"Der Sprung über die Kiesbank" am Offlumer See in Neuenkirchen – ein Projekt der Regionale 2004

01.01.2009 Viona Dropmann

Inhalt

Die REGIONALE "... ist ein Strukturprogramm des Landes Nordrhein-Westfalen, das im Turnus von zwei Jahren einer jeweils ausgewählten Region die Möglichkeit bietet, sich selbst und anderen zu präsentieren" (Regionale 2010 Agentur 2008). Die Herausforderung und der Anspruch der REGIONALE liegen darin, vorhandene Kultur- und Naturlandschaften in einer großen und vielfältigen Region positiv hervorzuheben. Das Strukturprogramm zielt darauf ab, das regionale Profil zu stärken, die Identität zu fördern, sich auf natürliche und vorhandene Ressourcen zu konzentrieren, neue Regionalentwicklungen anzustoßen und damit insgesamt die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Ob diese Ansprüche und Zielsetzungen tatsächlich erfüllt werden können, soll nach einer kurzen Einführung zur REGIONALE 2004 am Beispiel des Projektes "Der Sprung über die Kiesbank" festgestellt werden.
 

Die REGIONALE 2004

Die REGIONALE 2004 fokussierte den Raum links und rechts der Ems, der auf einer Größe von 3.200 km2 nahezu eine Mio. Menschen beheimatet und vorwiegend ländlich geprägt ist. Das verbindende Element der Region ist der Fluss Ems, der auf einer Länge von 85 km das Projektgebiet durchfließt. Insgesamt beteiligten sich 37 Städte und Gemeinden in den Kreisen Steinfurt und Warendorf sowie die kreisfreie Stadt Münster an der REGIONALE 2004.

Die Adressaten, die mit den Ideen der REGIONALE angesprochen werden sollen, sind in erster Linie die Bewohner der jeweiligen Region. Die Vermittlung eines positiven Gefühls für die eigene Lebensumgebung geschieht durch die Stärkung und Nutzung der vorhandenen Potenziale des Projektraums. Einen detaillierten Überblick über die Ideen, Ziele und Projekte der REGIONALE 2004 bietet auch der Beitrag von Friedrich Wolters "Die REGIONALE 2004".

Abb. 1: Umgesetzte Trichtertürme am Offlumer See (Foto: Viona Dropmann)

Das Projekt ''Der Sprung über die Kiesbank''

Als eines von 32 Projekten entstand das Projekt "Der Sprung über die Kiesbank", das die Kies- und Sandabbaugebiete Offlumer und Haddorfer Seen umfasst. In interkommunaler Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden Neuenkirchen und Wettringen südlich von Rheine wurde damit ein gemeindeübergreifendes Gebiet für Freizeiterholung und Naturerfahrung geschaffen. Der Projektname entstand in Anlehnung an den münsterländischen Kiessandzug (Ur-Emsrinne), auf dem das Projektgebiet gelegen ist. Bei der Umsetzung des Projekts lag der Anspruch insbesondere auf der Beachtung des Natur- und Landschaftsschutzes im Sinne eines nachhaltigen Tourismus in diesem Gebiet (vgl. Regionale 2004 GmbH 2004). Nach Abschluss der Arbeiten im Jahr 2006 stellt sich die Frage, inwiefern die Zielsetzungen des Projektes "Der Sprung über die Kiesbank" erfüllt werden konnten; hierfür soll der Offlumer See als Bestandteil des Projektes näher betrachtet werden:

Abb. 2: Ausgebauter Strandabschnitt und Rundweg um den Offlumer See (Foto: Viona Dropmann)

Das Beispiel Offlumer See

Der ca. 30 ha große See im Gemeindegebiet Neuenkirchen entstand durch industriellen Kies- und Sandabbau in den 1950er Jahren. Im Jahr 2004 wurden die Industrieanlagen stillgelegt, wodurch viele Freiflächen entstanden, die einer sinnvollen Nachnutzung zugeführt werden sollten. Spontan stellte sich eine freizeitorientierte Nutzung ein, doch die Besucherströme, die rund um den See die naturgeschützten Uferbereiche verschmutzten und damit die Umwelt belasteten, warfen Probleme auf, die u. a. mit der Umgestaltung des Sees behoben werden sollten.

Als erste Maßnahme des Umbaus wurden drei Trichtertürme, die ehemals als Speicher für den abgebauten Sand genutzt wurden, von der nordöstlichen zur südlichen Seite des Sees umgelegt. Neben der Erinnerung an die vorherige industrielle Nutzung des Gebietes sollten sie - nachgerüstet mit einer Besucherplattform - auch dazu dienen, die Umbaumaßnahmen am See in allen Einzelheiten publikumswirksam zur Beobachtung frei zu geben. Dies sollte die Akzeptanz in der Bevölkerung erhöhen und gleichzeitig eine Werbemaßnahme für das Projekt darstellen (Abb. 1).

Weitere Umbaumaßnahmen waren u. a. die Anlage eines Rundweges um den See, der Ausbau eines Strandabschnittes (Abb. 2), die Aufwertung der Uferbereiche durch standorttypische Vegetation sowie die Ansiedlung eines gastronomischen Betriebes.

