Kriminalstatistik für Westfalen 2017

26.09.2018 Peter Wittkampf

Inhalt

Die Gesamtsituation

Alljährlich im Frühjahr veröffentlichen das Landeskriminalamt sowie die leitenden Polizeibehörden der Kreise und kreisfreien Städte aktuelle statistische Daten zu Straftaten, Aufklärungsquoten und Straftätern in Nordrhein-Westfalen. Auch wenn die Behörden der Kreise und Städte ihre jeweiligen Publikationen individuell gestalten, lassen sich doch einige grundsätzliche Aussagen aus der Auswertung gewinnen.

Grundlegend ist dabei z.B. zu beachten, dass

  • die Fallzahlen der Straftaten immer nur die – z.B. durch entsprechende Anzeigen – bekannt gewordenen Fälle erfassen und
  • die Aufklärungsquote nur jene Fälle berücksichtigt, bei denen mindestens ein Tatverdächtiger ermittelt werden konnte, dessen Identität eindeutig feststellbar ist.
Abb. 1: Kriminalitätshäufigkeits- zahlen und Aufklärungsquoten in den Kreisen / kreisfreien Städten Westfalens im Jahr 2017 (Quellen: https://lka.polizei.nrw; Polizeiliche Kriminalitätsstatistiken der Kreise und Städte)

Für das Jahr 2017 ergeben sich folgende Fakten: In Westfalen wurden insgesamt 555.568 Straftaten registriert, das entsprach einem Anteil von 40,5% der angezeigten Straftaten NRWs – bei einem Anteil von 46,1% an der Gesamtbevölkerung. Gegenüber 2016 ging in Westfalen die Anzahl der der Polizei bekannt gewordenen Straftaten um 5,6% zurück (Rheinland -7,0%).

Dieser Rückgang ist wesentlich auf den der Diebstahlskriminalität zurückzuführen, denn dieser Sektor macht in NRW etwa 40% aller Straftaten aus. Speziell die Zahl der Wohnungseinbrüche ging von 2016 bis 2017 landesweit um 25,7% zurück. Hierfür waren vor allem zwei Ursachen entscheidend: Einerseits trugen zusätzliche Maßnahmen zum Schutz vor Einbrechern Früchte, z.B. bessere Sicherheitstechniken an Fenstern und Türen, andererseits verlagerten die mobilen, überregional oder sogar international agierenden Diebesbanden teilweise ihre Tätigkeitsregionen, und sie konnten auch effektiver bekämpft werden. In einigen Kreisen oder Städten machten sich die entsprechenden Rückgänge ganz besonders deutlich bemerkbar, beispielsweise in Dortmund, wo die Anzahl von 3.206 (2016) auf 2.215 (2017) zurückging, also um fast ein Drittel.

Einen Anstieg der Straftaten 2016 – 2017 weist die Statistik – gegen den allgemeinen Trend – für den Ennepe-Ruhr-Kreis auf, weil 2017 auf einen Schlag ca. 3.200 Betrugsfälle aufgedeckt wurden, die drei Hattinger Bürgern zur Last gelegt werden.

Betrachtet man die Gesamtheit aller Straftaten – einschließlich z.B. der Gewalt-, Straßen-, Wirtschafts-, Computerkriminalität usw., so zeigt sich, dass auch in Westfalen insgesamt nur etwas mehr als die Hälfte der regis­trierten Straftaten aufgeklärt werden konnte. Absolut gesehen waren dies 2017 sogar etwas weniger Fälle als 2016. Gleichzeitig nahm aber, wie erwähnt, die Gesamtzahl insbesondere der Wohnungseinbruchsdiebstähle sehr deutlich ab. Da bei letzteren die Ermittlung und Identifikation von Tatverdächtigen aufgrund des hohen Anteils bestimmter Tätergruppen besonders schwierig ist, stieg – rein rechnerisch – die Aufklärungsquote bei den Straftaten insgesamt sogar leicht an.

Im Zusammenhang mit den Tatverdächtigen ist die Frage nach dem Anteil der Nichtdeutschen unter ihnen besonders heikel. Nicht alle Polizeipräsidien oder Kreispolizeibehörden veröffentlichen hierzu genaue Zahlen. Daher sollen hier nur wenige Beispiele aufgeführt werden.

Für das Land NRW insgesamt gab das Landeskriminalamt den Anteil der ermittelten nichtdeutschen Tatverdächtigen mit 32% an (Vorjahr 2016: 35,9%) – bei einem Bevölkerungsanteil dieser Gruppe von aktuell 12,4%. Hinzu kommt die Gruppe der Zuwanderer. Aus dieser Gruppe, die statistisch gesondert gewertet wird, kamen 2017 in NRW weitere 8,7% aller ermittelten Tatverdächtigen (2016: 10,0%).

Im Kreis Gütersloh betrug 2017 der Anteil der Nichtdeutschen an der Gesamtzahl der tatsächlich ermittelten und identifizierten Tatverdächtigen 39,65% (bei einem Anteil von 11,9% Nichtdeutscher an der Gesamtbevölkerung).

