Tourismus im südlichen Sauerland: Das Beispiel Repetal/Stadt Attendorn

01.01.2007 Christian Krajewski

Als Teil des Rheinischen Schiefergebirges stellt das waldreiche Sauerland eine typische deutsche Mittelgebirgslandschaft dar. Das "Land der 1000 Berge" wird durchzogen von mehreren Höhenrücken und umfasst mit den Naturparken Ebbegebirge, Rothaargebirge, Homert und Arnsberger Wald vier große Schutzgebiete. Die Region Südsauerland ist identisch mit dem Landkreis Olpe, sie bildet seit dem Zusammenschluss im Jahr 2003 mit dem Hochsauerlandkreis, dem Märkischen Kreis und Teilen des Kreises Soest die Destination "Sauerland".

Mit fast 6 Mio. Übernachtungen bei rund 1,7 Mio. Gästeankünften ist das Sauerland als eine von 11 Reiseregionen in NRW nach dem Teutoburger Wald diejenige mit den zweit meisten Touristenübernachtungen. Unter quantitativen Gesichtspunkten ist der Tagestourismus ökonomisch noch bedeutender als der Übernachtungstourismus. Nach einer Untersuchung im Auftrag des Sauerland-Tourismus e. V. werden in der Reiseregion jährlich insgesamt zwei Mrd. EUR im Tourismus umgesetzt; mehr als 70% davon entfallen auf den Tagesausflugsverkehr, rund ein Viertel des Umsatzes wird durch den Übernachtungstourismus in gewerblichen Beherbergungsbetrieben erwirtschaftet.
Abb. 1: Touristische Infrastruktur und Beherbergungsbetriebe im "Erholungsgebiet Repetal" und der Umgebung im Jahr 2005 (Entwurf: Chr. Krajewski, Quelle: Eigene Erhebungen)

Die ansprechende waldreiche Landschaft des Südsauerlands in Verbindung mit dem Abwechslungsreichtum von Relief und Vegetation zog bereits seit Anfang des 20. Jh.s viele Erholungssuchende an, so dass seit dieser Zeit der Fremdenverkehr besonders für Landwirte, die auf ihren Höfen Fremdenzimmer für sogenannte "Sommerfrischler" anboten, einen lohnenden Nebenerwerb darstellte. Mit dem Ausbau der verkehrlichen und touristischen Infrastruktur, vor allem aber mit dem Einstau der Biggetalsperre 1965 (s. Beitrag Krajewski/Schmitz) hat sich die fremdenverkehrswirtschaftliche Ausgangsbasis für das südliche Sauerland und hier insbesondere für die Städte Attendorn und Olpe deutlich verbessert. Obwohl die Wirtschaftsstruktur sowohl des Kreises Olpe als auch der Stadt Attendorn traditionell stark durch das Verarbeitende Gewerbe geprägt ist (s. Beitrag Krajewski/Jäckel), kommt auch hier dem Tourismus als Wirtschaftsfaktor gegenwärtig eine bedeutende Rolle zu. Aufgrund der relativen Nähe zu den Ballungsgebieten an Rhein und Ruhr, Rhein-Main oder zu den Niederlanden und aufgrund der guten Erreichbarkeit (v. a. über die Autobahnen A4 u. A45) besitzt das Gebiet der Stadt Attendorn als Erholungsziel insbesondere für landschaftsgebunde Aktivitäten eine hohe Attraktivität, zumal das Naturerlebnis heutzutage zu den wichtigsten Reisemotiven zählt. Sowohl sportliche Betätigungsmöglichkeiten, welche die aktuellen Trends der Gesundheit und Fitness bedienen, ein gut ausgeprägtes Wanderwegenetz und vielfältige Erholungsmöglichkeiten, als auch zahlreiche Attraktionen und Sehenswürdigkeiten in Attendorn und der näheren Umgebung zählen heute zu den Gunstfaktoren des Fremdenverkehrs im Bereich der Stadt Attendorn.

Neben der Erholungslandschaft am Biggesee und der sanierten, historischen Altstadt von Attendorn nebst Tropfsteinhöhle (s. Beitrag Wieneke) und Burg Schnellenberg hat sich seit der zweiten Hälfte des 20. Jh.s insbesondere das Repetal mit seinen sauerlandtypischen Fachwerkhaus-Dörfern als ein Schwerpunkt des Tourismus entwickelt. Als "Erholungsgebiet Repetal" wird jenes Teilgebiet der Stadt Attendorn verstanden, welches vom Repetaler Rundwanderweg umschlossen wird. Abb. 1 zeigt die Beherbergungsbetriebe sowie die Sehenswürdigkeiten, Ausflugsziele, Sport- und Freizeitmöglichkeiten im "Erholungsgebiet Repetal" und der Umgebung im Jahr 2005.

