Radtourismus im Münsterland

01.01.2009 Viona Dropmann

Inhalt

Nach der Radreiseanalyse 2008 des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) befindet sich das Münsterland auf Platz fünf der be­liebtes­ten Radregionen Deutschlands (ADFC 2008, S. 19). Ein Blick auf die Vergangenheit und die Gegenwart des münsterländischen Radtourismus zeigt auf, warum gerade diese Region sich einer großen Beliebtheit bei Fahrradfahrern erfreut. Für die Zukunft soll die Position des Münsterlandes durch eine radtouristische Qualitätsoffensive ge­stärkt werden.

Abb. 1: Ausgewählte Themen-Radrouten im Münsterland (Quelle: Fremdenverkehrsverband Münsterland Touristik Grünes Band e. V.)

Vom Zweck zum Aushängeschild

"Bei keiner anderen Erfindung ist das Nützliche mit dem Angenehmen so innig verbunden, wie beim Fahrrad" (Adam Opel, 1837-1895). Diese schon früh gewonnene Erkenntnis ist auch für die Entwicklung des Radtourismus im Münsterland zutreffend, dessen Anfänge sich bis in die 1960er Jahre oder sogar früher zurückführen lassen. Beliebt waren bereits früh so genannte Pättkesfahrten auf - allerdings häufig nicht befestigten und auch nicht gekennzeichneten - schmalen Wegen. Dienten Radwege zu­nächst dazu, möglichst viele Orte miteinander zu verbinden, reifte alsbald auch der Gedanke, die angelegten Radrouten für freizeitliche und fremdenverkehrliche Zwecke zu benutzen. Die erste offizielle touristische Radroute im Münsterland wurde im Jahr 1987 eingeweiht und weist den Radfahrer auf die zahlreichen Schlösser im Münsterland hin (Clev 2008). Die 100-Schlösser-Route verbindet mit ihrem 960 km langen Streckennetz mehr als 73 Orte im Münsterland und ist die wohl be­kanntes­te Radroute in dieser Region. Es folgten weitere Themenrouten, die den Charakter und die Geschichte des Müns­terlandes "erfahrbar" machen. Zu den wichtigsten regionalen und überregionalen Radrouten zählen ferner die 1998 eröffnete Friedensroute sowie der im Rahmen der "REGIONALE 2004" (s. Beitrag Wolters) eröffnete EmsRadweg (Abb. 1). Doch die Zunahme der Themenrouten im Laufe der Jahre führte auch zu Problemen - sowohl für Touristen als auch für die Münsterland Touristik. Mehr Radwege und Themenrouten bedeuteten auch eine zunehmende Unübersichtlichkeit über Stre­cken und Hinweisschilder. Um diese zu beseitigen und damit den Komfort auf den Radwegen zu erhöhen, begann die Münsterland Touristik, ein einheitliches Radwegenetz zu erarbeiten (Clev 2008). Die Besonderheit dieses Netzes ist die Konzeption und Anlage der Strecken in der Radregion Münsterland in Waben, so dass der Radtourist zwischen mehr als 200 Rundwegen, mit einer Kilometerlänge von 14 bis 49 km wählen kann (Abb. 2). Zur besseren Orientierung wurde auch eine einheitliche, rot-weiße Beschilderung installiert, die die Streckenkilometer bis zum nächsten Ort sowie vereinheitlichte Symbole für die Themenrouten ausweist (Fremdenverkehrsverband Münsterland Tou­ris­tik Grünes Band e. V. 2008, S. 6 f).

Radregion Nr. 1 in NRW

Im Jahr 2008 beläuft sich das Streckennetz der Radwege im Münsterland auf ca. 4.500 km und repräsentiert damit rund ein Drittel des gesamten NRW-Radwegenetzes (Clev 2008). Trotz der großen und zunehmenden Konkurrenz im Sektor Radtourismus zeigt die Radreiseanalyse des ADFC (2008), dass das reliefarme Münsterland eine der beliebtesten Radregionen Deutschlands und die einzige Destination des Landes NRW ist, die in diesem TopTen-Ranking genannt wurde; 80% dieser Reiseregionen sind übrigens Fluss-/Seenradwege. Der Anspruch der Münsterland Touristik, "Radregion Nr. 1" sein zu wollen, ist demnach eine Frage des Maßstabes; innerhalb NRWs ist das Münsterland mit weitem Abstand die führende Radreiseregion. Dennoch ist die hohe Bewertung nicht nur eine Auszeichnung, sondern zielt auch darauf ab, dieses Ranking zukünftig zu halten oder gar zu steigern, um die radtouristische Bedeutung langfristig zu sichern.

Abb. 2: Radwege als "Wabennetz" im Kreis Steinfurt (Quelle: Fremdenverkehrsverband Münsterland Touristik Grünes Band e. V.)

