Die sicherheitspolitische Situation unseres Landes musste eine neue Orientierung erfahren. Sie war und ist gekennzeichnet durch den Abzug verbündeter Streitkräfte und eine erhebliche Reduzierung der Bundeswehrstandorte. Übrig geblieben sind die vormaligen militärischen Liegenschaften in Form von Kasernen und Übungsplätzen.
Westfalen ist dabei in besonderer Weise betroffen, wie z.B. die bis Ende 2007 aufzugebenden Garnisonen in Borken, Coesfeld, Möhnesee, Lippstadt oder Hemer (s. Beitrag Grothues) zeigen.
Für diese Anlagen stellt sich die Aufgabe der Konversion, d.h. der praktikablen Überführung in neue Nutzungsformen. Damit werden solche Prozesse zu einer Angelegenheit öffentlichen Interesses. Schließlich sind in nahezu jedem Fall Bürgerinnen und Bürger von den veränderten Gegebenheiten positiv oder negativ betroffen. Das kann von Belastungen durch einen Anstieg des Verkehrsaufkommens über Gefährdungen verschiedenster Art bis zur allseitig begrüßten Schaffung neuer Arbeitsplätze reichen.
Die Konversion militärischer Liegenschaften beinhaltet stets einen wirtschaftlichen und sozialen Strukturwandel im Verlauf eines längeren, oft Jahre dauernden Prozesses, bei dem hinsichtlich Planung wie Durchführung vielfältige Aspekte zu berücksichtigen sind. Sie reichen von der Bewertung und dem Erwerb des Geländes über die Untersuchung eventueller Altlasten, über neue Erschließungsmaßnahmen und Machbarkeitsstudien, die Entwicklung neuer Nutzungskonzepte inkl. der Berücksichtigung von Natur- und ggf. Denkmalschutz, das Suchen von Interessenten bis hin zu sozialen Fragen wie der Weiter- oder Neubeschäftigung, der Umsetzung oder des vorgezogenen Ruhestandes der zuvor in der Liegenschaft tätigen zivilen Arbeitskräften.
Dies alles gehört zum Aufgabenbereich des "Konversionsmanagements", das den Gesamtprozess von der ersten Planung bis zur symbolischen Schlüsselübergabe an den oder die neuen Nutzer steuert. Beteiligt sind dabei die Vertreter von Bund, Land und jeweiliger Kommune, städtische Ämter, private Planungsbüros, unabhängige Gutachter, eventuell Entsorgungsspezialisten und Kampfmittelräumdienste, Hoch- und Tiefbaufirmen, Architekten und selbstverständlich als Interessierte oder sogar direkt Betroffene die Bürgerinnen und Bürger vor Ort sowie die Medien.
Integrale Bestandteile solcher Konversionsprozesse sind daher grundsätzlich die Faktoren Wirtschaftsförderung, Strukturentwicklung, Raumplanung, Umweltschutz, Arbeitsförderung und Sozialer Konsens. Die Wertigkeiten dieser Elemente hängen dabei von der Art der jeweiligen Liegenschaft ab: Kaserne mit zugehöriger Wohnsiedlung und Versorgungseinrichtungen, Depot, Flugplatz, Radar- oder Raketenstellung, Standort- oder Truppenübungsplatz. Nicht alle vormaligen militärischen Anlagen lassen sich gleichermaßen "vermarkten". Dabei geht es immer um die Frage, ob nur die Fläche oder auch die Baulichkeiten in die künftige Nutzung einbezogen werden sollen. Weniger problematisch erscheint das bei Standortübungsplätzen, die sich nach dem Räumen von Munition und anderen militärischen Relikten den umliegenden naturbelassenen oder landwirtschaftlich genutzten Flächen angliedern lassen. Sie sind für eine bauliche Folgenutzung meistens nur von geringem Wert, haben aber unter ökologischen Aspekten hohe Bedeutung. Da sie oft über Jahrzehnte militärisch und damit immer nur zeit- und teilweise genutzt wurden, weisen sie besondere, an anderen Orten kaum noch anzutreffende Biotopverbundsysteme auf. In Nordrhein-Westfalen wurden bislang 34 solcher Übungsplätze mit einer Gesamtfläche von 1253 Hektar für zivile Nutzung freigegeben. Für den engeren Raum z.B. des Ruhrgebiets gibt es keine spezifischen Daten, und daher kann in diesem Zusammenhang nur auf die für ganz NRW erhobenen zurückgegriffen werden.