Besucherumfrage 2008

Mit der Fertigstellung der Bauarbeiten am Offlumer See im Jahr 2006 wurde auch der touristische Betrieb wieder ermöglicht. Nach zweijähriger Nutzung gibt eine Kurzstudie mit 108 befragten Personen im Sommer 2008 Aufschluss darüber, welche Akzeptanz die Umgestaltung des Sees gefunden hat und welche Besucherstruktur das Angebot nutzt.
Abb. 3: Anreise zum Offlumer See (n=108) (Quelle: Besucherumfrage 2008)

Das Kerneinzugsgebiet des Offlumer Sees umfasst die angrenzenden Städte und Gemeinden Rheine, Wettringen, Emsdetten, Ochtrup und Steinfurt sowie das Gemeindegebiet Neuenkirchen. Ca. 70% aller Befragten wohnen nicht mehr als 17 km vom See entfernt in den ge­nannten Kommunen. Auffällig ist, dass lediglich ein Besucheranteil von 19% aus Neuenkirchen selbst stammt. Dies zeigt, dass der See besonders für Touristen interessant ist. Die weiteste Anreise hatten Besucher aus Hamburg, Momberg/Hessen und Nürnberg, die von Freunden auf den See aufmerksam gemacht wurden und zum ersten Mal den Offlumer See besuchten.

Das am häufigsten genutzte Anreisemittel ist der PKW (49%, Abb. 3). 43,5% der 108 Befragten reis­ten mit dem Fahrrad an; der angrenzende Radweg Rheine-Neuenkirchen-Ochtrup legt dies nahe. Auffällig ist, dass das Fahrrad für Besucher, die im übrigen Einzugsgebiet wohnen, eine ebenso oft gewählte Alternative zum Pkw ist. Ohne Bedeutung bleibt der ÖPNV, was auf die schlechte Anbindung des Standortes hindeutet; hier könnte in Zukunft ein Verbesserungspotenzial liegen.

Die Bekanntheit des Offlumer Sees ist durch den Umbau signifikant angestiegen und wird vor allem über persönliche Empfehlungen überregional verbreitet: 45,3% von 108 Befragten hatten den See vor dem Umbau noch nicht besucht. Die Hälfte dieser Gruppe hat von dem Gewässer durch Familienmitglieder, Freunde oder Bekannte erfahren. Der Großteil aller befragten Personen (41%) kennt den See auf Grund der Nähe zum Wohnort.

Tab. 1: Anregungen und Verbesserungswünsche (n = 55) (Quelle: Besucherumfrage 2008)

Die Aufenthaltsdauer am Offlumer See ist eher kurz: Ca. 64% der Besucher (69 Pers.) gaben an, nicht mehr als zwei Stunden am See zu verbringen, während 16% (17 Pers.) zwei bis drei Stunden und 12% (13 Pers.) drei bis vier Stunden blieben. Einen Aufenthalt von mehr als vier Stunden planten lediglich neun Besucher (8%).

Als Hauptbesuchsgrund wurden die Nutzung der Gastronomie (29%), des Strandes bzw. das Schwimmen (23%) sowie eine Fahrradtourpause (21%) genannt. Die gute Anbindung an das Radwegenetz sowie die attraktive Gastronomie, die jedoch mehrfach als zu teuer kritisiert wurde, ergänzen sich sinnvoll und profilieren den Offlumer See stärker als Etappen- oder Kurzzeitziel und weniger als Tagesausflugsziel.

Wichtig für die abschließende Bewertung der Umbaumaßnahmen ist auch die Frage nach der Zufriedenheit sowie nach Anregungen oder Kritik (Tab. 1). Sehr zufrieden zeigten sich rund die Hälfte aller Befragten mit den Ergebnissen der Umgestaltung.

Ein gelungenes Projekt

Die kurze Akzeptanzanalyse des Projekts "Der Sprung über die Kiesbank" anhand der Besucherbefragung am Offlumer See weist eine - bis auf wenige Ausnahmen - sehr positive Tendenz auf. Das Hervorheben des freizeitlichen und touristischen Potenzials dieser durch den Sand- und Kiesabbau geprägten Kulturlandschaft macht sowohl Be­wohner als auch Besucher Neuenkirchens auf diese lokale Ressource aufmerksam. Mit dem Umbau und der Aufwertung des Sees wurde das Profil Neuenkirchens in der Region gestärkt, so dass die Gemeinde sich zukünftig im Wettbewerb besser positionieren kann, ohne dabei jedoch den Blick für Umwelt und Natur zu verlieren. Auch der Anstoß zu einer neuen Regionalentwicklung ist durch das Gemeinschaftsprojekt der beiden Gemeinden Wettringen und Neuenkirchen erfolgreich umgesetzt worden; die Anforderungen und Zielsetzungen der "REGIONALE"-Idee wurden damit verwirklicht.

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Weiterführende Literatur/Quellen

Erstveröffentlichung 2009