Aktuelle Zahlen aus der Geburtenstatistik Westfalens – die Jahre 2023 und 2024
Das Statistische Bundesamt (2025a) betont die Wichtigkeit, sich mit der Geburtenstatistik zu beschäftigen. Geburten seien nämlich nicht nur familiär, sondern auch statistisch "von zentraler Bedeutung", da die Geburtenzahlen eine "Planungsgrundlage für Kinderbetreuung, Schulen, Ausbildungs- und Studienplätze bis hin zur Rentensicherheit" darstellten.
Geburtenzahlen im Allgemeinen
In Westfalen geht die Zahl der Geburten seit dem Jahr 2021 kontinuierlich zurück. Kamen hier 2021 noch insgesamt knapp 81.000 Babys zur Welt, so waren es im Jahr 2024 lediglich rd. 71.000 (Tab. 1). Aber nicht nur Westfalen, sondern das ganze Bundesland NRW ist betroffen. Zuletzt, 2023 bis 2024, sank die Geburtenzahl in Nordrhein-Westfalen um 1,8%, im Landesteil Westfalen um 1,7%.
Rückgänge bei den Geburtenzahlen gab es in Deutschland auch in früheren Jahrzehnten schon. Die aktuelle Entwicklung speziell begründete Prof. Dr. Martin Bujard, stellvertretender Direktor des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung, in einem SWR-Interview 2024 im Wesentlichen damit, dass Krisen und Unsicherheiten die Paare veranlassten, die Realisierung ihres – eigentlich vorhandenen – Kinderwunsches aufzuschieben. Zu diesen Unsicherheiten gehörten die weltpolitische Situation, der Mangel an familiengerechtem, bezahlbarem Wohnraum und die zunehmend als problematisch und unsicher empfundene Betreuung in Kindertageseinrichtungen.
Geburtenzahlen und -raten – regionale Unterschiede
Von dem statistischen Durchschnittswert des Geburtenrückgangs von 1,7% im Zeitraum 2023–2024 wichen die Kreise und kreisfreien Städte Westfalens teilweise deutlich ab. In Bochum und im Märkischen Kreis z.B. lagen die Rückgänge jeweils unterhalb von -4%. Die deutlichste Negativentwicklung wies mit -5,8% der Kreis Olpe auf. Dort dürfte die drohende und zum Jahresende 2024 dann tatsächlich realisierte Schließung der Geburtshilfeabteilung des Krankenhauses in Lennestadt-Altenhundem eine wichtige Rolle gespielt haben (WDR, 22.11.2024).
In sechs der insgesamt 27 Kreise und kreisfreien Städte Westfalens erhöhte sich allerdings die Zahl der Geburten von 2023 bis 2024, wenn auch oft nur leicht. Den höchsten Wert wies dabei mit +2,9% der Kreis Paderborn auf. Nur hier – und in abgeschwächter Form auch noch in Bielefeld – stieg die Anzahl der Geburten sowohl bei deutschen als auch bei ausländischen Müttern von 2023 bis 2024 an. Sonst war entweder die eine oder die andere dieser beiden Entwicklungslinien negativ. In einem "Lokalzeit OWL"-Beitrag des WDR am 03.01.2025 wurden die insgesamt relativ hohen Geburtenzahlen im Kreis Paderborn mit dem sehr großen Einzugsbereich der Geburtshilfeabteilung im St. Vinzenz-Krankenhaus in Paderborn begründet, außerdem mit dem Bau vieler neuer Wohnungen (z.B. auf Konversionsgelände) und mit der Schaffung vieler neuer Arbeitsplätze, auch in Zusammenarbeit mit der Universität Paderborn.
Dass in einwohnerstarken Kreisen bzw. Städten mehr Kinder geboren werden als in einwohnerschwachen, versteht sich von selbst. Die Bandbreite in Westfalen reichte 2024 von 5.440 Lebendgeborenen in Dortmund bis zu 1.045 im Kreis Olpe. Aufschlussreicher ist ein Vergleich der jeweiligen Geburtenrate, also der Anzahl der Geburten je 1.000 Einwohner (Abb. 1). Die niedrigsten Raten – mit jeweils 7,6 – wiesen 2024 der Ennepe-Ruhr-Kreis und der Märkische Kreis auf. Gelsenkirchen hatte dagegen westfalenweit die höchste Geburtenrate, nämlich 10,0. Die Gründe hierfür liegen auch im Altersaufbau der Bevölkerung. Nach den Zahlen des Statistischen Landesamtes Nordrhein-Westfalen (IT.NRW) machte Ende 2024 die Altersgruppe der "Über-40-Jährigen" beispielweise im Ennepe-Ruhr-Kreis 60,1% der Gesamtbevölkerung aus, im Märkischen Kreis 58,8%, in Gelsenkirchen aber nur 53,5%. Gelsenkirchen hat also eine deutlich jüngere Bevölkerung. Dies ist im Wesentlichen zurückzuführen auf die seit Jahren relativ hohen Geburtenziffern speziell der ausländischen Frauen bzw. jener mit Migrationsgeschichte. In Gelsenkirchen, aber auch z.B. in Herne und Hagen ist der Anteil der ausländischen Bevölkerung besonders hoch.
