Die Jahre von der Jahrhundertwende bis zum Ersten Weltkrieg sind vom Kontrast unterschiedlicher städtebaulicher Konzepte geprägt. Bis ca. 1905/06 erzwang es die sehr große Wohnungsnachfrage, zahlreiche baulich geschlossene, mehrgeschossige Siedlungen zu errichten. Gleichzeitig wurde als Reaktion auf die in Großstädten wuchernde Mietskaserne und ebendiese Reihen- und Rasteranlagen des Ruhrgebiets die Konzeption der Gartenstadt propagiert. Ihr folgte in Bochum die Siedlung Dahlhauser Heide (Abb. 2), die die Firma Krupp zwischen 1906 und 1915 errichten ließ, wobei die Idee der Gartenstadt mit dem Heimatstil verquickt und eine Arbeitersiedlung mit dörflichem Charakter entworfen wurde (s. Beitrag Bronny).
Ende der 1970er Jahre wurde die Siedlung unter Denkmalschutz gestellt und seitdem unter Beibehaltung des äußeren Erscheinungsbildes durch umfangreiche Modernisierungsmaßnahmen in ihrer Wohnqualität verbessert.
Nach dem Ersten Weltkrieg wurden für den Wohnungsbau gemeinnütziger Bauträger öffentliche Mittel zur Verfügung gestellt. Auch die Industrie beteiligte sich nun an gemeinnützigen Wohnungsunternehmen. Die Bindung des Wohnungswesens an ein bestimmtes Unternehmen und die Abhängigkeit der Mieter von ihrem Arbeitgeber löste sich auf, als die Kopplung von Miet- und Arbeitsverhältnis gesetzlich verboten wurde.
Die Architektur blieb aber auch jetzt eher konventionellen Vorstellungen verhaftet; nur vereinzelt finden sich Beispiele des Neuen Bauens. Typisierung und das Bemühen um eine wissenschaftliche Grundlegung der Grundrissgestaltung stellen wesentliche Merkmale des Siedlungsbaus der Zwischenkriegszeit dar. Der Arbeiterwohnungsbau unterschied sich im Baustil nun kaum noch von anderen Wohnungsbaumaßnahmen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg galten die Arbeitersiedlungen aus der Zeit vor 1914 als rückständig und nicht erhaltenswert und wurden von den Eigentümergesellschaften häufig vernachlässigt. Erst ein verändertes Verständnis von Städtebau bewirkte in den 1970er Jahren einen Wandel dieser Einschätzung. Pläne zum Abriss von Arbeitersiedlungen trafen auf den wachsenden Widerstand der Bewohner, die stattdessen akzeptable Wohnbedingungen in ihren bestehenden Häusern forderten. Gleichzeitig lenkte der Strukturwandel die Aufmerksamkeit von Wissenschaftlern und Denkmalschützern auf die bau- und sozialgeschichtliche Bedeutung der Arbeitersiedlungen.
Der Ruhrtourismus weist heute im Rahmen seiner "Route der Industriekultur" (s. Beitrag Wehling) und der angeschlossenen Themenrouten Arbeitersiedlungen aus, deren unterschiedliche Bau- und Siedlungstypen im Laufe von fast 100 Jahren die Stadtlandschaft des Ruhrgebietes geprägt haben.