Weltmarktführer in ländlicher Umgebung: KettenWulf aus Kückelheim

01.01.2014 Meinolf Rohleder

Besucher von London oder New York kennen die langen, steilen Rolltreppen in den U-Bahnstationen beider Metropolen. Millionen von Menschen bewegen sich täglich weltweit auf Fahrsteigen und Fahrtreppen. Die wenigsten Fahrgäste – auch in Madrid, Prag, Peking oder Shanghai – werden wissen, dass Produkte des Unternehmens KettenWulf aus dem kleinen sauerländischen Dorf Kückelheim (2012: 352 Ew.) sie zuverlässig befördern.

Abb. 1: Stammwerk der KettenWulf Betriebs GmbH in Eslohe-Kückelheim (Foto: KettenWulf Betriebs GmbH)

Ketten für Rolltreppen sind die Spezialität von KettenWulf. Mit der Anfertigung dieser Hochleistungsketten stieg das Unternehmen ab 1970 zum Weltmarktführer in der Fahrtreppenindustrie auf.

Im Jahre 1925 gründeten die Brüder Josef und Johannes Wulf eine Gelenkketten-Manufaktur in Kückelheim. Das war der Grundstein des bis heute existierenden Familienunternehmens, das seinen Stammsitz weiterhin im heutigen Ortsteil der Gemeinde Eslohe innehat.

In den 1950er Jahren spezialisierte sich das Unternehmen, das zu dieser Zeit nur 20 Beschäftigte hatte, auf die Herstellung von Buchsenförderketten. Später begann die Produktion von Kettenrädern aller Art (Abb.2), zuerst in Eslohe, dann ebenfalls in Kückelheim.

Abb. 2: Produktgruppe Kettenräder (Foto: KettenWulf Betriebs GmbH)

In den 1970er Jahren erweiterte KettenWulf, wie sich die Firma seither nennt, mit der Produktion von Ketten für die Fahrtreppenindustrie sein Angebot. Die Zahl der Beschäftigten stieg auf 180 Personen.

Im nachfolgenden Jahrzehnt begann KettenWulf mit einem Ausbau des Stammwerkes in Kückelheim (Abb. 1): Der Produktionsbereich wie auch die Verwaltung wurden erheblich erweitert.

Parallel dazu machte das Unternehmen den ersten Schritt einer internationalen Expansion mit dem Ausbau einer Niederlassung in Nazareth (Region Flandern/Belgien), 13 km südwestlich von Gent gelegen. Diesem Schritt folgten weitere im Hinblick auf eine Europäisierung von KettenWulf: Als neue Produktionsstätte wurde in Kärnten das Ferlacher Förderkettenwerk aufgebaut und in Zielona Gora (früher Grünberg/Schlesien) eine Vertriebsniederlassung gegründet.

Abb. 3: Die größte freistehende Fahrtreppe Deutschlands auf der Essener Zeche Zollverein läuft mit Ketten und Kettenrädern aus dem Sauerland (Foto: KettenWulf Betriebs GmbH)

Schließlich entstand 1999 bei Bremen ein Export Branch Office, das seither den Überseehandel abwickelt. Damit stellte sich das sauerländische Unternehmen endgültig den globalen Herausforderungen. Das machte zugleich Entscheidungen für weitere Standorte zur Erschließung neuer Absatzmärkte notwendig: Man gründete im Jahr 2001 eine Vertriebsniederlassung in der japanischen Metropole Osaka und errichtete nach Übernahme der Firma DC Afam, einem Hersteller von Ketten und Ritzel (u. a. für führende Motorradfirmen), einen neuen Standort im nordfranzösischen Roubaix.