Geburtenziffern
"Die zusammengefasste Geburtenziffer […] gibt die durchschnittliche Kinderzahl an, die eine Frau im Laufe ihres Lebens hätte, wenn die Verhältnisse des betrachteten Jahres von ihrem 15. bis zu ihrem 49. Lebensjahr gelten würden" (Statistisches Bundesamt 2025b). Bei den entsprechenden Daten für das Jahr 2023 zeigen sich auch für Westfalen erhebliche Unterschiede zwischen deutschen und ausländischen Frauen, wie Tabelle 2 anhand ausgewählter Kreise und kreisfreier Städte exemplarisch zeigt. Es wird deutlich, dass ausländische Frauen, statistisch gesehen, deutlich mehr Kinder bekommen als deutsche, in Hagen z.B. im Durchschnitt doppelt so viele, in Gelsenkirchen sogar noch etwas mehr. In der Universitätsstadt Münster dagegen, in der auch Ausländerinnen oft ein Single-Dasein führen, sind die Geburtenziffern besonders niedrig. Im ländlichen Münsterland, etwa im Kreis Borken, fallen die vergleichsweise höheren Geburtenziffern auch deutscher Frauen auf. Allerdings reicht auch dies nicht aus, um rein rechnerisch die Bevölkerungszahl stabil zu halten. Dafür müsste die Geburtenziffer bei 2,1 liegen.
Weitere Unterschiede im "generativen Verhalten"
Mit den statistischen Daten zu den Geburtenziffern stimmt überein, dass die Prozentsätze der Neugeborenen mit ausländischen Müttern in Westfalen erheblich differieren. Am höchsten waren die Werte 2024 in Gelsenkirchen (49,3%), Hagen (45,3%) und Herne (42,7%). Die niedrigsten Prozentwerte wiesen die Kreise Coesfeld (15,9%), Höxter (17,2%) und Borken (18,4%) auf (Abb. 2).
Ausländische Frauen bekommen nicht nur durchschnittlich mehr Kinder als deutsche, sie bekommen sie meist auch in jüngeren Jahren. Bei den 2024 Geborenen waren in den Städten mit hohen ausländischen Bevölkerungsanteilen die Mütter im Durchschnitt jünger als anderswo. In Gelsenkirchen beispielsweise waren 52,1% der Gebärenden unter 30 Jahre alt, in Herne 49,8%, im Kreis Coesfeld dagegen lediglich 27,3%. In Münster war nur jede vierte Frau, die 2024 ein Kind zur Welt brachte, unter 30 Jahre alt, mehr als ein Drittel (34,4%) war sogar älter als 35 Jahre (IT.NRW).
In Bezug auf den Familienstand der Eltern geht aus der Statistik von IT.NRW hervor, dass von den Eltern jener Kinder, die 2024 in Westfalen insgesamt geboren wurden, rd. 29% nicht miteinander verheiratet waren. Der höchste Wert trat dabei in Gelsenkirchen auf (35,6%), der niedrigste im Kreis Coesfeld (24,9%).
Weiterführende Literatur/Quellen
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BIB Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (Hg.) (2025): Stabile Kinderwünsche trotz Geburtenrückgang. Werden Geburten wegen der Krisen aufgeschoben? (= BiB.Aktuell 6/2025) (https://www.bib.bund.de/Publikation/2025/pdf/BiB-Aktuell-6-2025.pdf?__blob=publicationFile&v=3, abgerufen am 31.07.2025)
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Bujard, M. (2022): Die Ursachen der Geburtenentwicklung. (= Informationen zur politischen Bildung, Nr. 350/2022)
(https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/izpb/demografischer-wandel-350/507788/die-ursachen-der-geburtenentwicklung; abgerufen am 30.06.2025) -
IT.NRW Information und Technik Nordrhein-Westfalen (Hg.) (2025): Kommunalprofil: Bevölkerung nach Altersgruppen. (https://www.landesdatenbank.nrw.de/ldbnrw//online?operation=table&code=12411-9k07#astructure; abgerufen am 02.07.2025)
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IT.NRW Information und Technik Nordrhein-Westfalen (Hg.) (2025): NRW: Rückgang der Geburten setzt sich 2024 das dritte Jahr in Folge fort. (https://www.it.nrw/nrw-rueckgang-der-geburten-setzt-sich-2024-das-dritte-jahr-folge-fort-127448; abgerufen am 30.06.2025)
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IT.NRW Information und Technik Nordrhein-Westfalen (Hg.) (2025): Statistik der Geburten (Code 12612).
(https://www.landesdatenbank.nrw.de/ldbnrw/online/statistic/12612#abreadcrumb; abgerufen am 30.06.2025) -
Statistisches Bundesamt (Hg.) (2025a): Bevölkerung. Geburten. (https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Geburten/_inhalt.html; abgerufen am 27.06.2025)
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Statistisches Bundesamt (Hg.) (2025b): Bevölkerungsstand. Geburtenziffer. (https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Bevoelkerungsstand/Glossar/geburtenziffer.html; abgerufen am 30.06.2025)
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SWR2 (Südwestradio Kultur) (2024): Warum sinkt die Geburtenrate in Deutschland? (Sendung vom 26.03.2024 / Wissen aktuell – SWR2 Impuls)
(https://www.swr.de/wissen/geburtenrueckgang-ursachen-kinderwunsch-100.html; abgerufen am 27.06.2025) -
WDR (2024): Krankenhaus Lennestadt bietet weiter medizinische Versorgung an. (Meldung vom 22.11.2024)
(https://www1.wdr.de/nachrichten/westfalen-lippe/geburtsstation-lennestadt-schliessung-100.html; abgerufen am 30.06.2025) -
WDR Lokalzeit OWL (2025): Gegen den Trend: Kreis Paderborn hat viele Geburten. (Sendung vom 03.01.2025)
(https://www1.wdr.de/mediathek/gegen-den-trend-kreis-paderborn-hat-viele-geburten-100.html; abgerufen am 30.06.2025) -
https://statistik.nrw/regionale-profile/datendownloads-kommunalprofile
Erstveröffentlichung 2025