Trinkwassergewinnung durch die „Wasserwerke Westfalen”

01.01.2014 Peter Wittkampf

Inhalt

Abb. 1: Wasserwerke und Versorgungsgebiet der Wasserwerke Westfalen GmbH (Quelle: Wasserwerke Westfalen GmbH)

Lage und Bedeutung

Die "Wasserwerke Westfalen GmbH" mit Sitz in Schwerte bzw. Dortmund ist eine seit 2001 bestehende Gesellschaft, die mit 138 Mitarbeitern (2012) im westfälischen Ruhrtal Trinkwasser gewinnt und abgibt. Außerdem werden regenerative Energien erzeugt.

Die Gesellschaft gehört je zur Hälfte der Gelsenwasser AG und der Dortmunder Energie- und Wasserversorgung (DEW21). In Bezug auf die gewonnene Wassermenge sind die "Wasserwerke Westfalen" der mit Abstand größte Trinkwasserversorger an der Ruhr.

Mit der Wasserförderung wurde bereits in den 1880er Jahren begonnen. Insgesamt acht – zwischen Wickede-Echthausen und Witten gelegene – Wasserwerke erzeugten 2012 zusammen 102,5 Mio. m3 Trinkwasser (Abb. 1). Hierfür wird Wasser aus den Grundwasser führenden Schotter- und Kiesschichten des Ruhrtales mit Oberflächenwasser aus der Ruhr an gereichert. Die Schotterschichten, die im Ruhrtal von Auelehm bedeckt werden, sind in der Regel nur wenige Meter mächtig.

Nach der Aufbereitung wird das Wasser ins öffentliche Leitungsnetz abgegeben. So werden etwa 1,5 Mio. Menschen, also rund 18% der Bevölkerung in Westfalen-Lippe, mit Trinkwasser versorgt. Das Versorgungsgebiet reicht vom südlichen Münsterland über das mittlere und östliche Ruhrgebiet bis ins nördliche Sauerland (Abb. 1).

Kasten 1: Wasserreinigungs- und Aufbereitungsverfahren (Quelle: eigene Zusammenstellung nach www.wasser-wissen.de)

Der Aufbereitungsvorgang

In allen acht Wasserwerken erfolgt der Aufbereitungsvorgang nach einem ähnlichen Prinzip:

Das Ruhrwasser wird zunächst vorgereinigt, und zwar durch Feinrechen, Sedimentation, Kiesvorfiltration, Flockung (bei Bedarf) und Dosierung von Pulveraktivkohle (Kasten 1).

Das auf diese Weise vorbehandelte Oberflächenwasser wird dann der Hauptreinigung zugeführt. Die zentrale Rolle hierbei spielen Versickerungsbecken, in denen das Wasser langsam in den Untergrund infiltriert wird. Nach der Untergrundpassage wird das Wasser, das nun aus einer Mischung aus natürlichem und angereichertem Grundwasser sowie Uferfiltrat besteht, "gefasst" – also entnommem – und zu einem Pumpwerk geleitet (Abb. 2). Bei einer Nachbehandlung wird durch Natronlauge der pH-Wert an gehoben, eine Desinfektion erfolgt bisher in der Regel noch durch Chlordioxid (Kasten 1). Bislang wurde erst eines der Wasserwerke, nämlich das in Echthausen, auf eine moderne Desinfektionsmethode umgerüstet, bei der UV-Licht eingesetzt wird (Kasten 1).

Das fertig aufbereitete Wasser wird schließlich in die Verteilungsnetze bzw. in Hochbehälter gepumpt (Abb. 2).

Aktuelle Herausforderungen

Im Jahre 2006 sorgten erhebliche Mengen perfluorierter Tenside (PFT) in der Ruhr für Schlagzeilen. PFT sind synthetisch hergestellte, organische Industriechemikalien, die im Verdacht stehen, krebserregend zu sein. Damals war der Hauptverursacher relativ schnell gefunden: Angeblicher "Bio-Kompost", dem belgische Klärschlammbestandteile beigemengt waren, war auf forst- und landwirtschaftlich genutzten Flächen ausgebracht worden. Durch den Einsatz von Aktivkohlefiltern konnten die PFT-Belastungen damals zügig reduziert werden. Die entsprechenden Werte in den Ruhrwasseranalysen der letzten Jahre liegen jeweils deutlich unter dem "duldbaren Leitwert" (www.umwelt.nrw.de).

