Naturparke in Westfalen

27.05.2020 Karl-Heinz Otto

Inhalt

Naturparke bewahren und ent­wickeln Natur und Landschaft mit und für Menschen (www.naturparke.de/naturparke.html). Naturparke sind ausgewiesen worden, um großflächige Kulturlandschaften, die aus Gründen des Naturschutzes und wegen ihrer Eigenart und Schönheit von herausragender Bedeutung sind, zu erhalten, zu pflegen, zu entwickeln oder wiederherzustellen. Naturparke vereinen den Schutz und die Nutzung von Natur und Landschaft. In ihnen wird das Gleichgewicht zwischen intakter Natur, wirtschaftlichem Wohlergehen und guter Lebensqualität angestrebt. Naturparke sind insofern Landschaften mit Vorbildcharakter für die Genese ländlicher Regionen insgesamt und bieten im Besonderen die Möglichkeit, dort die nachhaltige Entwicklung zielführend voranzutreiben.

Abb. 1: Die Bruchhauser Steine im Naturpark Sauerland-Rothaargebirge – Blick vom Feldstein in Richtung Nordosten (Foto: Stefan Althaus)

Naturparke sind gesetzlich verankert

Naturparke bilden nach dem Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) – wie Naturschutzgebiete, Nationalparke, Biosphärenreservate und Landschaftsschutzgebiete – eine eigene Gebietsschutzkategorie. Sie sind gemäß § 27 BNatSchG "einheitlich zu entwickelnde und zu pflegende Gebiete, die

  1. großräumig sind,
  2. überwiegend Landschaftsschutzgebiete oder Naturschutzgebiete sind,
  3. sich wegen ihrer landschaftlichen Voraussetzungen für die Erholung besonders eignen und in denen ein nachhaltiger Tourismus angestrebt wird,
  4. nach den Erfordernissen der Raumordnung für die Erholung vorgesehen sind,
  5. der Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung einer durch vielfältige Nutzung geprägten Landschaft und ihrer Arten und Biotopvielfalt dienen und in denen zu diesem Zweck eine dauerhaft umweltgerechte Landnutzung angestrebt wird,
  6. besonders dazu geeignet sind, eine nachhaltige Regionalentwicklung zu fördern".

Demnach dienen die Naturparke sowohl dem Schutz und Erhalt der gewachsenen Kulturlandschaften mit ihrer Biotop- und Artenvielfalt – dies wird besonders über Landschaftsschutzgebiete und Naturschutzgebiete gewährleistet – als auch der Erholung, dem natur- und umweltverträglichen Tourismus sowie einer dauerhaft natur- und umweltverträglichen Landnutzung.

Abb. 2: Klettern an den Dörenther Klippen im Naturpark TERRA.vita (Foto: Stefan Althaus)

Wieviele Naturparke gibt es und wo liegen sie?

In Deutschland sind zur Zeit (2020) 105 Naturparke ausgewiesen. Mit einer Gesamtfläche von über 10,1 Mio. ha decken sie ca. 28,4% der Fläche der Bundesrepublik ab. In den einzelnen Bundesländern haben die Naturparke unterschiedliche Flächenanteile. Insgesamt hat sich ihr Anteil von 1998 bis 2018 um ca. 42% erhöht (www.bfn.de/themen/gebietsschutz-grossschutzgebiete/naturparke.html).

In NRW existieren derzeit 12 Naturparke. Sie nehmen rund 41% der Landesfläche ein. Der erste Naturpark wurde hier 1958 im Siebengebirge gegründet. 2015 schlossen sich die Naturparke Ebbegebirge, Homert und Rothaargebirge zum neuen Naturpark Sauerland-Rothaargebirge zusammen. Auf diese Weise entstand der mit 3.826 km2 größte Naturpark NRWs und der zweitgrößte Deutschlands (MUNLV NRW 2018, S. 5).

Naturparke orientieren sich nicht an politischen Grenzen, sondern an Naturräumen. Deshalb gibt es auch länderübergreifende Naturparke in Deutschland (z.B. Naturpark Dümmer; Abb. 3) und staatsübergreifende in Europa (z.B. Naturpark Maas-Schwalm-Nette). In anderen europäischen Staaten (z.B. Österreich, Slowenien) sind ebenfalls Schutzgebiete ausgewiesen, die mit den deutschen Naturparken vergleichbar sind.

Abb. 3: Naturparke in Westfalen (Entwurf: K.-H. Otto, Quelle: www.naturparke.de)

Von den Anfängen der Naturparkidee bis zum Petersberger Programm

Die Geburtsstunde der Naturparke in Deutschland war am 6. Juni 1956. An jenem Tag hielt der Hamburger Großkaufmann Dr. Alfred Toepfer in der Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn einen wegweisenden Vortrag: "Naturschutzparke – eine Forderung unserer Zeit". Darin stellte er erstmals ein Entwicklungsprogramm für 25 Naturparke vor. Dem ersten Naturpark, Hoher Vogelsberg, der 1957 zunächst noch als "Naturschutzpark" bezeichnet wurde,folgten 1958 die Südeifel und der Pfälzer Wald. Bis zur Wiedervereinigung blieb die Anzahl der ausgewiesenen Naturparke mit 64 zunächst lange Zeit konstant. Nach der Wiedervereinigung im Jahr 1990 wuchs dann aber ihre Zahl bis heute deutschlandweit auf 105 an.

