Westfalens Kraftwerke – bedeutende Stromproduzenten im ''Energieland NRW''

01.01.2007 Markus Wieneke

Inhalt

Nordrhein-Westfalen ist das Energieland Nummer eins in Deutschland. In keinem anderen Bundesland wird mehr Energie gewonnen, umgewandelt und verbraucht. Die hiesigen Kraftwerke produzieren nahezu ein Drittel des bundesweit erzeugten Stroms. Wichtigster Brennstoff dabei war und ist die Kohle.

Abbn. 1a und 1b: Brutto-Stromerzeugung in NRW und Deutschland nach Energieträgern 2004 in % (Quelle: LDS NRW 2006, S. 13)

Energiemix in NRW und Deutschland

Abb. 1a zeigt, dass hinsichtlich der Stromerzeugung in NRW die Braun- und Steinkohle mit zusammen rund 84% die dominierenden Primärenergieträger sind. Der intensive Einsatz dieser Ressourcen resultiert aus den natürlichen Vorkommen im Land, die seit Jahrzehnten für die Verstromung eingesetzt werden, wobei die Braunkohle ausschließlich im Rheinland und die Steinkohle vornehmlich in Westfalen abgebaut wird. Im Vergleich mit dem gesamtdeutschen Energiemix (Abb. 1b) ist auffällig, dass das Übergewicht der Kohlen zugunsten der Kernenergie abnimmt. In NRW hingegen werden aufgrund der traditionellen Kohleverstromung keine Atomkraftwerke betrieben.
Abb. 2: Stromgigant - das Kraftwerk Scholven in Gelsenkirchen (Foto: E.ON Kraftwerke GmbH)

Energie made in Westfalen

Fast 180 Mrd. Kilowattstunden (kWh) Strom wurden 2004 in ganz NRW erzeugt. Der Anteil der westfälischen Kraftwerke beläuft sich dabei schätzungsweise auf 45% (80 Mrd. kWh). Schwerpunkt der Stromproduktion in Westfalen ist das Ruhrgebiet (Abb. 3), wo die geförderte Steinkohle an Ort und Stelle umgewandelt werden kann. Hier steht u. a. mit dem Kraftwerk "Scholven" in Gelsenkirchen (Abb. 2) eines der leistungsgrößten Steinkohlekraftwerke Europas, das mit einer Leistung von über 2.000 Megawatt (MW) allein etwa drei Prozent des deutschen Strombedarfs deckt (s. Beitrag Wittkampf).

Außerhalb des Ruhrgebiets befinden sich weitere leistungsstarke Kohlekraftwerke im nördlichen Münsterland (Ibbenbüren, Abb. 4) und Ostwestfalen (Petershagen, Porta Westfalica). Während man in Ibbenbüren auf lokale Kohlevorkommen zurückgreifen kann (s. Beitrag Gessner-Krone), sind die Kraftwerke "Heyden" und "Weser" auf Zulieferungen angewiesen.

Abgesehen von der Steinkohle gibt es vermehrt Anlagen, die Erdgas als Energieträger nutzen (Abb. 3). Im Rahmen der Stromversorgung werden sie hauptsächlich zur Abdeckung von Spitzenlast-Zeiten eingesetzt, während die Steinkohlekraftwerke vornehmlich für die Mittellast konzipiert sind. Moderne, mit Kraft-Wärme-Kopplung betriebene Gas- wie auch Steinkohlekraftwerke (z.B. in Bochum, Münster und Bergkamen) speisen darüber hinaus ihre Restwärme zum Heizen in öffentliche Fernwärmenetze ein und besitzen somit einen höheren Wirkungsgrad. Daneben gibt es auch Anlagen, die unabhängig vom Brennstoff ausschließlich der Fernwärmeversorgung dienen (u. a. in Dortmund und Gelsenkirchen-Buer).