Abb. 2: Schema der Wassergewinnung (Quelle: Wasserwerke Westfalen GmbH)

Diese Analysen zeigten jedoch, dass inzwischen auch andere chemische und biochemische Rückstände das Ruhrwasser belasten. Hier sind etwa Antibiotika, Röntgenkontrastmittel und Arzneimittelrückstände zu nennen, aber auch industriell eingesetzte Lösungsmittel und Flammschutzmittel sowie Biozide, die in der Landwirtschaft oder bei der Wärmedämmung von Gebäudefassaden verwendet werden. Die Konzentrationsmengen dieser Rückstände bleiben zwar in aller Regel weit unter den entsprechenden Grenzwerten, sodass vom Trinkwasser aus der Ruhr nach heutigem Kenntnisstand keine Gesundheitsgefährdung ausgeht. Aber dennoch sind sich alle Verantwortlichen darin einig, dass auch geringe Mengen dieser Substanzen auf Dauer inakzeptabel sind. Daher will man in den kommenden Jahren zur weitgehenden Eliminierung der Rückstände zweigleisig verfahren: Einerseits soll ihre Einleitung über die Vorfluter aus den zahlreichen Kläranlagen, die es an der Ruhr und in ihrem Einzugsbereich gibt, nach Möglichkeit verhindert werden. Dies ist umso wichtiger, als z.B. im Sommer etwa 40% des Ruhrwassers aus Klärwerken stammen. Die Kläranlagen können PFT und die anderen genannten Rückstände bisher in der Regel nicht hinreichend eliminieren.

Nachrüsten sollen aber auch – und das ist der zweite Weg, den man einschlagen will – die Wasserwerke selbst. Eine Expertenkommission zum Programm "Reine Ruhr" und des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen benannte im Februar 2012 folgende Standards, die für die Trinkwasseraufbereitung gelten sollen, sodass hierzu entsprechende Nachrüstungsmaßnahmen in Angriff genommen werden müssten:
1. Verfahren zur Partikelentfernung, vor allem im Hinblick auf mikrobiologische Belastungen,
2. Ozonierung zum Aufbrechen persistenter (langlebiger) Verbindungen,
3. Adsorption mittels Festbett zur Entfernung organischer Inhaltsstoffe,
4. Desinfektion (Kasten 1).

Technisch können solche Ziele z.B. durch Nanofiltration, UV-Bestrahlung und neue Aktivkohlefilter erreicht werden. Dass entsprechende Standards gute Erfolge erzielen können, haben Wasserwerke am Rhein oder auch im weiteren Verlauf der Ruhr bereits bewiesen.

Von den Anlagen der "Wasserwerke Westfalen" sollen die Werke Westhofen I, Villigst, Hengsen und Halingen den Vorgaben gemäß modernisiert werden. Für das Wasserwerk Witten ist die Ergänzung um eine weitere Aktivkohlestufe erforderlich.

Das Werk Echthausen wurde bereits auf Desinfektion mittels UV-Licht umgerüstet. Hier begannen im Oktober 2012 die etwa 20 Mio. Euro teuren, weiteren Modernisierungsarbeiten, die eine Ozonierung, eine Schnellfiltration und eine Aktivkohle-Festbettfiltration umfassen.

Die Wasserwerke Westhofen II und Ergste sollen mittelfristig aufgegeben werden.

Die Modernisierung der anderen Werke wird deutlich mehr als 100 Mio. Euro kosten, die zum großen Teil letztlich die Verbraucher durch einen erhöhten Wasserpreis aufbringen müssen.

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Weiterführende Literatur/Quellen

Erstveröffentlichung 2014