Bildungsdisparitäten in Westfalen – Schulübergänge und Abschlüsse

01.01.2007 Tobias Terpoorten

Kategorie: Bildung, Kultur und Sport

Schlagworte: Westfalen · Schule · Bildung

Die Schulstatistik des Landes Nordrhein-Westfalen ermöglicht es, das Bildungsverhalten in den Gemeinden und Städten Westfalens anschaulich darzustellen. Auswertungen der Übergangszahlen von der Grundschule zu weiterführenden Schulen und der erreichten Abschlüsse verdeutlichen regionale Unterschiede.

Abb. 1: Übergangsquoten zu den weiterführenden Schulen in Westfalen, Schuljahre 2003/04 und 2004/05, zusammengefasst (Entwurf: T. Terpoorten, Quellen: LDS NRW 2004 u. 2005, eigene Berechnungen)
In den Abbildungen 1a bis 1d sind die zusammengefassten Übergangszahlen der Schuljahre 2003/2004 und 2004/2005 zu den Schulformen Gymnasium, Gesamtschule, Realschule und Hauptschule der Gemeinden und Städte Westfalens dargestellt. In den ländlichen Regionen Westfalens spielt nach wie vor die Hauptschule eine wichtige Rolle (Abb. 1d). In den kleineren Gemeinden mit unter 40000 Einwohnern wechselt durchschnittlich jedes vierte Grundschulkind auf die Hauptschule (Tab.1) - in einigen dieser Gemeinden ist die Übergangsquote zur Hauptschule sogar bedeutend höher.
Tab. 1: Übergangsquoten zu den weiterführenden Schulen (Quellen: LDS NRW, Schuljahr 2003/04 u. 2004/05, eigene Berechnungen 2006)

Die Übergangsquoten zum Gymnasium zeigen keine ausgeprägten regionalspezifischen Besonderheiten (Abb. 1a). Sowohl in den Städten als auch in den eher ländlichen Gebieten Westfalens besucht etwa jedes dritte Kind nach der Grundschule das Gymnasium. Zahlreiche größere Gemeinden und Städte sind Standorte von Gesamtschulen. In Folge dessen sind hier die Anteile der Schüler, die nach der Grundschule zu einer Real- oder Hauptschule wechseln, niedriger. Um diesen Zusammenhang zwischen Schulstandorten und Schulwahl zu veranschaulichen, wurden in die Abb. 1b exemplarisch die Gesamtschulen eingezeichnet. Ein weiteres Beispiel für den Einfluss des Schulangebots auf die jeweilige Schulwahl sind die drei östlichen Gemeinden des Hochsauerlandkreises (Abb. 1, HSK). In diesen Gemeinden befindet sich keine Gesamt- oder Realschule, sodass die Übergangsquoten zum Gymnasium und zur Hauptschule sehr hoch ausfallen.

Abb. 2: Abschlüsse an den weiterführenden Schulen in Westfalen - Anteil Hochschulreife und ohne Schulabschluss im Abgangsjahr 2005 (Entwurf: T. Terpoorten, Quelle: LDS NRW, Schuljahr 2005)

Regionale Unterschiede liegen auch in der Art und Anzahl der erreichten Schulabschlüsse vor. Eine aussagefähige Analyse ist hier jedoch nur auf Ebene der Kreise und kreisfreien Städte möglich, da die Statistik die Abschlüsse am jeweiligen Schulstandort und nicht nach dem Wohnort der Schüler erfasst. Da nicht jede Gemeinde das gesamte Spektrum der Schulabschlüsse abdeckt, ist ein Vergleich auf Gemeindeebene nicht möglich. In der Abb. 2 sind die Anteile der Schüler mit Hochschulreife und ohne Abschluss des Abgangsjahres 2005 dargestellt. Bezogen auf die Hochschulreife bilden der stärker landwirtschaftlich geprägte Kreis Borken und die bürgerliche Stadt Münster die beiden Pole in Westfalen. Im Kreis Borken macht etwa jeder fünfte Schüler das Abitur (18,6%) - in Münster ist es mehr als jeder dritte (37,6%). Münster ist mit diesem Wert in Westfalen die Stadt mit der höchsten Abiturientenquote. Hohe Quoten weisen zudem die kreisfreien Städte Bochum (29,5%), Hagen (29,0%) und Bielefeld (28,2%) auf. Schüler, die die Schule ohne Abschluss verlassen, finden sich verstärkt in den altindustriell geprägten Städten des Ruhrgebiets. In Gelsenkirchen (10,4%), Bottrop (9,4%) und Herne (9,4%) verließ 2005 etwa jeder zehnte Schüler eine weiterführende Schule ohne Abschluss. In Münster wiederum ist es nur jeder zwanzigste Schüler (5,3%).

Die Übergangsquoten zu den weiterführenden Schulen zeigen, dass die Wahl der Schule von dem Schulangebot in der jeweiligen Gemeinde oder Stadt beeinflusst ist. Die erreichten Abschlüsse weisen zudem darauf hin, dass die regionalen Unterschiede im Bildungsverhalten ebenso ein Resultat der unterschiedlichen Sozialstruktur und den sozioökonomischen Status der Bevölkerung von Städten und Regionen sind (s. auch Beitrag Wittkampf).

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Weiterführende Literatur/Quellen

Erstveröffentlichung 2007