Abb. 3: Bedeutende Kraftwerke in Westfalen (Stand: 2006) (Entwurf: M. Wieneke, Quellen: Internetauftritte der Kraftwerksbetreiber, www.kraftwerke-online.de)

Import und Export

Die nordrhein-westfälische Elektrizitätsversorgung endet nicht etwa an der Landesgrenze, sondern ist Teil eines Verbundsystems, in dem der Strom auch über nationale Grenzen hinweg ausgetauscht wird. Hierbei ist NRW aufgrund der Gesamtleistung seiner Kraftwerke in erster Linie eine Exportregion, aus der Strom in andere Bundesländer sowie ins benachbarte Ausland (Benelux-Länder) geliefert wird.

Was die Bilanz der Primärenergieträger anbelangt, so ergeben sich innerhalb von NRW deutliche Unterschiede: Während die Braunkohle aus dem Rheinischen Revier in den vergangenen Jahrzehnten ihre Position als Brennstoff für die Stromerzeugung festigen konnte, verliert die heimische Steinkohle immer mehr an Bedeutung. Aufgrund der sinkenden staatlichen Subventionen ist sie auf dem Weltmarkt nicht mehr konkurrenzfähig. Die Kraftwerksbetreiber setzten daher auch hierzulande verstärkt auf die wesentlich billigere Importkohle aus dem Ausland (v. a. Polen, Südafrika), deren Anteil sich mittlerweile auf über 50% beläuft.

Bezüglich des Energieträgers Erdgas lässt sich festhalten, dass die Stromwirtschaft hierbei angesichts der geringen Vorkommen in Deutschland fast ausschließlich auf Einfuhren (v. a. aus Russland, Norwegen und den Niederlanden) angewiesen ist.
Abb. 4: Steinkohlekraftwerk Ibbenbüren (Foto: Deutsche Steinkohle AG)

Ausblick

Was den Einsatz der Primärenergieträger bei der Stromerzeugung anbelangt, so ist aufgrund der aktuellen energiepolitischen Situation zu vermuten, dass der gegenwärtige Trend in Westfalen auch weiterhin anhalten wird. Soll heißen - eine fortschreitende Reduzierung der heimischen Steinkohle zugunsten von Importkohle. Ferner ist zu erwarten, dass generell die Steinkohle mehr Konkurrenz durch das zwar ebenfalls kostenintensive, aber umweltschonendere Erdgas erhält. Dessen Anteil an der gesamtdeutschen Stromgewinnung hat sich in den vergangenen zehn Jahren bereits verdoppelt.

Diese Entwicklung führt zwangsläufig zu einer verstärkten Importabhängigkeit der Stromwirtschaft. Hinzu kommt, dass viele Kraftwerke in Westfalen wie im gesamten Bundesgebiet aus den 1960er und 1970er Jahren stammen und gegen Ende ihrer wirtschaftlichen Laufzeit technologisch überholt sind.

Daher ist es von großem politischen wie wirtschaftlichen Interesse, den bestehenden Kraftwerkspark zu modernisieren bzw. zu erneuern, auch um dessen Energieeffizienz zu erhöhen. Hierfür liegen in Westfalen bereits die ersten Pläne auf dem Tisch. So hat z. B. der Stromriese E.ON den Neubau eines Großkraftwerks am Standort Datteln beschlossen, das 2011 ans Netz gehen soll. Im Gegenzug werden die dortigen alten Anlagen sowie weitere E.ON-Kraftwerke im Ruhrgebiet, die ihr Laufzeitende erreicht haben, stillgelegt.

Aber auch einige lokale und regionale Energieversorger in Westfalen streben angesichts steigender Energiepreise und des oligopolen Strommarktes in Deutschland nach mehr Unabhängigkeit und versorgen ihre Haushalte inzwischen mit Strom und Wärme aus eigenen, effizient arbeitenden kleinen bis mittelgroßen Anlagen (z. B. Blockheizkraftwerke, Gas- und Dampfturbinenkraftwerke). Ob diese dezentrale Versorgungsstruktur zu einer echten Alternative gegenüber den Großkraftwerken avancieren wird, bleibt abzuwarten.

Beitrag als PDF-Datei ansehen/speichern (Größe: 2,9 MB)

↑ Zum Seitenanfang


Weiterführende Literatur/Quellen

↑ Zum Seitenanfang

Erstveröffentlichung 2007