Technologie- und Gründerzentren in Westfalen
Merkmale von Technologie- und Gründerzentren
Technologie- und Gründerzentren sind Gebäudekomplexe, in denen sich junge, technologieorientierte Firmen und "Start-up-Unternehmen" in jeweils "eigenen" Räumen, aber in Standort- und Nutzungsgemeinschaft mit anderen, ebenfalls innovativ ausgerichteten Firmen niederlassen.
Technologie- und Gründerzentren bieten in der Regel
- ein flexibles Raumangebot, das den Bedürfnissen der verschiedenen Firmen Rechnung trägt,
- gemeinsam nutzbare Konferenz-, Schulungs- und Laborräume sowie Service-Einrichtungen, wie z.B. einen Sekretariatsservice, eine Cafeteria usw.,
- die Möglichkeit, sich schnell und gezielt beraten zu lassen, z.B. in juristischen oder finanziellen Fragen,
- gute Möglichkeiten einer eventuell sogar sehr engen und intensiven Kooperation mit wissenschaftlichen Instituten und anderen Forschungseinrichtungen – was vor allem bei Technologiezentren, weniger bei den Gründerzentren ausschlaggebend ist,
- gute Möglichkeiten der Zusammenarbeit sowohl untereinander als auch mit Verbänden, Kammern, Ämtern usw.
Neben den allgemeinen ökonomischen Vorteilen solcher Zentren – vor allem für "Start-ups" – sind speziell auch die Möglichkeiten z.B. eines schnellen und unkomplizierten Wissenstransfers sowie der Einbindung in "Netzwerke" für die Firmen wichtig.
Die Entwicklung in Westfalen
In Westfalen begann man in den 1980er Jahren mit der Entwicklung und Realisierung von Technologie- und Gründerzentren. Auslöser war u.a. der Niedergang der Montanindustrie im Ruhrgebiet, aus dem sich die dringende Notwendigkeit ergab, neue, innovative und zukunftsgerichtete Arbeits- und Wirtschaftsmöglichkeiten zu schaffen. Der notwendige Strukturwandel dort sollte u.a. durch die neu gegründeten Universitäten und Hochschulen im "Revier" unterstützt werden. In deren unmittelbarer Nachbarschaft entstanden damals auch einige Technologiezentren, die u.a. die Verbindung zwischen der "Theorie", also der wissenschaftlichen Grundlagenforschung, und der "Praxis", also der Umsetzung in eine praktikable Anwendung, unterstützen sollten.
Eines der ersten Technologiezentren dort war das TZDO in Dortmund, das bis heute (2013) – mit weit über 200 Firmen – auch eines der größten in ganz Nordrhein-Westfalen geblieben ist (Abb.1) (s. Beitrag Herrmann).
Vor allem in den 1990er Jahren, aber auch später folgten dann etliche weitere solcher Zentren. In der Tendenz bleiben diese zwar kleiner als das TZDO, sie sind aber dennoch aufgrund ihrer innovativen, teilweise spezialisierten Ausrichtung und modernen Konzeption von großer Bedeutung sowohl für die Wirtschafts- als auch für die Strukturentwicklung ihrer jeweiligen Region. Und ihre Erfolgsquote liegt deutlich über derjenigen "normaler" Firmenneugründungen.
Inzwischen (Ende 2013) besteht in Westfalen-Lippe ein fast flächendeckendes Netz von etwa 40 Technologie- und Gründerzentren (Abb. 1) – womit die Region zu den führenden in Deutschland gehört. Die meisten von ihnen gehören dem "Verein der Technologie- und Gründerzentren Nordrhein-Westfalen e. V." an.
Die Zentren weisen typische Branchenschwerpunkte auf (Tab. 1), in denen sich einige wesentliche Tendenzen der modernen Wirtschaftsentwicklung Westfalens spiegeln.
Standorte, Standortgemeinschaften und Synergien
Für fast die Hälfte der westfälischen Technologie- und Gründerzentren ist die enge Zusammenarbeit mit einer Universität bzw. mit Hochschulinstituten wichtig, wobei diese Nähe sich, wenn eben möglich, auch in einer räumlichen Nachbarschaft manifestiert.