Im Kreis Borken wurden zu den Straftatbereichen, in denen besonders häufig nichtdeutsche Tatverdächtige ermittelt werden, von der Polizei folgende Zahlen bekannt gegeben: Bei Wohnungseinbrüchen lag hier der Anteil nichtdeutscher Tatverdächtiger bei 45,8%, bei Ladendiebstahl bei 46,3%, bei Taschendiebstahl bei 87,5%.

Abb. 2: Tatverdächtigenbelastung und Opfergefährdung in den Kreisen / kreisfreien Städten Westfalens im Jahr 2017 (Quelle: https://lka.polizei.nrw)

Räumliche Differenzierungen

Dass in den großen Städten die absoluten Zahlen etwa bei den bekannt gewordenen Fällen höher sind als in kleinen Landkreisen, liegt auf der Hand. Es empfiehlt sich deshalb ein Blick auf die Kriminalitätshäufigkeitszahlen (KHZ). Diese nennen jeweils die Zahl der bekannt gewordenen Fälle pro 100.000 Einwohner, gerechnet ohne Kinder unter acht Jahren.

Hier wird sofort deutlich, dass in den Großstädten, insbesondere in Dortmund, der größten westfälischen Stadt, die Werte besonders hoch sind (Abb. 1). 10.903 Fälle pro 100.000 Einwohner wurden in Dortmund verzeichnet, in Münster 9.452.

Auch in vielen anderen Regionen der Welt gibt es das Phänomen, dass mit der Größe der Städte die Kriminalitätsrate wächst. Auf die verschiedenen sozialpsychologischen Erklärungstheorien dieses Phänomens (z.B. "delinquency areas", "Anomietheorie" usw.) soll hier aber nicht näher eingegangen werden.

Relativ niedrige Zahlen weisen dagegen Ost- und Südwestfalen auf. Man sollte sich allerdings darüber klar sein, dass gerade auch innerhalb der Kreise die genannten Zahlen immer nur Durchschnittswerte sind. Einzelne Städte und Gemeinden können dort jeweils stark von diesen Kreis-Durchschnittswerten abweichen. So beträgt beispielsweise innerhalb des Kreises Borken die KHZ in Gronau 10.853, in Raesfeld dagegen nur 2.909.

In den Oberzentren tragen u.a. viele Auswärtige zu einer Erhöhung der Häufigkeitszahlen bei (z.B. durch Fahrerflucht; Diebstahl, Betrug; Sachbeschädigungen durch reisende Hooligans). Hinzu kommt insbesondere in Müns­ter und den Münsterlandkreisen das besondere Problem der Fahrraddiebstähle, die dort einen durchaus nennenswerten Anteil an der Gesamtzahl der Straftaten haben. In Münster beispielsweise machten 2017 die insgesamt 4.466 der Polizei gemeldeten Fahrraddiebstähle 15,2% aller Straftaten aus. Im Kreis Borken betrug dieser Anteil 16,8% (zum Vergleich: Kreis Höxter: 3,5%).

Wenn man bedenkt, dass die Aufklärungsquote bei Fahrraddiebstählen z.B. in Münster bei nur 6% liegt, verwundert es nicht, dass in Münster und im Münsterland auch die Gesamt-Aufklärungsquoten bei den Straftaten insgesamt (Abb. 1) unter 53% bleibt (Land NRW: 52,3%). Die Mehrheit der Kreise und kreisfreien Städte in Westfalen weist bessere Aufklärungsquoten auf als der NRW-Durchschnitt.

Die Tatverdächtigenbelastungszahl (TVBZ) gibt Auskunft über die Anzahl der ermittelten Tatverdächtigen pro 100.000 Einwohner in den verschiedenen Altersgruppen (ohne Kinder unter acht Jahren). Diese Zahl ist in den eher ländlich geprägten Kreisen insgesamt deutlich niedriger als in den großen Ruhrgebietsstädten (Abb. 2) und in der Altersgruppe der Heranwachsenden (18–21 Jahre) generell besonders hoch.

Die Opferbelastungszahl bzw. -gefährdungszahl (OGZ) bezeichnet die Anzahl der Opfer von Straftaten pro 100.000 Einwohner. Zu diesen Opfern können auch Kinder gehören. Die Zahlen werden z.T. als Anhaltspunkte dafür interpretiert, wo man in Bezug auf die Einwirkungen durch kriminelle Handlungen insgesamt evtl. etwas "sicherer" ist. Innerhalb Westfalens weisen einige ostwestfälische Kreise in dieser Hinsicht die günstigsten Werte auf (Abb. 2). Auch im Münsterland und in Südwestfalen gibt es Teilregionen mit besonders günstigen OGZ, während die Menschen in den Ruhrgebietsstädten hier mehr Probleme zu haben scheinen.

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Weiterführende Literatur/Quellen

Erstveröffentlichung 2018