Am 10. Oktober 1963 erfolgte in Irrel in der Südeifel die Gründung des Verbandes Deutscher Naturparke e.V. (VDN), der seitdem seine Pflichten als nationale Dachorganisation wahrnimmt. Die Ziele und Aufgaben der deutschen Naturparke wurden vom VDN 1984 erstmalig umrissen sowie 1995 und 2001 grundlegend überarbeitet. Anlässlich des 50. Jahrestages der Naturparkidee wurde das Jahr 2006 zum Jahr der Naturparke erklärt, mit dem Motto "Natürlich Naturparke". Der damalige Bundespräsident Horst Köhler übernahm dafür die Schirmherrschaft. Ein wichtiger Meilenstein, den der VDN in diesem Jubiläumsjahr erarbeitet hat, ist das "Petersberger Programm der Naturparke in Deutschland". Hier wurden Schwerpunkte der Entwicklung der Naturparke in den kommenden Jahrzehnten formuliert, um deren Beitrag für die Erhaltung der biologischen Vielfalt, zur Integration von Naturnutzung und Naturschutz im Zuge einer nachhaltigen Regionalentwicklung sowie zur Erholung, Information und Bildung der Bevölkerung weiter auszubauen. Um diesen Aufgaben gerecht werden zu können, hat der VDN die "Qualitätsoffensive Naturparke" entwickelt. Sie ist ein Mittel zur Selbsteinschätzung und zur dauerhaften Verbesserung der Qualität von Arbeit und Angeboten in den Naturparken und zugleich ein Instrument, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft für eine noch breitere Unterstützung der Naturparke zu gewinnen.

Natur- und Landschaftsführungen

Zu den zentralen Aufgaben jedes Naturparks zählen die Umweltsensibilisierung und die Landschaftsinterpretation. In immer mehr Naturparken werden anspruchsvolle Touren und Vorträge von qualifizierten Natur- und Landschaftsführern angeboten. Neben der Fauna und Flora sowie der Landschaftsgeschichte stehen dabei oftmals auch geographische, geologische, archäologische und/oder kulturelle Aspekte auf der Angebotsliste.

Barrierefreies Naturerleben

Der Natur vor Ort zu begegnen, ist ein Grundbedürfnis eines jeden Menschen. Vor allem Menschen mit körperlichen und geistigen Behinderungen, Familien mit Kindern und älteren Menschen ist dies oftmals gemeinsam nicht oder nur eingeschränkt möglich, weil die Angebote dies vielfach nicht erlauben. Deshalb haben zahlreiche Naturparke in den letzten Jahren Möglichkeiten geschaffen, die es allen Menschen gestatten, Natur und Kulturlandschaften hautnah zu erkunden. Hierzu gehören u.a. barrierefreie Wanderwege, Exkursionen mit Gebärdendolmetschern, tastbare Reliefkarten, Schifffahrten für Rollstuhlfahrer, Duft- und Tastgärten für Blinde (NatKo u. VDN 2009).

Naturparke machen Schule

Zahlreiche Naturparke haben spezielle Angebote für Schulen in ihrem Programm, damit Schülerinnen und Schüler Natur und Kulturlandschaften außerhalb des Klassenzimmers erleben und entdecken können. Eine geführte Exkursion in einen nahegelegenen Wald ist ebenso möglich wie eine Bootstour während der Klassenfahrt oder auch ein Ausflug zum nächsten Naturparkzentrum.

Derzeit gibt es eine Reihe von Schulen, die sich "Naturpark-Schulen" nennen dürfen, weil sie in den ortsnahen Naturparks aktiv Umweltbildung betreiben. Im Naturpark Sauerland-Rothaargebirge gehören dazu die Kardinal-von-Galen-Schule in Eslohe, die Grundschule in Herscheid und die Ludwig-zu-Sayn-Wittgenstein-Schule in Bad Berleburg (www.naturparke.de/aufgaben-ziele/bildung/uebersicht-ueber-die-naturpark-schulen.html).

Naturparkwettbewerb NRW

In NRW wurde in 2008 erstmals ein Naturparkwettbewerb durchgeführt. Die beiden Erstplazierten waren damals der Naturpark Teutoburger Wald/Eggegebirge (in Westfalen; s. Beitrag Peters) und der Naturpark Rheinland. Die Naturparke Nordeifel, Teutoburger Wald/Eggegebirge und Siebengebirge sind die Gewinner des jüngsten Wettbewerbs "Naturpark.2021.Nord­rhein-Westfalen". Sie können mit einer Förderung zwischen 140.000 Euro und 400.000 Euro rechnen. Insgesamt werden über den Wettbewerb rund 1 Mio. Euro Fördermittel vergeben.

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Weiterführende Literatur/Quellen

Erstveröffentlichung 2009, Aktualisierung 2020