Bedeutender war allerdings ein Jahr später der Abschluss des Joint Venture "Hangzhou Wulf Chain Co. Ltd." in der chinesischen Siebenmillionen-Stadt Hangzhou, Hauptstadt der Provinz Zhejiang. Der Anteil von KettenWulf betrug am Anfang etwa 60%. Drei Jahre später bereits ging das Joint Venture vollständig in die KettenWulf-Gruppe auf. Bis 2007 wurde in Hangzhou die Produktionsfläche schrittweise auf 15.000m2 erweitert. Mittlerweile (2012) sind dort mehr als 500 Menschen beschäftigt. Damit ist das chinesische Tochterunternehmen zum zweitgrößten Produktionsstandort der Gruppe gewachsen.

Das Ziel, in China qualitativ hochwertige Serienketten für den asiatischen aber auch den europäischen Markt zu fertigen, wurde somit erreicht. Ebenso war die Umsetzung einer zukunftsträchtigen Wachstumsperspektive gelungen, nämlich Serienketten aus China sowie Sonderketten aus Deutschland, genauer aus Kückelheim, für den globalen Markt zu liefern.

Abb. 4: Hochverschleißfeste Kettentechnogie als Anwendung in der Stahlindustrie (Foto: KettenWulf Betriebs GmbH)

Der Austausch zwischen dem deutschen Stammsitz und der chinesischen Produktionsstätte ist intensiv. Viele Mitarbeiter aus Kückelheim sind regelmäßig in Hangzhou und leisten dort Unterstützung in allen Fachbereichen. Umgekehrt kommen die chinesischen Mitarbeiter für Schulungen in das Sauerland.

KettenWulf präsentiert sich regelmäßig auf der zweitgrößten Messe für Antriebs- und Fluidtechnik, der "PTC Asia" in Shanghai – vergleichbar mit der Hannover Messe für Europa. Dadurch will das Unternehmen auch in Süd- und Südostasien neue Kunden gewinnen. Insofern war es ein weiterer konsequenter Schritt, das internationale Betriebsnetz, das bereits 2004 durch einen Standort in der Nähe von Atlanta (US-Bundesstaat Georgia) erweitert wurde, durch die Neugründung einer Niederlassung im indischen Pune im Jahr 2009 weiter auszubauen.

Abb. 5: Unternehmenskennzahlen der KettenWulf Betriebs GmbH (Quelle: www.kettenwulf.com)

Im Stammwerk Kückelheim kommt die Mehrheit der 550 Beschäftigten (2012) aus dem engen regionalen Umland, das heißt aus Eslohe und seinen Nachbarstädten.

Im Jahr 2011 wurde ein modernes Ausbildungszentrum neu geschaffen, im Wesentlichen für technisch-gewerbliche Auszubildende. In diesem Zusammenhang engagiert sich das Unternehmen zudem mit eigenen Berufsinfotagen, der Teilnahme an Berufsbildungsmessen und der Bereitschaft, als außerschulischer Lernort zu fungieren. Darüber hinaus kooperiert KettenWulf mit verschiedenen Fachhochschulen, u. a. mit der FH Südwestfalen. Mit diesen Maßnahmen soll die über Jahrzehnte aufgebaute Fachkompetenz auch für die Zukunft gesichert werden.

In seiner fast nunmehr 90-jährigen Geschichte entwickelte sich ein kleines bodenständiges Familienunternehmen von einer einfachen Gelenkketten-Manufaktur zu einem deutschen Weltmarktführer, in diesem Fall der Fahrtreppenindustrie. Frühzeitig spezialisierte sich KettenWulf auf die Herstellung von Hochleistungsrollenketten. Durch den Ausbau neuer Produktionsstandorte und Vertriebsstätten, verbunden mit einer global ausgerichteten Strategie, erarbeitet sich das Unternehmen seit drei Jahrzehnten konsequent eine beeindruckende internationale Präsenz auf dem globalen Markt.

Zwar ist man stolz, auf der ganzen Welt zu Hause zu sein – trotz Innovationsfreude und Risikobereitschaft im harten weltweiten Konkurrenzkampf und einer immensen Expansion ist bis heute eine fast "dörflich" zu nennende Verankerung des Unternehmens geblieben.

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Weiterführende Literatur/Quellen

Erstveröffentlichung 2014