Bleiwäsche und Giershagen, spätmittelalterliche Bergbaudörfer
Das Dorf Marsberg-Giershagen (403 m ü. NN) liegt auf dem Zechsteinplateau am Nordrand der Cansteiner Hochfläche, in deren Verwerfungsklüften sich Eisen-, Kupfer- und Bleierz sowie Gips angereichert haben. Auch hier ist eine Vorsiedlung Upsprunge bei Marsberg bereits 948 belegt.
Der mit diesem Ort identische Name Giershagen setzte sich im 15. Jh. durch, in dem der Grundbesitz, erweitert durch die südlich angrenzende Wüstungsflur Esbecke, überwiegend vom Kloster Bredelar abhängig war. Die Verlegung des Siedlungsschwerpunktes rückte das Dorf aus der Randlage im Diemeltal in den Mittelpunkt der Erzlagerstätten auf der Hochfläche.
Frühe Belege über Bergbau liefern Auseinandersetzungen über Abbaurechte, so 1273 über "spelunce (Höhlen) am Arneslyth" (Arnstein, Rhenetal), dessen Grubengebäude heute größtenteils durch Diabasabbau zerstört ist. Die Bergbaurelikte der Eisengrube "Teufelspad" vor dem Hohenstein südlich von Giershagen sind besser erhalten. 1544 erklärte der Abt von Bredelar zu einem Überfall auf die Gruben im Streit mit Waldeck, dass die Gruben seit mehr als 200 Jahren im Besitz des Klosters seien (Reininghaus). Im Umkreis von etwa drei km von Giershagen liegt ein Kranz von Gruben, von denen Wartersberg, Eckefeld und Webel im Süden einen lagerstättenorientierten Verlauf der umstrittenen Territorialgrenze verdeutlichen. Aber auch zwischen Giershagen, Borntosten und Leitmar liegen die Gruben Kaltenbeutel, Kaltenbuche oder Hüneburg, Huxholl und weiter nördlich Pingenfelder am Buchholz und das Grubenfeld Lühlingsholl im Giershagener Wald an der Diemel, deren bergbauliche Tradition bis ins 16. und 17. Jh. zurückreicht. Offensichtlich begünstigte das Kloster Bredelar die Mittelpunktsiedlung Giershagen, um die bergbauliche Erschließung der Rohstoffe im Umland zu fördern.
Die innerörtliche Gewinnung von Bodenschätzen (Abb. 3 u. 4) zeigt den Stellenwert des Bergbaus für die Neusiedlungen, der gegenüber der agraren Subsistenzwirtschaft auf mäßigem Standort Priorität genoss. Selbst das alte kirchliche Zentrum Giershagens (Klus-Kapelle) am Diemeltal wurde zugunsten verbesserter Erwerbsmöglichkeiten in der Montanwirtschaft aufgegeben. Die Gemengelage von landwirtschaftlichen Flächen und Grubenfeldern in der Ortslage oder im Umfeld ist typisch für spätmittelalterliche Bergbausiedlungen, Weiler oder Dörfer. Neben der traditionellen landwirtschaftliche Produktion gewannen für die "Montanbauern" die Förderung von Bodenschätzen, der Transport, die Köhlerei und die Verhüttung an Bedeutung. Nach der spätmittelalterlichen Wüstungsperiode war der Bergbau in einer erzreichen Gemarkung Hauptimpuls für die Neusiedlung, die vom Grund- oder Territorialherrn mit der Funktion unterstützender Infrastruktur in einem umstrittenen Grenzsaum gefördert wurde.
Weiterführende Literatur/Quellen
• | Heimat- und Verkehrsverein Bleiwäsche (Hg.) (1998): Bleiwäscher Geschichte. o. O. | |
• | Katasterarchiv Brilon (Hg.) (o. J.): Steuergemeinde Giershagen 1830. Übersichtshandriß, Flur 1. Brilon | |
• | Katasterarchiv Paderborn (Hg.): Kreis Büren. Gem. Wünnenberg. Übersichtshandriß, Flur XXI (Bleiwäsche) 1832. Paderborn | |
• | Reininghaus, W. (o. J.).: Auseinandersetzungen zwischen Kurköln und Waldeck um die Eisensteingruben am Teufelspfad bei Giershagen. o. O. | |
• | Reininghaus, W. (o. J.): Ein Rezesbuch von Anno 1744 bis hirhin Anno 1745 über Kupfergruben bei Stattbergen und bei Giershagen untt zu Canstein. Archiv von Elverfeldt. Canstein | |
• | Reininghaus, W. (2000): Marsberg/Horhusen. Stadtgeschichte aus 11 Jahrhunderten. Marsberg, S. 480f. | |
• | Reininghaus, W. (2005): Info-Material zum Bergbau in Wünnenberg-Bleiwäsche. Münster | |
• | Westfälisches Museum für Archäologie (Hg.) (2001): Neujahrsgruß 2002. Bad Wünnenberg-Bleiwäsche. Münster, S. 51 | |
• |
www.lwl.org/LWL/Kultur/Westfalen_Regional/Wirtschaft/Metallgewerbe |
Erstveröffentlichung 2007