Abb. 2: "Erholungsgebiet Repetal" mit Golfplatz, Reithalle und Romantikhotel Platte (Foto: Chr. Krajewski)

Aufgrund des vorhandenen Beherbergungsangebotes ist das Repetal im Gegensatz zur Innenstadt von Attendorn oder dem Gebiet des Biggesees weniger durch den Tagesausflugsverkehr als vielmehr durch den Übernachtungstourismus geprägt. So entfallen heute mit fast 500 Gästebetten rund 40% des in der Stadt Attendorn verfügbaren Beherbergungsangebotes (zusammen ca. 880 Betten) auf das Repetal, ähnlich verhält es sich mit der Nachfrage durch Übernachtungsgäste. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer beträgt 3,4 Tage. Insgesamt finden sich im Bereich des Repetals derzeit 17 Beherbergungsbetriebe (vier Hotels, davon zwei Großhotels mit jeweils über 100 Betten, vier Pensionen, sechs Anbieter von Ferienwohnungen sowie drei Bauernhöfe mit Beherbergungsangebot). Die beiden großen, sehr gut ausgestatteten Häuser "Romantikhotel Platte" und "Landhotel Struck", die gemeinsam beinahe die Hälfte (46%) aller im Repetal angebotenen Übernachtungsmöglichkeiten auf sich vereinen, nehmen eine deutliche Dominanzstellung im Beherbergungswesen des Repetals ein. Ihr Angebotsspektrum reicht von unterschiedlichen Tagungs- über Wellness- bis zu diversen Sport- und Freizeitmöglichkeiten. In der Struktur des derzeitigen Beherbergungsangebotes kommt ein sauerlandweit typischer Entwicklungstrend zum Ausdruck, der in den letzten 10 Jahren vor allem durch Kapazitätsrückgänge einerseits und durch einen Konzentrationsprozess auf qualitäts- und serviceorientierte Betriebe andererseits gekennzeichnet ist. Damit einher ging eine verglichen mit den 1980er Jahren - wiederum mittelgebirgstypisch - deutlich geringere übernachtungstouristische Nachfrage.

Heute variieren Gästestruktur und Tourismusart je nach Betriebsform zum Teil deutlich. Während in den Hotels mit mehr als 50% der Tagungs- und Fortbildungstourismus dominiert und in den Pensionen die Hälfte des Gästeaufkommens durch Geschäftsreisende gestellt wird, sind es in den Ferienwohnungsbetrieben und Bauernhöfen mit Ferienangebot gegenwärtig vornehmlich Familien mit Kindern, die für einen kurzen oder längeren Erholungsurlaub anreisen und für hohe Auslastungen der Häuser sorgen. Waren bis in die 1970er Jahre hinein die Sommerferien von besonderer Bedeutung für alle Betriebe, hat sich mit der Diversifizierung der Gästestruktur und des Reiseverhaltens (Trend in die Ferne, Trend zu mehreren, immer kürzeren Urlauben) auch die Saisonalität verändert: Aufgrund der Dominanz des Tagungstourismus und Geschäftsreiseverkehrs gibt es für die Hotels und Pensionen im Repetal heute keine nennenswerte Hauptsaison mehr. Lediglich die Bauernhöfe mit Ferienangebot und - in geringerem Maße - die Betreiber von Ferienwohnungen registrieren einen positiven Einfluss der Ferienzeiten auf die Auslastung ihrer Betriebe.

Zu den aktuellen touristischen Trends im Repetal zählen der Tagungs- und Seminartourismus, der Wellness-Tourismus sowie sportliche Angebote, wobei vor allem der Golftourismus und der Wandertourismus hervorzuheben sind. Eingebettet ist die touristische Entwicklung im Repetal bzw. in der Stadt Attendorn in die aktuellen, vom Sauerland-Tourismus e. V. als Dachmarke verfolgten Tourismus- und Marketingstrends. Dieser verfolgt eine eindeutige Profilbildung anhand der zielgruppenspezifischen Themenwelten "Natur & Aktiv" (leichte Aktivität), "Natur-sport" (jüngere Zielgruppe) und "Familien" (mit Kindern) sowie von Leuchtturmprojekten. Hierzu gehören das Thema Wandern ("Rothaarsteig", neuer Wanderweg "Sauerland-Höhenflug", der auch das Stadtgebiet von Attendorn tangiert), das Thema Radfahren (z. B. "Bike-Arena"), die "Wintersport-Arena Sauerland" oder der Masterplan "Seen im Sauerland", der auch die Attraktivitätssteigerung des Biggesees betrifft. Mit der Forcierung der Leuchtturmprojekte sowie der Fokussierung auf zielgruppenspezifische Angebote und Themenwelten erhofft sich der Sauerland-Tourismus zum einen, seine Marktposition zu festigen und zum anderen, neue Kunden für die Destination zu erschließen. Inwieweit sich diese Strategien als erfolgreich erweisen und zur Behauptung gegenüber einer immer größer werdenden Konkurrenz - nicht zuletzt auch gegenüber neuen Wachstumsdestinationen wie dem Ruhrgebiet (s. u. a. Beiträge Krajewski/Reuber, Wehling u. Ahrens) - beitragen wird, bleibt einer zukünftigen Überprüfung vorbehalten.

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Weiterführende Literatur/Quellen

Erstveröffentlichung 2007