Wassermühle an der "Quelle" der Bocholter Aa in Velen, die alte Fußgängerbrücke an der Eiland Straße in Ramsdorf, der Wasserfall in Borken-Gemen, die Brücke/Promenade an der Missgunst in Borken, das Apothekenmuseum in Rhede und die Brücke Münsterdeich und der Stadtturm in Isselburg (Abb. 1).

Fazit und Ausblick

Das Projekt "Radweg Bocholter Aa" ist ein beeindruckendes Beispiel, wie das vorhandene Potenzial in einem ländlichen Raum durch vielfältige Maßnahmen aufgegriffen und attraktiv weiterentwickelt werden kann. Die Einbettung in lokale und regionale Landschaftselemente sowie vielfältige Hinweise auf Besonderheiten und Sehenswürdigkeiten entlang der Strecke kann als besonders gelungen beurteilt werden. Das vorgestellte Projekt ist zu einem touristischen Aushängeschild der LEADER-Region "Bocholter Aa" geworden und besitzt durchaus Modellcharakter für andere Regionen.

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Weiterführende Literatur/Quellen

Erstveröffentlichung 2014