Solche Technologiezentren mit wissenschaftlich-technischer Ausrichtung haben sich vor allem in den Universitätsstädten Münster, Bochum, Bielefeld, Dortmund, Siegen und Paderborn entwickelt. Dort gibt es entweder, wie beim TZDO in Dortmund, ein großes Zentrum, das allerdings in verschiedene "Kompetenzzentren" gegliedert sein kann (in Dortmund sind dies insgesamt 10), oder quasi-selbstständige Zentren, die teilweise eine gemeinsame Verwaltung oder Repräsentanz haben können. In Bochum beispielsweise gibt es das Technologiezentrum Ruhr, das Technologie- und Gründerzentrum (TGW), das Technologiequartier Uni-Ost, das BioMedizinZentrum, das Energieeffizienz-Zentrum, den Bio Medizin Park und das Kulturwerk Lothringen, wobei Letzteres sich auf die Branchen Kunst- und Musikwirtschaft, Foto, Film und TV sowie Kulturmanagement spezialisiert hat. In Münster werden der Technologiepark, der Technologiehof (Abb. 2), das Biotechnologiezentrum, das Nano-Bioanalytik-Zentrum und das Deilmann-Haus gemeinsam durch die "Technologieförderung" verwaltet.
Von einer Zusammenarbeit zwischen Technologiezentren und Hochschulinstitutionen profitieren beide Seiten: Die technologisch ausgerichteten Firmen können die wissenschaftliche Grundlagenforschung der Hochschulen für sich nutzbar machen. Sie können sie umsetzen und erproben und den Instituten wichtige Rückmeldungen und Hinweise geben sowie Perspektiven zeigen und Ideen weitergeben. Wenn sich Technologiezentren und Hochschulinstitute am gleichen Standort befinden, könnten sie sogar bei gemeinsam nutzbaren Räumlichkeiten voneinander profitieren. Daher unterstützte beispielsweise die "Westfälische Hochschule" (= Fachhochschule) Gelsenkirchen – Bocholt – Recklinghausen im Jahre 2009 entsprechende bauliche Investitionspläne der Stadt Bocholt und des Kreises Borken.
Inzwischen arbeiten Technologie- und Gründerzentren aber auch schon mit Hochschulinstitutionen zusammen, die nicht in unmittelbarer Nähe liegen, was im Zeitalter moderner Kommunikationsmittel offenbar zunehmend als weniger problematisch angesehen wird. So kooperiert beispielsweise das Gründer- und Anwendungszentrum Espelkamp ("GAZ – Technik") mit der in Oldenburg, Diepholz und Vechta ansässigen Fachhochschule für Wirtschaft und Technik.
Um Synergieeffekte auch über den eigenen Standort hinaus nutzen zu können, haben sich teilweise mehrere Technologie- und Gründerzentren zu regionalen "Netzwerken" verbunden. Beispiele sind "TECH5plus", das die Technologie- und Gründerzentren in Hamm (HAMTEC), Bönen, Lünen (LÜNTEC), Kamen (Technopark), Dortmund (TZDO) und Schwerte (TWS) verbindet, und "TIGER OWL", zu dem sich das TechnologieZentrum Bielefeld, das GILDE-Zentrum Detmold, das GAZ in Espelkamp, CARTEC in Lippstadt und der TechnoPark Paderborn zusammengeschlossen haben. "TIGER" steht hierbei für "Technologie – Innovation – Gründer – Entwicklung – Region".
Einige kleinere Zentren "leben" aus der speziellen Ausrichtung auf die vor Ort standortbestimmenden Branchen. Ein Beispiel hierfür ist das Technologiezentrum in Lichtenau (TZL), das sich wegen des dortigen Windparks auf die Windkrafttechnik spezialisiert hat.
Weiterführende Literatur/Quellen
• | Maggi, C. (2001): Gründungsförderung und Innovationszentren im nordrhein-westfälischen Strukturwandel. Duisburg (INEF Institut für Entwicklung und Frieden der Universität Duisburg-Essen; www.meso-nrw.de) | |
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Rosenfeld, B. (1999): Die Technologie- und Gründerzentren in Nordrhein-Westfalen: Partner für technologieorientierte Existenzgründer und junge Unternehmen. In: Welfens, P. J. J. und C. Graack (Hg.): Technologieorientierte Unternehmensgründungen und Mittelstandspolitik in Europa. Heidelberg |
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• | Technologie- und Gründerzentren NRW e.V. (Hg.) (2008): Technologie- und Gründerzentren NRW. Jahresbericht 2008. Münster (www.tgz-nrw.de) | |
• | Ufer, A. (1999): Technologie- und Gründerzentren in Nordrhein-Westfalen als Instrumente regionaler Wirtschaftsförderung. Hamburg | |
• | www.lwl.org/LWL/Kultur/Westfalen_Regional/Wirtschaft/TZ_Dortmund |
Erstveröffentlichung 2014