Mit Qualität in die Zukunft

Über das Merkmal Qualität will man sich von anderen Regionen in Zukunft strategisch absetzen. Das Stichwort "Qualitätsoffensive" bezieht sich dabei u. a. auf Verbesserungen in den Angeboten, im Service sowie in der Radwegeweisung.

Insbesondere die Bereitstellung von fahrradfreundlichen Übernachtungs- und Gastronomie-Angeboten ist laut Kerstin Clev, Sprecherin der Münsterland Touristik für den Bereich Radtourismus, noch weiter zu entwickeln. Die koordinierte Zusammenarbeit zwischen regionalen Akteuren (u. a. Münsterland Touristik und Kommunen sowie Gastronomiebetreiber und Hoteliers) spielt hierbei auch zukünftig eine große Rolle. Da die Erwartungen und Erfordernisse rund um einen lebendigen Radtourismus sich zwischen der übergeordneten Münsterland Touristik und den einzelnen Ge­meinden unterscheiden (können), gibt es auch Konflikte in der Angebotserstellung. Dies kann zu einem Überangebot führen, das gleichzeitig die Unübersichtlichkeit verstärkt. Um also zukünftig dem Besucher ein Optimum an Qualität zu bieten, sind Abstimmungen, z. B. hinsichtlich der Öffnungszeiten in der Gastronomie und Hotellerie sowie mit Angeboten der Münsterland Touristik, besonders wichtig (Clev 2008). Auch kann der Angebotsservice durch spezielle, gekoppelte Angebote von Rad und Übernachtung verbessert werden; bereits erfolgreiche Umsetzungsbeispiele stellen die "Bett & Bike"-Betriebe dar.

Zum Bereich Service gehört vor allem die Erstellung von Informationsmaterial (Kataloge, Flyer und Prospekte), das zumeist kostenlos angefordert werden kann. Für die Zukunft ist aber auch die Bereitstellung von Fahrradinformationssystemen sowie von GPS-Tracks ein Zusatz, über den der interessierte Tourist gewonnen werden kann. Diese Dienste, wie auch der Radroutenplaner NRW (www.radroutenplaner.nrw.de), mit dem individuelle Radtouren in den Regionen Nordrhein-Westfalens geplant werden können, sind bereits über die Homepage der Münsterland Touristik (www.muensterland-tourismus.de) zugänglich. Eine weitere Informationsmöglichkeit vor Ort und über den jeweiligen Standort ist die Installation eines "innovativen Informationssystem[s] für touristische Sehenswürdigkeiten" (Fremdenverkehrsverband Münsterland Touristik Grünes Band e.V. 2008, S. 11). Diese so genannte LINKBOX ist eine Grafik, die nach dem Fotografieren mit dem Fotohandy interaktive Informationen zum Standort auf das Handy des Touris­ten sendet. Nachteil bei diesem System jedoch ist die technische Ausstattung mit einem Fotohandy, die der Tourist benötigt, um sich über die LINKBOX zu informieren. Es bleibt daher abzuwarten, inwiefern dieses System zukunftsfähig ist.

Letztlich spielt auch die Wartung und Pflege des Radwegenetzes eine Rolle im Konkurrenzkampf mit anderen Radregionen. Erst 2007/08 wurde deswegen die 100-Schlösser-Route überarbeitet. In diesem Zusammenhang er­folgte eine Optimierung der Wegeführung und eine Verbesserung der Orientierung durch zusätzliche Wegweiser. Auch wurden Schilder mit der LINKBOX an den verschiedenen Schlössern aufgestellt, um die bereits vorhandenen Informationen zu ergänzen.

Die Qualitätsoffensive soll dazu führen, den derzeitigen Marktanteil des Münsterlandes (3,5 %) im Bereich des deutschen Radtourismus zu halten, der vor allem durch inländische Touristen erzielt wird. Bundesweite Spitzenplätze erreichen die Großregionen Bayern (8,4 %) und Mecklenburg-Vorpommern (7,7 %) (ADFC 2008, S. 19).

Darüber hinaus soll für das Münsterland auch der ausländische Markt be­worben werden. Einen ersten Anfang bildet ein EUREGIO-Projekt, das u. a. für die touristische Verbindung zwischen den Niederlanden und Deutschland zuständig ist. Mit den gewonnenen Erkenntnissen aus der grenzüberschreitenden Arbeit der Ar­beitsgruppe "Tourismus" sollen die nationalen Märkte der Niederlanden und Deutschlands im Gebiet der EUREGIO zu einem gemeinsamen Tourismusmarkt zusammengeführt werden. Dies bedeutet auch, dass neue Möglichkeiten im Bereich des Marketings und im Bereich der Werbung für den Radtourismus im Münsterland möglich sind (Clev 2008).

Mit diesen Handlungsoptionen für die Zukunft wird sich zeigen, wie stark das Münsterland weiterhin als Radregion überzeugen kann.

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Weiterführende Literatur/Quellen

Erstveröffentlichung 2009